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Zahltag für den falschen „Baudouin“

Dreamer de Chenu im Prix de Brest (Foto: canalturf.com)
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Frankreich

(nn) Vincennes, Samstag, 22. Januar 2022. In mehrfacher Hinsicht war der Prix de Brest für die älteren Semester nicht gerade eine Werbung für den Temple du Trot. Das ging schon mit der Elektronik für die aus drei Bändern von 2.850bis 2.900 Meter begonnene Prüfung los, für die es eines „sehr gut in Form befindlichen Cleangame bedarf, um das Ding zum zweiten Mal auf unsere Kappe zu bringen“, wie Jean-Michel Bazire bereits vor der endgültigen Starterangabe hatte verlauten lassen.

Dem besten aktiven Wallach der Welt, dem der Sieg aus dem Prix Grand Prix du Centre Est von Lyon-Parilly vom 31. Oktober wegen Verstoßes gegen Medikamentationsfristen mittlerweile offiziell gestrichen und der somit auf 41 Treffer aus 64 Starts zurückgestuft wurde, ist so etwas durchaus schon einige Male gelungen. So zuletzt im Finale des Grand National du Trot am 5. Dezember.

Doch seine Gewinnsumme von 1.740.670 Euro und sein Status als Wallach beschränkt seine Auftritte im Winter-Meeting, das ja eigentlich die besten Traber der Welt anlocken soll, ganz erheblich, und so war dieser Prix de Brest tatsächlich die erste mögliche „gefahrene“ Aufgabe für den Ouragan-de-Celland-Sohn, was es für den Trainer nicht einfacher macht, ein Pferd in Top-Form zu halten. Da hatten seine 14 Konkurrenten einen wesentlich stringenteren Winter-Fahrplan…

Die angesprochene Elektronik fiel in puncto Zeitmessung, Strecken- und Platzierungs-Anzeige komplett aus, zu Beginn sprangen sich Valzer di Poggio und Falcao de Laurma um Kopf und Kragen, als disqualifiziert eingeblendet wurde jedoch Co-Favorit Epsom d’Herfraie, der sich keinen falschen Schritt hatte zu Schulden kommen lassen und, an den Außenrails eindrehend, sich mit Wucht an Blitzstarter Sobel Conway, Dreamer de Chenu, Douceur du Chêne und Victor Ferm vorbeitankte und nach 700 Metern an der Spitze war, bevor der Anzeige-Fehler korrigiert war.

Dafür konnte sich Jean-Michel Bazire, der gemeinsam mit seinem Sohn Nicolas für sechs Aspiranten zeichnete, sich Sieg Nummer 42 für Cleangames fast schon nach 600 Metern abschminken, als der nach zügigem Start bereits am Ende des Pulks auftauchende Braune galoppierte, nur mit Mühe auspariert wurde und sich über eine Disqualifikation nicht hätte beschweren können.

Ganz dicht am Rande einer roten Karte wandelte auch sein unerschrockener Herausforderer, der im Bogen von Joinville urplötzlich aus dem Tritt kam, kaum Boden verlor und von Eric Raffin auf den letzten Drücker eingefangen wurde. Lange musste Jean-Michel Baudouins erste Waffe seine braunen Beine nicht sortieren, legte rasch wieder den Vorwärtsgang ein und holte sich die an Sobel Conway nur ausgeliehene Führung am Fuß der Senke zurück.

In Spur zwei hatte sich inzwischen Douceur du Chêne vor Victor Ferm heimisch eingerichtet, und die Bergauf-Passage nutzte „Bazire père“, um in dritter Spur Cleangame in Stellung zu bringen. Der kam dort ordentlich voran, aber nicht aus der frischen Luft weg, was ihm am Ende genauso den Garaus machte wie in noch stärkerem Maße dem an der letzten Ecke abbauenden Epsom d’Herfraie, hinter dem ein hilfloser Raffin mit leeren Händen saß.

Umso mehr hatte Louis Baudouin hinter Dreamer de Chenu zu verkaufen, der innen entlang machtvoll zum 14. und wertvollsten Sieg spritzte und bei Odds von 753:10 für ein mittleres Toto-Beben sorgte. Beim erfassten Cleangame nahm „JMB“ früh die Hände herunter, was in Platz vier hinter den aus dem Schlussbogen enorm aufziehenden Duel du Gers und Marcello Wibb mündete. Die Quinté-Wette komplettierte Ce Bello Romain, der auf den finalen 200 Metern mit 1:04,7 der Schnellste war.

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(Foto: sulkysport.se)

Das Durcheinander ging „nach dem Spiel“ weiter, denn die Stewards überprüften die Galoppaden von Cleangame und Epsom d’Herfraie, wovon kaum jemand etwas mitbekam. Cleangame durfte Platz vier behalten, Epsom musste seine sechste Prämie gegen eine Disqualifikations-Karte tauschen.

Für den größten Zahltag seiner Karriere, der ihn auf 384.100 Euro voranbrachte, musste der Überraschungssieger bei erstklassigen Bedingungen nur 1:13,1 vorlegen. Wie weit Cleangame von seiner Spitzenform entfernt ist, zeigte auch bei ihm der Blick auf die unbestechliche Uhr: Vor zwei Jahren hatte er ebenfalls mit einem 50-Meter-Handicap in der Rekordzeit von 1:11,2 dominiert; diesmal war das Ende seiner Fahnenstange mit 1:12,1 erreicht.

„Das war für mich der schönste meiner 83 Siege, auch wenn ich mit einem Cétou de Tilou sieben Rennen gewonnen habe“, strahlte der 23-jährige Louis, „Dreamer war schon die letzten Male richtig gut, aber gegen diese Truppe brauchst du einen idealen Verlauf, um solch einen Coup zu landen, und genau den hatten wir. Er hatte durchweg ein Zugpferd - zuletzt Douceur du Chêne -, und am Gipfel eine Menge Ressourcen, wie ich spürte."

"Ein Gruppe-Rennen für den Familienstall unter den Augen des Vaters zu holen, ist schon eine tolle Sache. Ich kümmere mich meist um die Pferde auf unserem Hof, darunter Epsom d’Herfraie und Hirondelle Sibey, während mein Vater, der für die Organisation zuständig ist, das Training in Grosbois leitet. Erlaubt es meine Zeit, helfe ich ihm dort.“

Prix de Brest (Gruppe III int., Sechs- bis Elfjähr.)
2850m Bänderstart; 25 Meter Zulage ab 405.000, 50 Meter ab 1.200.000 Euro; 90.000 Euro
1.    Dreamer de Chenu    2850    13,1    Louis Baudouin    753
    9j. Fuchswallach von Timoko a.d. Revolte de Chenu von Buvetier d’Aunou
    Be / Tr: Jean-Michel Baudouin; Zü: Franck Pellerot
2.    Duel du Gers    2875    12,5    Matthieu Abrivard    370
3.    Marcello Wibb    2850    13,4    Christophe Martens    160
4.    Cleangame    2900    12,1g    Jean-Michel Bazire    22
5.    Ce Bello Romain    2875    13,0    Anthony Barrier    130
6.    Eclat de Gloire    2875    14,5    Loris Garcia    1800
7.    Douceur du Chêne    2850    15,3    Franck Nivard    230
8.    Tjacko Zaz    2850    15,5    Léo Abrivard    1170
9.    Sobel Conway    2850    15,5    Franck Ouvrie    1010
10.    Calina    2875    15,9    David Thomain    1580
    Epsom d‘Herfraie    2850    6.dai    Eric Raffin    31
    Valzer di Poggio    2850    dis.r.    Gabriele Gelormini    470
    Victor Ferm    2850    dis.r.    Alexandre Abrivard    110
    Freyja du Pont    2850    dis.r.    Nicolas Bazire    240
    Falcao de Laurma    2875    dis.r.    Clément Duvaldestin    1170
Sieg: 753; Richter: leicht 1½ - 2½ - 1 - 3 - (4) - 12 Längen; 15 liefen (NS Echo de Chanlecy)
Zw-Zeiten: ausgefallen
Wert: 40.500 - 22.500 - 12.600 - 7.200 - 4.500 - 1.800 - 700 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-01-22/7500/3

Vorneweg zur Nummer eins!?

War dies die endgültige Wachablösung bei den 2018 geborenen französischen Monté-Spezialisten? Bisher galt Ici C’est Paris als unumschränkter Herrscher des „I“-Jahrgangs unterm Sattel, obwohl der sonst wie ein Schweizer Uhrwerk funktionierende Dollar-Macker-Sohn die letzten beiden klassischen Prüfungen, den Prix des Elites im September und den Prix de Vincennes am 26. Dezember, mehr oder weniger krass in den Galopp-Sand gesetzt hatte.

Im Prix de Pardieu um 120.000 Euro über die Vincenner Sprintstrecke von 2.175 Meter stand die Revanche gegen Idéale du Chêne an, die am zweiten Weihnachtsfeiertag den frühen Galopp des Primus rigoros ausgenutzt und sich mit einem krachenden Run vorneweg vorübergehend die Krone aufgesetzt hatte. Die großrahmige Bird-Parker-Tochter und vor allem Paul-Philippe Ploquin ließen von Beginn an keine Zweifel aufkommen, dass sie die jüngst erworbene Würde so leicht nicht wieder hergeben würden in einem messerscharfen Duell, aus dem sich Viele im Galopp eliminierten und die beiden Granden somit unter sich blieben.

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(Foto: equidia.fr)

Blendend trat der ganz außen eindrehende Ici C’est Paris ein, noch besser konnte es die eine engere Volte drehende Stute, und als sich Mittelsfrau Idola Phédo eingangs des Joinviller Bogens wie am Start schon Inés d’Hermès, India de Banville und Icarus of Citrus im Galopp ausklinkte, waren die beiden Gemeinten endgültig unter sich. Es wurde eine glasklare Angelegenheit für Idéale du Chêne, die durch nichts und niemanden in ihrem Tempolauf zu erschüttern war, obwohl David Thomain alles richtig machte und den erstmals rundum ohne Eisen antretenden Ici C’est Paris konsequent im Windschatten der dahin fegenden Le-Mer-Stute verstaute.

Eingangs der Zielgeraden musste er das vergebliche Unterfangen anerkennen, der unverdrossen Tempo bolzenden Stute auch nur annähernd am Zeug flicken zu können, die einsam ihres Weges zum hochüberlegenen fünften Erfolg ihrer Karriere zog und bis auf weiteres unangefochten auf dem Thron sitzt. Selbst Platz zwei musste der Favorit an Indigo du Poret hergeben, der sich bergauf prächtig in der Außenspur verkaufte.

Das dicke Ende für Ici C’est Paris kam drei Minuten später: Weil er - vielleicht auch wegen des fehlenden Beschlags - auf den letzten 300 Metern manschte, wankte und schwankte wie ein Rohr im Wind, wurde er im Nachgang disqualifiziert. Es dürfte für Philippe Allaire kein Trost gewesen sein, dass sein einstiger Schützling Inouï Danica, seit September von Nicolas Bridault betreut, dadurch „eins rauf“ auf Rang drei rutschte.

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(Foto: province-courses.fr)

„Was für eine Stute“, hielt Julien Le Mer mit seiner Freude kein Stück hinterm Berg, „ich war am Start etwas angespannt, ob sie fehlerlos ins Match kommen würde - bis zu dem Moment, in dem sie in Führung ging. Der Rest war pures Genießen. Paul hat nicht mal die Ohrenkappe gezogen.“ Genauso happy war Ploquin: „Sie war zum zweiten Mal in Folge schlichtweg perfekt, marschierte wie auf Schienen und ließ nicht einen Moment locker. Grandios!“

Mit Gewinnen von 318.050 Euro ist sie noch ein erkleckliches Stück von den 414.160 Euro Ici Cèst Paris‘ entfernt. Der scheint jedoch in einer kleinen Schaffensfalle zu stecken, wogegen die Stute aus Zucht und Besitz von Claude Guedj das Momentum eindeutig auf ihrer Seite hat.

Prix de Pardieu - Monté - (Gruppe II nat., vierj. Stuten)
2175 Meter Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1.    Idéale du Chêne    12,3    Paul-Philippe Ploquin    29
    4j.br. Stute von Bird Parker a.d. Royale du Chêne von Hello Jo
    Be / Zü: Claude Guedj; Tr: Julien Le Mer
2.    Indigo du Poret    12,6    Eric Raffin    100
3.    Inouï Danica    13,1    François Lagadeuc    520
4.    Isildur Paulois    13,3    Jean-Yann Ricart    500
5.    Idola Phédo    14,0g     Benjamin Rochard    580
6.    Ilona des Moyeux    14,1    Florian Desmigneux    820
    Ici C’est Paris    3.dai    David Thomain    19
    Inès d’Hermès    dis.r.    Christopher Corbineau    250
    India de Banville    dis.r.    Camille Levesque    450
    Icarus of Citrus    dis.r.    Alexandre Abrivard    99
Sieg: 29; Richter: überlegen 4 - (3½) - 2 - 2½ - 8 - 1½ Längen; 10 liefen
Zw-Zeiten: 08,3/675m 10,1/1175m - 11,8/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 (- 1.200) Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2022-01-22/7500/6