Wie im Vorwinter: Bazire, Ready Cash und FTB die Matadore
Vincennes, Samstag, 13. März 2021. Kaum ist das übrigens 1906 erstmals auf dem Plateau de Gravelle ausgetragene Winter-Meeting - damals noch gemischt mit Trabern und Galoppern - Geschichte, kommt der Kassensturz aus vielerlei Blickwinkeln.
Vierbeiniger Großverdiener des vom 28. Oktober bis 6. März im Pariser Südosten währenden Spektakels war schon aufgrund seines Prix-d’Amérique-Sieges, der allein 450.000 Euro in die Kasse spülte, der gemeinhin als aktuell bestes Trabrennpferd der Welt bezeichnete Face Time Bourbon. Der für ein Besitzerkonsortium um den Neapolitaner Antonio Somma bzw. dessen Scuderia Bivans antretende Ready-Cash-Sohn gewann weitere vier Rennen und wurde Zweiter im Prix de France - machte 770.500 frische Euro, die die Basis bildeten für Sommas Besitzerchampionat: Insgesamt 825.340 Euro trabten die Pferde für die gelb-grünen Farben ein, wobei sie fünfmal die Nase vorn hatten - im Alleingang dank „FTB“.
Zweiter auf der Besitzerskala war die Ecurie Saint Martin mit 12 Siegen und 594.130 Euro Gage, Platz drei holte sich Philippe Allaire, dessen überwiegend junge Garde zwar manchen unerwarteten Nasenstüber einstecken musste und längst nicht so dominant wie in früheren Wintern war, aber nebst 14 Treffern 583.910 Euro Futtergeld heimbrachte. Die meisten Rennen gewann der Stall von Christian und Charles-Julien Bigeon: 19 Mal leuchteten die weißen Farben mit den blauen Applikationen vorn. Mit 552.170 Euro belegte die Truppe Platz vier vor der zwölf Mal auf Platz eins landenden Ecurie Quick Star (467.020 Euro), für die mehrheitlich Maik Esper als Übungsleiter verantwortlich ist.
Große Kasse machten Bahia Quesnot, die als kleine Mahlzeit zwischendurch mal eben in Neapel den Gran Premio Royal Mares samt 46.000 Euro abräumte, Flamme du Goutier, Etonnant - die im Gegensatz zum nur vorm Sulky aktiven Face Time Bourbon ihre Scherflein in Monté und Attelé einsackten - sowie Délia du Pommereux, die als Einzige Überflieger Face Time Bourbon ein Bein zu stellen vermochte. Jene kleine Revolte im Prix de France bedingte den vorläufigen Fahrerwechsel bei „FTB“ von Björn Goop, der sich seiner Sache wohl zu sicher gewesen war, zu Eric Raffin.
Die Top Ten
Face Time Bourbon geb 2015 Hengst von Ready Cash 770.500 Euro
Bahia Quesnot geb 2011 Stute von Scipion du Goutier 434.150 Euro
Flamme du Goutier geb 2015 Stute von Ready Cash 426.750 Euro
Etonnant geb 2014 Hengst von Timoko 346.750 Euro
Délia du Pommereux geb 2013 Stute von Niky 320.000 Euro
Davidson du Pont geb 2013 Hengst von Pacha du Pont 308.300 Euro
Gu d’Héripré geb 2016 Hengst von Coktail Jet 271.650 Euro
Hirondelle Sibey geb 2017 Stute von Gazouillis 204.500 Euro
In The Money geb 2018 Hengst von Cristal Money 184.550 Euro
Diable de Vauvert geb 2013 Hengst von Prince d’Espace 182.750 Euro
Zum siebten Mal in Folge stand Ready Cash an der Spitze der Vaterpferde, sowohl was Siege als auch die eingetrabte Gewinnsumme seiner Nachkommen betrifft. Ohnehin ein Kunststück der besonderen Art, gewinnt es zusätzliches Gewicht, weil sein erster Jahrgang, in Frankreich die Generation „A“, erst 2010 zur Welt gekommen ist. Die Nachkommen des zweifachen Prix-d’Amérique-Siegers gewannen 47 Rennen und 2.915.579 Euro. In beiden Kategorien belegte der immer stärker in den Vordergrund rückende Prodigious Rang zwei, dessen Kindern mit 25 Siegen zwei mehr gelangen als jenen des noch immer sehr präsenten Love You (23); verdient haben sie 873,400 Euro.
Trainer, Fahrer und Reiter
Wenngleich er als „Entraîneur“ nicht an sein galaktisches Rekord-Ergebnis des Vorwinters mit 83 Siegen und 3.731.180 Euro heranreichte, war Jean-Michel Bazire mal wieder der Mann, um den sich alles drehte. Dass es „nur“ 2,9 Millionen wurden, die die von ihm perfekt vorbereiteten und zu 74 Siegen rasenden Rösser zusammenrafften, lag an den vergleichsweise schwachen letzten sechs Wochen, als die Big Points anstanden. Lediglich Davidson du Pont schaffte als Zweiter des Prix d’Amérique einen richtigen Klotz an.
Zweiter wurde der Stall von Laurent-Claude Abrivard (43 Siege) mit Einkünften von 1,5 Millionen Euro, für den besonders dessen Söhne Alexandre und Léo die Vollstrecker der exquisiten Trainingsarbeit waren. „Bronze“ ging an Thierry Duvaldestin (32 Siege), während die so erfolgsverwöhnten Sébastien Guarato und Philippe Allaire heuer kleinere Brötchen buken. Von den elf klassischen Lorbeeren konnte sich der 50jährige Duvaldestin drei Kränze an die Stalltür nageln, Sébastien Guarato dank Face Time Bourbon zwei, Laurent Abrivard, Philippe Billard, Franck Leblanc, Junior Guelpa, Sylvain Roger und Richard Westerink je einen.
Auch wenn er sich ansonsten als Fahrer immer rarer macht: Die Präsenz in seinem Wohnzimmer in Vincennes lässt sich Jean-Mi nach wie vor nicht nehmen. Das musste auch der ansonsten unumstrittene neue Champion Eric Raffin einsehen, der mit 61 Siegen aus 427 Versuchen Platz zwei der Fahrertabelle hinter dem Maître belegte, der nach 263 Versuchen 65 Mal die Honneurs entgegennehmen durfte. Dritter wurde der enorm konstant agierende Matthieu Abrivard (46).
Raffin, Mathieu Mottier und Alexandre Abrivard, die besten Drei der Saison 2020 im Trabreiten, fochten in dieser Disziplin auch das winterliche Stockerl unter sich aus, wobei Champion Mottier mit Platz zwei hinter Raffin (beide 27 Siege) und Abrivard (17) zufrieden sein musste. Was die hochkarätigen Siege anbelangte, schlug ihnen allerdings Antoine Wiels dank der kometengleich aufgestiegenen Flamme du Goutier ein Schnippchen und heftete zwei der vier Monté-Klassiker an seine Fahne.
Die „technische“ Bilanz
An 94 Veranstaltungstagen (Vorwinter 90) wurden 778 (vs. 746) Rennen mit 9.680 Startern (9.643) oder im Schnitt 12,4 Starter pro Rennen (12,9) ausgetragen, in denen 35.189.000 Euro oder 45.230 Euro pro Rennen (- 7,88%) zu verdienen waren. Die Beschränkungen wegen der Sars-Covid-19-Pandemie machten sich vor allem in der geringeren Anzahl ausländischer Gäste bemerkbar, die 5,7 Prozent aller Starter (zuvor 6,9%) stellten.
168 Rennen waren für ausländische Traber geöffnet - 138 Courses Européennes, 30 Courses Internationales -, also 21,6 Prozent aller Prüfungen, in denen 12.359.000 Euro oder 35 Prozent der Rennpreise ausgeschüttet wurden.
Traber mit „Migrationshintergrund“ gewannen 35 Rennen und 2.471.770 Euro, davon gingen 2.080.475 Euro an in Frankreich trainierte Vierbeiner.
706 (702) Trainer zeichneten für mindestens einen Starter verantwortlich, 627 (631) Fahrer oder Reiter gaben ihr „présent“; 3.159 (3.255) unterschiedliche Pferde stellten sich den kritischen Augen des Publikums - leider nur via Übertragung, denn an sämtlichen Renntagen waren die Pforten fürs Publikum geschlossen.