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Wie einst im Mai: Zacon Gio putzt „FTB”

Zacon Gio im Lotteria-Finale vor Face Time Bourbon © sulkysport.se
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Italien

Neapel, Sonntag, 25. Oktober 2020. Auch der zweite Versuch des nach Ansicht der Mehrzahl der Fachleute aktuell besten Trabrennpferdes der Welt, Italien zu erobern, ging in die Hose.

Wie vor 1½ Jahren beim Premio Unione Europea zu Modena, dessentwegen er das kurz zuvor anstehende Critérium des 4 Ans hatte sausen lassen, biss sich Face Time Bourbon an Italiens großer Hoffnung Zacon Gio im wegen der Corona-Epidemie vom ersten Sonntag im Mai auf den letzten im Oktober verlegten, auf 660.000 Euro allein im Finale aufgepeppten 71. Gran Premio della Lotteria die Zähne aus.

Zacon Ehlert Vecc

Holger Ehlert herzt Roberto Vecchione © Pacific Press

Der wiederum explodierte nach einer für ihn bislang eher unterdurchschnittlichen Saison, in der er bei sieben Anläufen lediglich zwei Treffer gesetzt hatte, in Sichtweite des Vesuv auf der Rennbahn von Neapel-Agnano, wetzte wie ein Teufel vorneweg und war in 1:10,5 - Timone EKs Rennrekord anno 2017 egalisiert - von der Siegmaschine aus dem Stall Guarato, die den wesentlich anspruchsvolleren Verlauf hatte, nicht zu packen.

Wäre Face Time Bourbon, dessen Kürzel „FTB“ längst zu einem Gütesiegel des Sulkysports geworden ist, des Deutschen mächtig, könnte er diese gerade mal vierte reelle Niederlage seiner monströsen, mit elf Gruppe-I-Siegen gespickten Karriere dem deutschen Fachmagazin TrabInside in die Schuhe schieben. Ihm ging es wie vielen zuvor: Kaum war in der aktuellen Ausgabe ausführlich über seinen Züchter, den 77-jährigen Hamburger Geschäftsmann Rainer Engelke, und Trainer Sébastien Guarato berichtet worden, ging das nächste Engagement in die Hose.

Wobei dies ein Jammern auf höchstem Niveau ist, denn beim Ehrenplatz in Italiens renommiertestem und wertvollstem Klassiker für die Internationalen brach ihm fürwahr kein Zacken aus der Krone. Er legte andererseits glasklar bloß, was dem wie Zacon Gio 2015 geborenen Braunen auf kürzeren Distanzen und kleineren Bahnen als jenen seiner französischen Heimat (noch) fehlt: Ein rasanter Beginn, um gegen einen Rivalen, der gut genug ist und entschlossen seine Chance nutzt, besser im Match zu liegen.

Zacon Ehlert

Holger Ehlert durfte die Ehrenrunde fahren © sportcampania24.it

Das wurde gegen den kurioserweise von „FTB“- und Vivid-Wise-As-Besitzer Antonio Somma gezüchteten und als Jährling verkauften Zacon Gio deutlich, der sich schon im Vorjahr als exzellenter Beginner und Kurventechniker speziell in engen Bögen entpuppt hatte, ungeschlagen geblieben war und als Krönung seiner neunfachen Siegesserie im International Trot auf dem 800-Meter-Oval von Yonkers / New York die versammelte ältere Elite das Fürchten gelehrt hatte.

Im Gegensatz zu Face Time Bourbon gelang Holger Ehlerts neuem Juwel der Sprung in die Erwachsenen-Klasse nicht ohne weiteres. Nach dem Einstandssieg in einem „Alltags-Rennen“ von Neapel sollte eigentlich Kopenhagen bzw. dessen dortiger Cup erobert werden, was mit Platz vier gründlich schief ging. Es folgten ein Sieg im Premio Padovanelle der Kategorie II und vier Ehrenplätze am Stück, bevor dem kleinen Kämpfer der neapolitanische Doppeltreffer gelang.

Man darf gespannt sein, ob Ehlert sich mit ihm ins Pariser Winter-Meeting wagt. Mit derzeit 25 Siegen aus 38 Starts und 1.306.628 Euro an Einkünften stehen ihm diesbezüglich alle Türen offen; überzeugt, dass Zacon auch „stehen“ kann, war der ehemalige Dauerchampion der italienischen Übungsleiter bereits vor einem Jahr.

Der Rennverlauf

Von der „1“ war es ein Leichtes für Zacon Gio und Roberto Vecchione, die Pole Position gegen den von der „6“ hinter ihm einscherenden Vivid Wise As, Billie de Montfort (2), Zefiro Gual, Vitruvio (9) und Arazi Boko (8) zu behaupten. Björn Goop setzte mit „FTB“ (4) vielleicht auch eingedenk des Qualifier-Startfehlers nichts auf die erste Karte und nahm das Rennen hinter Vernissage Grif, Italiens „Internationalem“ der aktuellen Stunde, sowie Frisbee d’Am, vor den nach 500 Metern Billie de Montfort gequetscht wurde, nur als Vierter der äußeren Linien auf.

Das sollte für den erhofften großen, 276.000 Euro wertvollen Wurf das entscheidende Handicap sein. 600 Meter vorm Ziel hieß es für den Favoriten „Leinen los“, doch musste er auch durch den Schlussbogen in dritter Spur bleiben, was die Aufgabe für Zacon Gio wesentlich erleichterte. 2½ Längen voraus bog der Ruty-Grif-Sohn auf die Zielgerade, packte unter Vecchiones energischen Hilfen stets das nötige Quäntchen drauf und behielt das Match sehr viel sicherer in Händen, als die Dreiviertellänge Vorsprung aussagen mag.

In Eine-Länge-Abständen gingen die weiteren Prämien an den innen ideal aufgehobenen Vivid Wise As, die unverwüstliche Billie de Montfort, die nach ihren Starts 113 und 114 2.218.127 Euro auf dem Konto hat, und den durch die Todesspur etwas entzauberten Vernissage Grif, der nach neun nur durch Platz zwei in Mikkeli unterbrochenen „italienischen“ Siegen am Stück erstmals wieder in seiner Heimat über eine Niederlage quittierte, die mit Platz fünf recht deftig ausfiel.

71. Gran Premio della Lotteria - Finale - (Gruppe I int., Vier- bis Zwölfj., UET-Masters-Serie, Grand Slam)
1600m Autostart, 660.000 Euro
1.    Zacon Gio    10,5    Roberto Vecchione    60
    5j.dklbr Hengst von Ruty Grif a.d. My Glade Font SM von Yankee Glide
    Be: Giuseppe Franco; Zü: Scud. Bivans; Tr: Holger Ehlert
2.    Face Time Bourbon    10,6    Björn Goop    16*
3.    Vivid Wise As    10,8    Giuseppe-Pietro Maisto    16*
4.    Billie de Montfort    10,9    Gabriele Gelormini    126
5.    Vernissage Grif    11,1    Alessandro Gocciadoro    24
6.    Vitruvio    11,2    Antonio di Nardo    274
7.    Frisbee d’Am    11,3    Anthony Barrier    353
8.    Zefiro Gual    11,3    Antonio Greppi    1128
9.    Arazi Boko    11,4    Santo Mollo    838
*Stallwette
Sieg: 60; Richter: sicher ¾ - 1¼ - 1¼ - 1¼ - Hals - Hals - Kopf - 1½ Längen; 9 liefen
Wert: 276.000 - 132.000 - 72.000 - 36.000 - 24.000 sowie 120.000 Euro Züchterprämien

Video: https://www.youtube.com/watch?v=FOFZwozwqJs

Die Vorläufe

Mit einer Schrecksekunde für den Anhang des auf 12:10 heruntergewetteten Face Time Bourbon ging Batteria A los, der sich ganz außen an der „8“ einen für ihn völlig ungewohnten Fehler genehmigte, der ihn neben 20 Meter Boden auch eine gute Ausgangslage kostete.

Batteria A

FTB im Vorlauf trotz Startfehlers noch mühelos © equos.it

Alex Gocciadoro schnappte sich mit Vitruvio, der Goop durchaus nicht unbekannt war, hatte er ihn doch im Juni zum Sieg im Kymi Grand Prix chauffiert, vor Zefiro Gual, Chief Oralndo. Sharon Gar und Zaffiro Top das Kommando und harrte der Dinge, die trotz des Lapsus in Gestalt von Face Time Bourbon irgendwann kommen mussten. Goop hatte den Patzer rasch ausgebügelt und im allgemeinen Durcheinander der ersten 250 Meter hinter dem äußeren Leader Violetto Jet und vor Italiens Derby-Sieger 2018 Zlatan sogar eien günstige Lage gefunden, aus der er 500 Meter vorm Ziel zur resoluten Tat schritt.

Darauf hatte Gocciadoro nur gewartet, gab dem „Architekten“ den Kopf frei, und im Nu waren die beiden Meistgewetteten unter sich. Trotz der Mehrarbeit hatte „FTB“ mit dem Adrian-Chip-Sohn keinerlei Probleme und legte ihn viel souveräner zu den Akten, als der Rennbereicht hergben mag: Goop setzte nicht einmal die Peitsche ein und guckte den Gegner nur mitleidig an. Zefiro Gual, einer der Armen der 24 edlen Streiter, nutzte den Sog Vitruvios zum kaum erwarteten dritten Platz und dem Einzug ins Finale.

Vorläufe - 1600m Autostart, 30.800 Euro
Wert: 12.880 - 6.160 - 3.360 - 1.680 - 1.120 und 5.600 Euro Züchterprämien; die besten Drei erreichen den Endlauf.
Batteria A
1.    Face Time Bourbon    11,8    Björn Goop    12
    5j.dklbr. Hengst von Ready Cash a.d. Vita Bourbon von Love You
    Be: Scud. Bivans Srl, IT (Antonio Somma); Zü: SARL Haras Saint Martin (Rainer Engelke); Tr: Sébastien Guarato
2.    Vitruvio    11,9    Alessandro Gocciadoro    31
3.    Zefiro Gual    11,9    Antonio Greppi    599
4.    Chief Orlando    12,3    Vincenzo Gallo    433
5.    Zlatan    12,3    Santo Mollo    547
6.    Sharon Gar    12,4    Roberto Vecchione    161
7.    Violetto Jet    12,8    Vincenzo d’Alessandro jr    136
8.    Zaffiro Top    12,8    Vincenzo Luongo    898
Sieg: 12; Richter: leicht 1 - ½ - 2½ - k.Kopf - 1 Länge; 8 liefen

Wie bei 11,5:10 erwartet wurde Batteria B zur sonnenklaren Angelegenheit für Italiens Aushängeschild der letzten Monate - und zu einer Demonstration einer geschickten Stalltaktik. Gocciadoro, der drei Pferde unter Order hatte, hielt sich trotz der verlockenden „1“ zu Beginn mit Vernissage Grif merklich zurück und ließ sich dessen Trainingsgefährten ums Kommando einen ausfechten.

Batteria C

Vernissage Grif der klarste Vorlaufsieger © equos.it

Der 13-jährige Arazi Boko (4) behielt das Zepter vor der hinter ihm einparkenden Vesna (7), der Zoom OP und Uraniuss folgten. Ausgangs der ersten Kurve war die Sachlage geklärt, gab Gocciadoro Gas und wurde von Santo Mollo selbstverständlich für die Schlussrunde auf den Regiestuhl gebeten, was es für den Fuchs auch schon gewesen sein sollte.

Im Spaziergang erledigte er 3½ Längen voraus die mit 12.880 Euro belohnte Pflicht vor der großen Kür und zog den alten Schweden zu Platz drei mit, der vom aus dem zweiten Paar außen sich wuchtig einmischenden Franzosen Frisbee d’Am aus dem Quartier des reisefreudigen Richard Westerink um eine halbe Länge niedergerungen wurde. Zoom OP, mit 53.093 Euro der Ärmste aller 24 Kombattanten und nur durch Cokstiles Verletzung ins Feld gerutscht, verkaufte sich mit Platz vier bravourös.

Batteria B
1600m Autostart, 25.300 Euro
1.    Vernissage Grif    11,7    Alessandro Gocciadoro    11
    6j. Fuchshengst von Varenne a.d. Dalia Grif von Park Avenue Joe
    Be: Gennaro Riccio; Zü: All. Il Grifone; Tr: Alessandro Gocciadoro
2.    Frisbee d’Am    12,1    Anthony Barrier    40
3.    Arazi Boko    12,2    Santo Mollo    70
4.    Zoom OP    12,5    Francesco Tufano    296
5.    Vesna    12,6    Rene’ Legati    752
6.    Zante Breed    13,2    Mario Minopoli jr    780
7.    Uraniuss    13,5    Sabato di Vincenzo    2106
8.    Zefiro d’Eté    14,1    Gaetano di Nardo    513
Sieg: 11; Richter: überlegen 3½ - ½ - 2½ - Hals - 4½ Längen; 8 liefen (NS Cokstile / Koppelverletzung; dafür Ersatzpferd Zoom OP)

Lösbar sah Batteria C für Zacon Gio aus, dem Startplatz „1“ bestens schmeckte. Auf Gedeih und Verderb hielt Roberto Vecchione allerdings nicht gegen, als Billie de Montfort von der „6“ wie in alten Zeiten loswirbelte und das Zepter an sich nehmen durfte. Die Freude der Neunjährigen war kurz: Im ersten Bogen wurde Zacon Gio nach außen beordert, regierte nach 500 rasanten Metern und bekam Co-Favorit Vivid Wise As als äußeren Nebenmann.

Batteria B

Billie de Monfort verlangt Zacon Gio alles ab © equos.it

Dieses Trio setzte sich deutlich von den Verfolgern ab, die von Stepping Spaceboy innen und Antony Leone außen angeführt wurden und bei denen die deutsche Pocahontas Diamant mit dem Höllentempo heillos überfordert war und nie die Sonne sah. Die schien auf der Zielgeraden auch für Vivid Wise As nicht mehr, der der Schwerstarbeit außen herum mächtig Tribut zollen musste und heilfroh sein konnte, dass auch Antony Leone am Anschlag war und das Finale um 1½ Längen verfehlte.

Einfach wurde Zacon Gio der Sieg nicht gemacht, denn Billie de Montfort präsentierte sich kampfeslüstern wie lange nicht mehr und fightete sich bis auf einen „halben Kopf“ an den 1:10,6 vorlegenden Fünfjährigen heran, der nach dieser knappen Kiste nicht unbedingt so aussah, als solle er zwei Stunden später auch den großen Pott auf seine Seite ziehen.

Batteria C
1600m Autostart, 25.300 Euro
1.    Zacon Gio    10,6    Roberto Vecchione    17
    5j.dklbr Hengst von Ruty Grif a.d. My Glade Font SM von Yankee Glide
    Be: Giuseppe Franco; Zü: Scud. Bivans; Tr: Holger Ehlert
2.    Billie de Montfort    10,6    Gabriele Gelormini    112
3.    Vivid Wise As    11,1    Alessandro Gocciadoro    20
4.    Antony Leone    11,3    Gaetano Lo Verde    193
5.    Vanesia EK    11,6    Rene’ Legati    187
6.    Stepping Spaceboy    11,8    Vincenzo Gallo    179
7.    Pocahontas Diamant    12,6    Federico Esposito    1067
8.    Una Bella Gar    13,1    Mario Volpato    845
Sieg: 17; Richter: Kampf k.Kopf - 4 - 1½ - 2 - 1 Länge; 8 liefen

Zum Trost 33.000 Euro

Die wie im Vorjahr mit 33.000 Euro ausstaffierte Consolazione, zu der Pocahontas Diamant nicht antrat, ging mit einem Doppelschlag ans Quartier von Alessandro Gocciadoro, der allerdings keinen seiner drei Schützlinge selbst fuhr.

Die 13.800 Euro für den größten Trostpreis sackte Rene’ Legati mit der Exploit-Caf-Tochter Vanesia EK in 1:11,3 ein, und auch der Ehrenplatz samt 6.600 Euro ging durch die von Federico Esposito gesteuerte Vesna (1:11,6; von Libeccio Grif) an die zweite sechsjährige Stute der Scuderia Indal. Aus Gocciadoros Lot kam nur der Santo Mollo anvertraute Zlatan als Achter mit leeren Taschen zurück in den Stall.