Triumph total für die Equipe tricolore

Kouvola, Samstag, 17. Juni 2023. Obwohl erst 1998 in den proppenvollen internationalen Rennkalender integriert, erfreut sich der Kymi Grand Prix sogar bei den Franzosen höchster Wertschätzung. Das liegt nicht nur am üppigen Preisgeld von 170.000 Euro, von denen der Sieger 100.000 erhält, sondern auch am rührigen Veranstalter.
Immer wieder wird von den Gästen betont, wie herzlich sie im beschaulichen 80.000-Einwohner-Städtchen Kouvola in Finnlands Südosten weit entfernt vom internationalen Schuss willkommen geheißen und betreut werden. Längst ist es Standard, dass die Franzosen, die in zwölf der bisher 25 Auflagen die Nase vorn hatten - als Erste steht Dryade de Bois 1998 auf der Ehrentafel -, eingeflogen werden, um ihnen eine endlose Land- und Seereise zu ersparen.
Zählt man den Italiener Callmethebreeze dazu, der von Kindesbeinen an für die Farben Philippe Allaires läuft und auch von ihm trainiert wird, so war es heuer mit dem erst als Ersatzspieler auf den Grand-Prix-Zug gesprungenen, im Ausland völlig unbekannten, gerade mal 203.312 Euro reichen Idéal du Rocher ein Quartett, das am Freitagfrüh im belgischen Lüttich das Frachtflugzeug nach Kouvola bestieg - gemeinsam mit fünf Landsleuten, die fürs Rahmenprogramm vorgesehen waren.
Rausgucker der Franzosen-Equipe waren die zuletzt im Elitloppet angetretenen Etonnant und Go On Boy, die beide bei der Startplatzauslosung als Letzte im Topf waren und für die „1“ und „5“ in Frage kamen. „Auf keinen Fall wollte ich mit dem schwach beginnenden Go On Boy die innerste Nummer“, war Romain Derieux‘ sehnlichster Wunsch, den die kapriziöse Losfee unerfüllt ließ. „Die ‚5‘ ist für Etonnant völlig okay, es sei denn, er patzt - dann müssen wir darüber noch mal reden“, lachte hingegen Anthony Barrier befreit auf, als er Nummer „5“ sah, „am Start ist er halt immer noch ein bisschen delikat. Man muss ihn auf dem richtigen Fuß erwischen.“
Barrier riskierte nichts und kam zunächst in dritter Spur im Mittelfeld unter, während sich Go On Boy sofort hinten wiederfand und sich Finnlands Spitzenfahrer Santtu Raitala mit Global Withdrawl, dem Dritten des Finlandia Ajo, sofort vor Run For Royalty das Kommando sicherte. Überraschend fetzig kam Idéal du Rocher in die Hufe und drückte so stark, dass er auf der Überseite hinter dem Leader einscheren konnte - Charley Mottiers Schachzug ging erst mal glänzend auf.
Das ganze Gegenteil steckte in Schwedens einzigem echten Vertreter Iznogoud Am, der sich mit einer Galopp-Einlage im ersten Bogen aller Chancen beraubte. Mit der „9“ blendend in die Partie gekommen war Callmethebreeze. Als sich Etonnant noch immer in dritter Spur an Global Beware abkaute, schoss der Trixton-Sohn nach vorn und kletterte in der zweiten Kurve auf die Kommandobrücke, wo er für die Schlussrunde den endlich aus der dritten „Scheibe“ weggekommenen Etonnant als Begleiter bekam. Hinter dem Westerink-Schützling postierten sich, nachdem Global Beware dem horrenden Tempo eingangs der zweiten Überseite im Galopp zum Opfer fiel, Go On Boy und Hierro Boko.
Konnte es nach diesem Transport für Etonnant reichen, auf den Spuren seines Vaters Timoko zu wandeln, der sich diesen Grand Prix 2014 einverleibt hatte? Der Braune mit der blauen Maske bewies einmal mehr, was für ein stahlharter Kämpe er ist. Callmethebreeze war ausgangs der letzten Biege zu Tode massiert. Dafür griff Go On Boy machtvoll an. Doch auch er scheiterte am „erstaunlichen“ Etonnant, der „kratzte, keifte und biss“ und im Rad-an-Rad-Fight den Kopf eisern um diesen Abstand zum 25. Mal als Erster ins Ziel streckte.
3½ Längen hinter diesem Duo erfüllte sich ähnlich knapp die Prophezeiung Allaires, der Callmethebreeze auf dem Treppchen erwartet hatte: Mit Ach und Krach hielt er den seinen 101. Auftritt absolvierenden Hierro Boko in Schach, der sich vor gerade mal sechs Tagen in Oslo-Bjerke den Energima-Cup in neuer persönlicher Bestzeit von 1:10,4 eingeklinkt hatte und unterstrich, wie scharf alte Kanonen manchmal zu schießen vermögen.
Die kleinste Prämie ging an Idéal du Rocher, womit Charley Mottier bei seiner ersten Gruppe-I-Fuhre sehr zufrieden war, zumal sein zweiter Schützling Joker Madrik mit Gabriele Gelormini das zehnte Rennen auf seine Kappe brachte und weitere 10.000 Euro zur Ernährungslage des Stalles beitrug.
Nach dem neuen Bahnrekord von 1:10,5, der auch für Go On Boy notiert wurde, stieg das Konto des unverwüstlichen Etonnant auf 2.460.710 Euro. „In einem früheren Leben muss ich etwas sehr Gutes vollbracht haben, dass ich das Glück habe, solche Pferde zu besitzen“, staunte selbst Richard Westerink, „Etonnant ist vielleicht einer der Besten, die ich je gesehen habe. Er ist unglaublich zäh und stark und - außer im Rennen - leicht zu handhaben.“
26. Kymi Grand Prix (Gruppe I int., 9. Etappe des UET-Elite-Circuit 2023)
2100m Autostart, 170.000 Euro
1. Etonnant 10,5 Anthony Barrier 20
9j.br. Hengst von Timoko a.d. Migraine von Alligator
Be / Tr: Richard Westerink, FR/NL; Zü: Christian Guy Vigier & Mireille Baro, FR
Pfleger: Rodolphe Barette
2. Go On Boy 10,5 Romain Derieux 34
3. Callmethebreeze 10,9 Gabriele Gelormini 102
4. Hierro Boko 11,0 Iikka Nurmonen 459
5. Idéal du Rocher 11,1 Charley Mottier 438
6. Global Withdrawl 11,3 Santtu Raitala 381
7. Run For Royalty 11,6 Janne Korpi 922
8. Global Beware 14,0g Tapio Perttunen 1534
9. Iznogoud Am 14,0g Jorma Kontio 361
Sieg: 20; Richter: Kampf Kopf - 3½ - Hals - 1½ - 2½ - 2½ Längen; 9 liefen (NS Ultion Face)
Zw-Zeiten: 07,5 - 11,5 - 09,5 - 09,5/je 500m
Wert: 100.000 - 40.000 - 17.000 - 8.500 - 4.500 Euro
Video: https://www.youtube.com/watch?v=hCmbUjiHO2A
Trumpf waren bei herrlichem Sommerwetter und 23 Grad die gefräßigen Gallier auch im Stayerlopp, den der von Henk Grift für Joseph Vanduffel trainierte Bird-Parker-Sohn Garuda Fligny mit Hannu Torvinen vor Doux Parfum/Anthony Barrier gewann und die Rückreise mit einem Plus von 10.000 Euro antrat.
Desgleichen gingen die „Reiterspiele“ nach Frankreich: Mal wieder nicht zu bremsen war Jonathan Carré mit Henk Grifts Diamant de Larré und ritt drei Längen voraus nach 1:15,3/2100m 8.000 Euro in die Scheuer, was der Totalisator mit schmalen 11:10 belohnte.