Prix du Luxembourg: Der Senior macht‘s
(nn) Vincennes, Samstag, 25. Januar 2020. Der jüngste deutliche Ansatz nach Monaten mehr oder weniger schlapper Auftritte, der Ehrenplatz im Prix de Brest zum unbezwingbaren Cleangame vor gerade mal einer Woche, war keinesfalls ein Strohfeuer.
Wer den für bare Münze genommen hatte, konnte im Prix du Luxembourg auf Anzi des Liards, den großrahmigen Wallach aus dem Süden der Republik, bei 187:10 ein schönes Schnäppchen landen. Im „kleinen Amérique“, der mit dem „echten“ allerdings wenig gemein hat, weil er mit dem Auto gestartet wird, demzufolge über 2100 Meter führt und auch offen für hochkarätige Wallache ist, holte sich der mit zehn Jahren älteste Teilnehmer mit dem 17. zugleich den renommiertesten Erfolg seiner Karriere, schraubte sein Konto auf 822.680 Euro und rächte sich umgehend an Jean-Michel Bazire für die kürzliche Niederlage. Der wurde mit 18:10-Favorit Dorgos de Guez, nachdem er sich an der letzten Ecke erst rustikal freirempeln musste, Zweiter vor Earl Simon, für den es für den Prix d’Amérique nicht gereicht hatte, und Mindyourvalue W.F., der seinem Ruf als unbarmherziger wie unbequemer Tempomacher zum x-ten Mal gerecht wurde und einmal mehr bewies, dass ihm die Weiten des Plateau de Gravelle um Lichtjahre besser munden als die vergleichsweise engen Parcours seiner schwedischen Heimat.
Ach ja - ein Deutscher war auch dabei in dem 100.000er. Gut, dass die Wahl zum Traber des Jahres 2019 längst in Sack und Tüten ist, denn nach der schlappen Vorstellung im Prix de Lille am 5. Januar bot Orlando Jet erneut nur bescheidene Kost und landete auf Platz zehn. Wobei die letzten beiden Resultate des Orlando-Vici-Sohnes selbstredend nicht für das Votum von Betracht gewesen, aber doch im Hinterkopf manches Wählers gewesen wären. Große Ambitionen hatte man im Lager von Rudi Haller offensichtlich nicht, als klar war, dass der „Jet“ aus Startreihe zwei würde antreten müssen. Als einziger der 14 Kombattanten lief der bullige Braune, der fast alle seine Frankreich-Starts rundum barfuß oder maximal mit Hintereisen absolviert hatte, mit vier Eisen.
Haller hielt sich mit der innersten Startnummer durchweg im fünften Paar innen auf, und obwohl es bei 1:11,0 für 1500 Meter dank Mindyourvalue W.F., der im Bogen von Joinville Earl Simon das Kommando abgeknöpft hatte, alles andere als im Schlafwagentempo zur Sache ging, blieb das Feld ganz dicht beieinander, so dass sich für Orlando Jet kaum eine Passage öffnete. Als er ab 250 Meter vorm Ziel nach vorn etwas Luft hatte, konnte sich sein Chauffeur für Momente Hoffnungen auf eine kleine Prämie machen, die jedoch rasch wieder zerstoben.
Anders Romain Derieux, der Anzi des Liards zwar seit 4½ Jahren fährt, ihn jedoch erst vor kurzem ins Training bekommen hat, nachdem der Look-de-Star-Sohn zu seinem Züchter Richard Padovani zurückgekehrt war: „Er hat einen solchen Hochkaräter allemal verdient, speziell nach seiner bärenstarken Leistung zu Cleangame. Ein bisschen überrascht bin ich allerdings schon, denn allzu viele Autostarts hat er nicht bestritten, weil er eher langsam auf Touren kommt und ein Typ für längere Distanzen ist.“ So blieb der Prix du Luxembourg, in dessen Siegerliste sich zahlreiche prominente Ausländer tummeln wie Exploit Caf (2007), Yarrah Boko (2012), On Track Piraten (2015) oder Trebol (2016), zum zweiten Mal in Folge im Lande. Schneller als Anzi des Liards mit 1:10,9 holten sich lediglich 1:10,6-Rennrekordler Urlo dei Venti sowie Rapide Lebel und Cleangame (beide 1:10,8) Lorbeeren und ersten Scheck ab.
Von der „6“ setzte sich Earl Simon im breiten Führungskampf durch und führte das Feld vor Shadow Gar, Eridan und Orlando Jet in den Bogen von Joinville. Zeitig löste Björn Goop bei Mindyourvalue W.F. die Handbreme. Mit Riesenschritten kam der Bergh-Schützling, der in Vincennes bereits acht Siegerparaden absolviert hat, angestiefelt und durfte bald den Taktstock schwingen. In zweiter Spur setzte sich wenig später Dorgos de Guez vor Détroit Castelets. Auch Derieux machte früh mobil und installierte Anzi des Liards zu Beginn des Anstiegs vor dem Favoriten, wo er für die finalen 600 Meter geharnischten Druck von Tessy d’Eté bekam, an die sich Belle Louise Mabon und der launische Black Jack From koppelten. Unermüdlich marschierte Anzi vorwärts und war selbst von Dorgos de Guez nicht mehr einzufangen, mit dem sich Bazire zu Beginn der Zielgeraden in die Freiheit drängelte. Weit nach außen driftend, kam der ohne Check aufgebotene Fuchs mit der breiten Blesse nur noch auf eine Dreiviertellänge an den Ausreißer heran. Einen „Hals“ zurück raufte sich Earl Simon, der seine zur Unzeit gekommene Erkältung, die ihm den Weg zum Prix d’Amérique verkorkst hatte, restlos überwunden hat, mit viel Mumm an Mindyourvalue W.F. vorbei, der erneut bis zum letzten Meter kämpfte, was Lunge und Beine hergaben.
Zwei Längen hinter diesem Quartett war das Getümmel gewaltig. Letztlich trennten Orlando Jet von Platz fünf, den sich der lange Zeit als Amérique-Kandidat gehandelte Détroit Castelets haarscharf vor Belle Louise Mabon und dem sich ausnahmsweise mal jeden Aussetzer verkneifenden Black Jack From krallte, nur etwas mehr als eine Länge.
Prix du Luxembourg (Gruppe III int., Fünf- bis Elfjährige, keine 800.000 Euro)
2100 Meter Autostart, 100.000 Euro
1. Anzi des Liards 10,9 Romain Derieux 187
10j.br. Wallach von Look de Star a.d. Nausicaa du Sud von Ganymède
Be / Zü: Richard Padovani; Tr: Romain Derieux
2. Dorgos de Guez 3. Earl Simon 4. Mindyourvalue W.F. 5. Détroit Castelets 6. Belle Louise Mabon 7. Black Jack From 8. Eridan 9. Shadow Gar 10. Orlando Jet 11. Valokaja Hindö 12. Estola 13. Tessy d’Eté 14. Cobra Bleu |
11,0 Jean-Michel Bazire 11,0 Franck Ouvrie 11,0 Björn Goop 11,2 Matthieu Abrivard 11,2 Eric Raffin 11,2 Guillaume Gillot 11,3 David Thomain 11,3 Pietro Gubellini 11,3 Rudolf Haller 11,3 Christophe Martens 11,5 Yoann Lebourgeois 11,8 Franck Nivard 11,8 Pierre Vercruysse |
18 87 96 80 390 1290 370 360 590 150 850 180 1540 |
Sieg: 187; Richter: sicher ¾ - Hals - ½ - 2 - ¼ - Hals - Hals - Kopf - ½ Länge; 14 liefen
Zw-Zeiten: 07,9/600m - 10,0/1100m - 11,0/1600m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Coupe d’Europe des Amateurs an Österreich
Die berechtigten Hoffnungen Sönke Gedaschkos, bei seiner Frankreich-Premiere ein nachhaltiges Zeichen zu setzen, zerstoben, noch ehe der Coupe d’Europe des Amateurs für sieben- bis neunjährige Euro-Trotter, die keine 184.000 Euro verdient hatten, so recht begonnen hatte. Mit dem von Björn Goop trainierten einzigen frischen Sieger Västerbo Hard Cash als 24:10-Favorit hochgezogen, sprang ihm der Ready-Cash-Sohn an der „7“ in der Beschleunigungsphase des Startautos, kollidierte mit einem dahinterliegenden Gespann und begann mit rund 60 Meter Rückstand auf die Spitze.
In dem turbulenten Match, dessen 15er-Reihen früh um vier Kandidaten gelichtet wurden und letztlich nur acht Gespanne in der Wertung blieben, schaffte das schwedisch-deutsche Gespann noch mal den Anschluss. Auf der Zielgeraden wurden Västerbo Hard Cash, der sich auf Platz acht vorgerobbt hatte, die Füße dann allerdings bleischwer, und ein weiterer Patzer 150 Meter vorm Pfosten besiegelte die rote Karte. Bis kurz vorm Ziel sah es danach aus, als solle der früh in Front beorderte Trainingsgefährte Staro Ivy League in die Bresche springen. Um eine halbe Länge stärker erwies sich auf den letzten Metern jedoch der von Robert Bergh gecoachte Jet Voice, mit dem Johann Preining junior beim Frankreich-Debüt die Österreicher jubeln ließ. Nach 1:14,7 waren der Jetstile-Sohn bzw. dessen norwegische Besitzer (Team Overdal) um 6.300 der insgesamt ausgelobten 14.000 Euro reicher.
Popeye guter Zweiter
Die deutsche Fahne hielt 500 Kilometer südlich auf dem 1200 Meter langen Rechtskurs von Saint Galmier wenige Minuten später Popeye Diamant hoch. Lange bitten ließ sich Gerd Biendl mit dem „Spinatmatrosen“ im Prix du Parcours Gourmand (2000m Autostart, Sechs- bis Zehnjährige, keine 170.000 Euro) nicht, entriss dem knapp zum Favoriten erkorenen Whole Lotta Love ausgangs der ersten Kurve das Zepter und führte fortan souverän um die Runden. Als Whole Lotta Love, inzwischen nach außen beordert, ausgangs der Schlusskurve aus dem Takt geriet, hing der Himmel für den Diamanten endgültig voller Geigen. Philippe Daugeard brachte seinen Schützling nach neun Galoppsprüngen rechtzeitig vor der Enquete-Marke zur Räson, wogegen sich bei Popeye eine alte Unsitte bemerkbar machte: So einsam und allein voraus, stellte er den Betrieb fast ein und wurde prompt vom noch mal tief Luft holenden einzigen ernsthaften Rivalen um eine halbe Länge aus allen Siegträumen gerissen. Nach 1:13,9 zu 1:14,0 flossen nur 6.500 statt durchaus möglicher 11.700 Euro in seine Schatulle.