Örebro jubelt

Örebro, Samstag, 29. April 2023. Auch die 116.000-Einwohner-Stadt mit dem mächtigen alten Schloss und dem an einen Pilz (Svampen) erinnernden, 1958 erbauten Wasserturm, der Schwedens zweitwichtigstem Zweijährigen-Rennen seinen Namen gibt, wird, so denn Åke Lindblom die „sista chansen“ annimmt, in einer Woche beim Paralympiatravet vertreten sein.
Auf seiner Heimatbahn zwischen Adolf- und Marieberg, wo der 68-jährige jeden noch so kleinen Kieselstein kennt, gelang ihm im Spätherbst seiner Laufbahn noch mal ein großer Wurf, den er nach ersten Aussagen trotz der Kürze der Erholungszeit nicht ungenutzt verstreichen lassen wird. Im 5. und letzten Vorlauf zum Paralympia-Travet passte für sein Aushängeschild Chapuy alles wie aufgemalt.
Ausnahmsweise ging’s im Håkan „Lillis” Olssons Lopp mal nicht wie auch im Finale über 2.140 Meter, sondern über die englische Meile - das „Spezialgebiet“ seines Bombers, der auf seine alten neunjährigen Tage in die Form seines Lebens gekommen ist. Auch der Auslosungscomputer spielte dem einheimischen Team bestens in die Karten und verpasste der Rakete, die so leicht keiner aufhält auf dem Weg an die Spitze, Startrampe „3“. Genau eine Position unter Night Brodde (4), der ein ähnlich exzellenter „Miler“ ist.
Chapuy nutzte die goldene Ausgangslage auf der regenschweren, mit Pfützen übersäten Bahn rigoros und fegte wie der Blitz vor Tycoon Conway Hall (2) und Chestnut Hill (1) in Front. Dear Friend und Hede Darling hingegen rutschten auf dem schlüpfrigen Parkett schwer aus und flogen aus der „sista chansen“, noch ehe die richtig eröffnet war.
Mäßig auf die Beine fand Night Brodde, der auf dem äußeren Gleis hinter Lawmaker (7) eine Position verlor, als Alessandro Gocciadoro mit Favorit Zacon Gio (8) nach 400 Metern die Rolle des äußeren Anführers übernahm. Die Galoppeinlagen gingen munter weiter: Pinto Bob sprang ausgangs der zweiten Kurve, Chestnut Hill 200 Meter später, was Conrad Lugauer zu einem riskanten Schachzug verleitete.
Er dirigierte Night Brodde nach innen - und hatte das Glück des Erfolgreichen, aus der selbstgewählten Falle wieder herauszukommen, als Zacon Gio 300 Meter vorm Pfosten resolut den Rückwärtsgang einlegte. Der nie attackierte Chapuy hatte sich dort längst um drei Längen aus dem pitschnassen Staub gemacht, was auch dringend nötig war. Der rechtzeitig auf freie Bahn findende Night Brodde hetzte dem Quite-Easy-Sohn gehörig hinterdrein.
Verhindern konnte er dessen 20. Treffer aus 82 Versuchen um eine halbe Länge jedoch nicht mehr. Vom Rest hatte der mit der „12“ maximal schlecht bediente und stets die rote Laterne tragende Brambling den meisten Pep und sammelte den 13-jährigen Tycoon Conway Hall sowie Lawmaker mit dem berühmten Kihlströmschen Augenmaß ein.
„Was für ein wunderbares Pferd“, strahlte Lindblom, dessen Onkel Knut Lindblom unter anderem 1969 mit Kentucky Fibber das Berliner Matadoren-Rennen gewonnen hat, übers schlammverschmierte Gesicht, „ihm sind Bodenverhältnisse und dergleichen völlig egal. Ich hätte nicht gedacht, dass ich so einfach würde, in Front zu kommen. Ich wurde trotz des nicht allzu flotten Tempos nie angegriffen, und Chapuy konnte eine Menge Reserven sparen."
"Als ich abgedrückt habe, war er sofort voll da, und ich denke, im Ziel hatte er noch was im Tank. Ich muss eine Nacht drüber schlafen, denn eigentlich wollen wir in den Elitloppet, der von der Distanz her besser passt. Aber nun hat er sich für Paralympia qualifiziert, und auch dort ist‘s eine Ehre, dabei sein zu dürfen.“
„Ich wünsche und hoffe, dass Chapuy bei uns startet“, so Jon Walter Pedersen; ansonsten muss Åbys Sportdirektor im Laufe des Sonntagvormittag versuchen, einen weiteren Bewerber aus dem Wildcard-Hut zu zaubern.
Håkan „Lillis” Olssons Lopp - Gulddivisionen - (int., 5. Vorlauf zum Paralympia-Travet / sista chansen)
1609m Autostart, 329.000 SEK
1. Chapuy 12,0 Åke Lindblom 34
9j.schwbr. Wallach von Quite Easy a.d. Popcorn Lavec von Enjoy Lavec
Be: Björn Wedenberg; Zü: Tommy Persson; Tr: Åke Lindblom
Pflegerin: Ulrika Lindblom
2. Night Brodde 12,1 Conrad Lugauer 107
3. Brambling 12,3 Örjan Kihlström 79
4. Tycoon Conway Hall 12,3 Nicklas Korfitsen 250
5. Lawmaker 12,3 Marcus Lilius 1260
6. Heart of Steel 12,6 Johan Untersteiner 282
7. Zacon Gio 13,2 Alessandro Gocciadoro 31
8. Dear Friend agh. Björn Goop 87
Hede Darling dis.r. Ulf Ohlsson 79
Pinto Bob dis.r. Robert Bergh 726
Chestnut Hill dis.r. Rikard Skoglund 660
Sieg: 34; Richter: sicher ½ - 1¼ - Hals - ½ - 2 - 4 Längen; 11 liefen (NS Bandit Brick / Husten)
Zw-Zeiten: 11,5/500m - 11,1/1000m - 13,8/letzte 500m
Wert: 150.000 - 75.000 - 40.000 - 25.000 - 15.000 - 11.500 - 7.500 - 5.000 SEK
Qualifiziert für den Paralympiatravet: Titelverteidiger Who’s Who (automatisch, aber Nichtstarter), Rackham (Vorlauf 1 / Åby), Milliondollarrhyme (Vorlauf 2 / Solvalla), Hadès de Vandel (Vorlauf 3 / Axevalla), Emoji (Vorlauf 4 / Jägersro) sowie Chapuy. Wildcards wurden an Jimmy Ferro BR, Bilo Jepson, den von Vitale Ciotola in Frankreich stationierten Italiener, Cicero TG (Norwegen), San Moteur und Mister Hercules vergeben.
Matchplan brillant umgesetzt
Mit 776.000 SEK mehr als doppelt so wertvoll und gerechterweise auch doppelt so lang war das seit 2003 ausgetragene Örebro International für die Supersteher, der erste Lauf des nordischen Summer Meeting Stayer, dessen Sieger automatisch für Solvallas Harper Hanovers Lopp am Elitloppet-Wochenende qualifiziert ist.
Was Chapuy die Kurzstrecke, sind Conrad Lugauers Ferrari Sisu die extrem weiten Wege. Ganz vermochte der Derby-Zweite von 2019 die doppelte Zulage, die er gemeinsam mit dem wie High on Pepper am Start rumpelnden Digital Summit aufgebürdet bekommen hatte, nicht wettzumachen. Das lag vor allem am wieder mal brillanten Gefühl Örjan Kihlströms für seinen Partner und das, was er ihm zumuten konnte.
Hinter Albert Zonett, Dynamite Sensation und Santos de Castella hielt der „Iceman“ für Versace Face im vierten Paar außen zwei Runden lang die Füße still. Dann machte sich Santos de Castella mit Digital Summit, Ferrari Sisu und High on Pepper als Anhängsel auf „Gleis 3“ auf den weiten Weg nach vorn. Höchste Zeit für den Kihlström, die Tarnkappe abzustreifen und Versace Face auf den Todessitz zu lancieren, bevor das Gefängnistor ausbruchsicher zuschnappte.
Der Redén-Schützling spielte bestens mit, überrannte mit der entscheidenden Tempoverschärfung kurz vor der Schlusskurve den nach 1.000 Metern vor Mellby Indigo, Untouchable In und Delicious Me den Takt vorgebenden Grant Hall wie nix und holte, ehe sich seine Verfolger richtig sortierten, im Rush gut 20 Meter Vorsprung heraus. Davon es sich für den Joke-Face-Sprössling sehr bequem leben.
Drei Längen voraus war der achte Karrieresieg fast spielerisch leicht unter Dach und Fach, mit dem sein Konto bei 1.421.065 SEK angelangt ist. Nun hat er wie alle Anderen vier Wochen Zeit, sich von den Strapazen zu erholen, und würde den Harper Hanovers Lopp zu identischen Konditionen, nämlich mit nur einer Zulage in Angriff nehmen.
Der nach vielen Problemen und Misserfolgen seit Oktober 2022 sich wieder von altem Schrot und Korn präsentierende Ferrari Sisu warf sein vielgerühmtes Kämpferherz in die Waagschale und hielt sich für den 200.000 Kronen wertvollen Ehrenplatz High on Pepper, der nach dem anfänglichen Rumpler von ganz weit hinten Anlauf nehmen musste, sicher mit einer Länge vom Leib.
„Er ist groß wie ein Elefant, so dass wir ihn erst jetzt im Training härter herannehmen können. Seine Lauftechnik wird allmählich so, wie ich mir das vorstelle. Obwohl er schon sechs Jahre ist, sollte seine Entwicklungskurve zügig weiter nach oben gehen“, kommentierte Redén den Triumphmarsch seines Wallachs, auf dessen nächste Auftritte man sehr gespannt sein darf.
Örebro Intn’l - Stayerlopp - (Gruppe II int.)
3140m Bänderstart, plus 20m ab 650.001, 40m ab 1.400.001 SEK; 776.000 SEK
1. Versace Face 3160 14,7 Örjan Kihlström 58
6j.br. Wallach von Joke Face a.d. Perle Rare von Infinitif
Be / Tr: Daniel Redén; Zü: Anna Svensson & Lutfi Kolgjini;
2. Ferrari Sisu 3180 14,4 Conrad Lugauer 65
3. High on Pepper 3160 15,0g Jorma Kontio 30
4. Power Doc 3160 15,0 Åke Lindblom 78
5. Starbec’s A. to Z. 3160 15,2 Anders Svanstedt 399
6. Olga Utca 3160 15,3 Gustav Johansson 444
7. Mellby Indigo 3140 15,8 Björn Goop 191
8. Untouchable In 3140 15,8 Petter Karlsson 805
9. Santos de Castella 3160 15,3 Jörgen Westholm 166
10. Bad Manner 3140 16,0 Magnus Djuse 678
11. Delicious Me 3140 16,1 Erik Adielsson 596
12. Grant Hall 3140 16,6 Rikard Skoglund 179
13. Albert Zonett 3160 16,7 Robert Bergh 112
14. Digital Summit 3180 16,3g Joakim Lövgren 402
Dynamite Sensation 3140 dis.r. Carl Johan Jepson 454
Sieg: 58; Richter: überlegen 3 - 1 - ½ - 4 - 1½ - ¾ - Hals - Kopf - 2½ Längen; 15 liefen
Zw-Zeiten: 13,4/500m - 13,6/1000m - 14,8/1500m - 15,6/2000m - 13,5/letzte 500m
Wert: 400.000 - 200.000 - 92.000 - 42.000 - 22.000 - 12.000 - 8.000 SEK
Dass sie bei den „Erwachsenen“ bestens angekommen ist, unterstrich Gabriele Pohlmanns Filippa B.J. in der über 1.609 Meter führenden Bronsdivisionen. Von Startplatz „6“ blieb Jorma Kontio mit der von Sybille Tinter gecoachten Sechsten der Derby-Stoet in dritter Spur hängen, wählte die offensive Variante und führte nach 500 Metern die Außenspur an.
Trotz des immensen Aufwands ließ die Muscle-Mass-Tochter nie locker und hatte nur gegen den Start-Ziel das Zepter mit eiserner Faust schwingenden Comes With Age (Foto: travronden.se) keine Chance, mit dem Magnus Jakobsson fünf Längen voraus in 1:12,2/1609m die Linie kreuzte. Filippa B.J. (1:12,8) behauptete mühelos den Ehrenplatz 2½ Längen vor Es Trenc, was mit 55.000 SEK belohnt wurde.
V75-1 (Brons): Comes With Age / Magnus Jakobsson 58
V75-2 (Klass II): Working Class Hero / Björn Goop 44
V75-3 (Guld): Chapuy / Åke Lindblom 34
V75-4 (Klass I): Hipster K. / Linda Sedström 25
V75-5 (Silver): Hipster Am / Erik Adielsson 39
V75-6 (Elit-Sto): Iceland Falls / Magnus Djuse 64
V75-7 (Stayer): Versace Face / Örjan Kihlström 58
Umsatz V75: 95.538.671 SEK
1. Rang: 1.561 Systeme à 15.911 SEK
2. Rang: 238 SEK
3. Rang: 34 SEK
Umsatz Top-7 (Silver): 1.276.546 SEK