Lisa und Lombok auf dem Thron
Vincennes, Freitag, 25. Oktober 2024. Am letzten Tag des Sommer-/Herbstmeetings ließ es Vincennes noch mal so richtig krachen und verabschiedete sich mit drei 120.000ern sowie dem Prix Pierre van Troyen für Vier- und Fünfjährige, bei dem es neben Gruppe-III-Ehren „nur“ um 80 Mille ging.
Lange warten, dass das Plateau de Gravelle seine Pforten wieder öffnet, müssen die „turfists“ nicht: Bereits am Dienstag, 29. Oktober können sie Schritte oder Blicke wieder in den Pariser Südosten lenken: Dann beginnt ganz bescheiden mit acht Rennen und 332.000 Euro Prämien das legendäre Winter-Meeting.
Lotta oder Lisa? Lisa!
Eröffnet wurde der Gruppe-Reigen mit dem Prix Uranie für die dreijährigen Demoiselles über die Sprintstrecke von 2.175 Meter mit einer Demonstration der Macht durch Liza Josselyn, die damit ihr einziges echtes Versagen ihrer ein Dutzend Matches umfassenden Karriere, jenes fehlerhafte im Critérium des 3 Ans, gründlich korrigierte.
Dabei hatten nicht Wenige schon Bedenken, sie könne ihrer bei 21:10 exponierten Stellung am Toto nicht gerecht werden, als sie am Anstieg gegenüber noch immer Letzte des Pulks war, aus dem sich Let Me Shine Gio, für die dies einer der letzten Auftritte ihrer noch gar nicht so langen Laufbahn war (sie soll Anfang nächsten Jahres von Idao de Tillard bedeckt werden) und La Joyeuse Wicz frühzeitig abgemeldet hatten.
London gab dort vor Luna Nova Gwen, Lush Life und Love Letter den knallharten Takt vor und wurde von Lotta Bourbon vor Louve de Rêve d’Or, Louisiane de Bomo, Lamatta und eben Liza begleitet. 700 Meter vorm Ziel legte Jean-Michel Bazire, der bereits die Auftakt-Prüfung mit Destiny di Poggio im Hurra-Stil in famosen 1:10,1/2100m auf seine Kappe gebracht hatte, los.
Das Wort „Sensation“ wird im Zeitalter der sozialen Medien geradezu inflationär gebraucht, doch wie die Tochter der beiden Amérique-Sieger und mehrfachen Millionäre Ready Cash und Bélina Josselyn an ihren gewiss nicht zum Kanonenfutter zählenden Mitstreiterinnen vorbeifegte, ließ so manchen Mund vor Stauen offen stehen. Ein Strohfeuer war dies nicht.
Auf der Zielgeraden wurde die wuchtige Braune mit der langen breiten Blesse immer dominanter und zertrümmerte sechs Längen vor London, die sich noch am besten hielt, nicht nur ihre Rivalinnen, sondern auch den Rennrekord, der nach dieser Gala bei 1:10,7 steht.
Dank des achten Volltreffers übernahm sie bei 313.900 Euro an Gewinnen wieder die Führungsrolle ihrer Generation. Gar nichts mehr zu sehen war von Lotta Bourbon, die in Lisas Sturmwirbel völlig unterging und „drei Weilen zurück“ als Siebte nur die kleinste Prämie ergatterte.
„Beim ersten Startversuch bekam sie einen Stoß und galoppierte, darum bin ich beim zweiten Mal sehr vorsichtig zu Werke gegangen. Bergauf war das Tempo mit um 1:17 sehr langsam, so dass ich mich zum Überfall entschlossen habe. Da sie anfangs nicht gefordert war, hatte sie alle Reserven, die Jagd brillant durchzustehen. Sie wird noch ein Rennen der Kategorie II bestreiten, dann steht der Prix Ready Cash um 200.000 Euro am 8. Dezember auf ihrem Fahrplan“, fasste Bazire senior das Spektakel des Abends kurz und bündig zusammen.
Prix Uranie (Gruppe II nat., dreij. Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Liza Josselyn 10,7 Jean-Michel Bazire 21
3j.br. Stute von Ready Cash a.d. Bélina Josselyn von Love You
Be / Zü: Ecurie Yvan Bernard; Tr: Jean-Michel Bazire
2. London 11,4 Mathieu Mottier 68
3. Louve de Rêve d’Or 11,5 Eric Raffin 210
4. Lush Life 11,6 David Thomain 280
5. Lamatta 11,7 Matthieu Abrivard 670
6. Love Letter 11,7 Julien Dubois 310
7. Lotta Bourbon 13,0 Anthony Barrier 38
8. Louisiane de Bomo 13,0 Benjamin Rochard 80
La Joyeuse Wicz dis.r. Alexandre Abrivard 520
Let Me Shine Gio dis.r. François Lagadeuc 980
Luna Nova Gwen dis.r. Yoann Lebourgeois 350
Sieg: 21; Richter: überlegen 7 - 2 - 1 - Hals - 1 Länge; 11 liefen
Zw-Zeiten: 08,4/675m - 09,9/1175 - 11,6/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-10-25/7500/2
Der Primus mit viel Massel
Bis auf Lovino Bello, den Sieger des Critérium des 3 Ans, der wie Little Brown sein Heil in einer Woche beim Gran Premio Orsi-Mangelli versuchen will, kreuzte im Prix Victor Régis alles die Klingen, was sich bei den Hengsten der Generation „L“ Rang und Namen erarbeitet hatte.
Glasklarer 15:10-Favorit war der Critérium-Zweite und Albert-Viel-Sieger Lombok Jiel, dem Pierre-Yves Verva bis zum Beginn des Anstieg ein Traumrennen im Rücken des die Außenspur beackernden Loulou de Mye verpasste. Als Romain Larues Schützling hinter dem fürs sehr betuliche Tempo zuständigen Luciano Menuet und Little Brown abtauchte, musste der Enino-du-Pommereux-Sprössling die Außenarbeit selbst erledigen.
Richtig fetzig wurde es auf den finalen 400 Metern, als er Luciano Menuet unter höllischen Druck zu setzen begann. Yoann Lebourgeois‘ Partner reagierte an der letzte Ecke mit einem kapitalen Fehler, doch im rettenden Hafen war Lombok Jiel damit noch lange nicht.
Verva witterte die durch Little Brown und vor allem Loulou de Mye drohende Gefahr rechtzeitig und forderte den Fuchs, der auf den letzten Metern alles andere als glockenrein trabte und sich nach Kampf um eine halbe Länge behauptete. Die eigentlich unvermeidliche „Enquête“-Hupe ließ ein paar Minuten auf sich warten.
Letztlich hatten die oftmals so pingeligen Stewards an der Gangart des nunmehr sechsfachen „Winners“ nicht genug auszusetzen und ließen Gnade vor Recht ergehen, sodass dessen Umfeld erleichtert aufatmen konnte. Mit nunmehr 420.325 Euro aus 13 Versuchen hat sich der bullige Fuchs als prächtige Gelddruck-Maschine erwiesen.
„Was für eine Kampfmaschine“, schwärmte sein Trainer Jean-Luc Dersoir, „er hat die lästige Gewohnheit zu entspannen, sobald er vorn ist. Das ist im Training nicht anders, wenn er seine Kumpels überholt hat. Als er nach Lucianos Fehler allein in Front war, ahnte ich schon, dass es noch ein schwieriger Weg zum Sieg werden würde. Zum Glück ist alles gut gegangen.“
Auch Pierre-Yves Verva gestand, kräftig ins Schwitzen geraten zu sein: „Ich kenn‘ ihn ja aus dem Effeff und hatte die Gegner trotz des ordentlichen Vorsprungs immer im Auge. Als er in den Entspannungsmodus schaltete, kamen die unsauberen Schritte. Mir wurde auf einmal ganz schön heiß!“
Wie Liza Josselyn wird er am 17. November nochmals um Gruppe-II-Lorbeeren zu sehen sein, bevor die Beiden im Prix Ready Cash die Klingen miteinander kreuzen. könnten
Prix Victor Régis (Gruppe II nat., dreij. Hengste)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Lombok Jiel 13,7 Pierre-Yves Verva 15
3j. Fuchshengst von Enino du Pommereux a.d. Surabaya Jiel von Goetmals Wood
Be / Zü: Ecurie Jean Luck; Tr: Jean-Luc Dersoir
2. Loulou de Mye 13,8 Matthieu Abrivard 75
3. Little Brown 13,9 David Thomain 220
4. Largo de Castelle 13,9 Sébastien Ernault 220
5. Lagnu Mag 13,9 François Lagadeuc 380
6. Logan Jiel 14,1 Sébastien Baude 880
Luciano Menuet dis.r. Yoann Lebourgeois 83
Lucky Jackson dis.r. Jean-Michel Bazire 66
L’As de Cœur dis.r. Guillaume Salles 1010
Sieg: 15; Richter: Kampf Hals - 1 - 1 - k.Kopf - 1 Länge; 9 liefen
Zw-Zeiten: 14,5/675m - 15,0/1175 - 15,2/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 - 1.200 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-10-25/7500/5
Mit ein bisschen knabbern…
…holte sich Favorit Jéroboam d’Erable wie erwartet den Prix Hervé Ceran-Maillard für die fünfjährigen Satteltraber, das chronologisch letzte Gruppe-Match des Meetings.
Mutig nahm Eric Raffin mit Jamaïca Phédo, einer auf D-Niveau zweifachen Monté-Siegerin in Vincennes und Enghien, sein Rennreiterherz in beide Hände, schnappte sich mit der Magnificent-Rodney-Tochter sofort den Taktstock und legte vor Jean Balthazar einen schneidigen Part an den Tag, den Jade du Cèdre und Jaguar du Goutier mit zeitigen Galoppaden im Joinviller Bogen quittierten.
Kein allzu leichtes Unterfangen für Jéroboam d’Erable, den Damien Bonne munter durch die Außenspur brettern ließ und dabei June am Hacken hatte. Offensichtlich wusste Bonne genau, was für ein gewichtiges Pfund er unterm Allerwertesten hatte. 700 Meter vorm Ziel schaltete er einen Gang höher, zog rasch an Jamaïca Phédo vorbei und schien drei Längen voraus einem ungefährdeten Sieg - Nummer sieben der Karriere - entgegen zu streben.
Während Jean Balthazar die Einschätzung seines Trainers Pierre Castel bestätigte, er brauche noch einige Aufbaurennen, und völlig ausgepumpt nach hinten durchgereicht wurde, wollte sich Jamaïca Phédo mit der Niederlage partout nicht abfinden, und auch June witterte ein wenig Morgenluft.
Letztlich brachte Jéroboam d’Erable das Ding dann doch recht sicher 1½ Längen vor der beim Gruppe-Debüt rundweg überzeugenden Angreiferin unter Dach und Fach und wird mit 441.490 Euro als nächste Aufgabe den Prix Joseph Lafosse am 23. November in Angriff nehmen. Als erstes großes Winter-Ziel hat er am 15. Dezember den Prix Bilibili um 200.000 Euro für Satteltraber seiner Altersklasse vor Augen - mit der weiteren Option des Prix de Cornulier.
„Ich hab versucht, ihn früh etwas von Erics starker Jamaïca Phédo wegzubringen, denn zum Schluss ist er manchmal ein bisschen faul“, gestand Bonne und fuhr fort: „Er ist gemeinsam mit Vanishing Point einer der schnellsten Traber, die ich je geritten habe. Hoffen wir, dass es so bleibt.“
Prix Hervé Ceran-Maillard - Monté - (Gruppe II nat., fünfj. Hengste & Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 120.000 Euro
1. Jéroboam d‘Erable 10,8 Damien Bonne 18
5j. Fuchshengst von Prodigious a.d. Amiraute von Prince Gédé
Be / Zü: Ecurie du Haras d’Erable; Tr: Clément Thomain
2. Jamaïca Phédo 10,9 Eric Raffin 74
3. June 11,1 Mathieu Mottier 57
4. Jezabelle Bie 11,5 Paul-Philippe Ploquin 410
5. Joy For Us 11,7 Guillaume Martin 230
6. Jean Balthazar 12,2 Benjamin Rochard 45
Junon du Léard dis.r. Lilian Bertin 880
Jaguar du Goutier dis.r. François Lagadeuc 950
Jade du Cèdre dis.r. Alexis Collette 620
Sieg: 18; Richter: sicher 1½ - 2½ - 5½ - 2½ - 5 Längen; 9 liefen
Zw-Zeiten: 10,7/675m - 10,8/1175 - 10,5/1675m
Wert: 54.000 - 30.000 - 16.800 - 9.600 - 6.000 - 2.400 (- 1.200) Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2024-10-25/7500/7
In der letzten Quinté-Prüfung des Meetings, dem Prix Pierre van Troyen der Kategorie III um 80.000 Euro für einheimische Vier- und Fünfjährige, die keine 300.000 Euro reich waren, hatten die Wetter eine harte Nuss zu knacken.
Acht der 15 Kandidaten wurden zu Sieg-Odds bis 140:10 gehandelt, und eher zum Verlegenheits-Favorit wurde bei 28:10 der Gewinnreichste Jango Vici. Der bot über die geforderten 2.700 Metern eine starke Vorstellung fast permanent durch die Todesspur - und scheiterte als Dritter am blendend aufgelegten Jean-Michel Bazire.
Der ließ sich vom rumpeligen Start seiner Joumba de Guez kein Jota aus dem Konzept bringen, machte der mit grausamen Formen vorm Sulky und unterm Sattel antretenden Fuchsstute vor Publikum kräftig Beine und scheuchte sie kurz vorm Bogen von Joinville in Front.
Die Carat-Williams-Tochter bestätigte die erstklassigen Trainingsleistungen, die ihr der „Maître“ in seiner wöchentlichen Kolumne bescheinigt hatte, aufs I-Tüpfelchen und rettete sich gegen eine enorm speedige Kiara de Vandel in zeitgleichen 1:11,7 um einen „Hals“ zum siebten Sieg aus 29 Aufgaben an den Pfosten.
Das in zahlreichen Gruppe-Schlachten auch der höchsten Kategorie gestählte, 2018 geborene dritte Fohlen der 1,1-fachen Millionärin Quoumba de Guez ist damit bei 305.960 Euro angelangt. „Sie hatte schon ausgezeichnet gearbeitet und stellte sich heute perfekt vor. Ich hatte nur Mitte der Zielgeraden einige Bedenken, doch sie hat mit ihrem Mut dem Druck Kiara de Vandels standgehalten“, resümierte „JMB“.
Um 22.30 Uhr wurde mit dem Prix Bellona für 16 vierjährige Europäer, die keine 99.000 Euro gewonnen haben und nach 2.100 Metern mit Teilen der ausgelobten 46.000 Euro liebäugeln durften, das Vincenner Herbst-Buch zugeklappt.
Nach einem zurückgepfiffenen Versuch, bei dem Eric Raffin mit der springenden Kash Lady (2) die hinter ihm postierten Kousine Carisaie (10) und King Georges (11) behinderte, machte es die Favoritin im zweiten Anlauf besser, übernahm nach einem Kilometer das Kommando und wurde nur von dem für Fabrice Souloy aktiven Kamikaze du Campus abgefangen, der mit Benjamin Rochard beim fünften Sieg „lifetime“ mit 109:10 einen kräftigen Abschiedsgruß sendete.