Kleines Comeback und großer Abschied

Caen, Donnerstag, 16. März 2023. Fünf Tage nach dem Grand Prix Charles Desrousseaux in Le-Croisé-Laroche hatten „arme Reiche“ aller UET-Länder - solche, die seit dem 3. November 2022 weder 35.000 Euro noch seit dem 1. März ein Rennen gewonnen hatten -, die nächste Chance, in einem Course D an auf sieben Posten verteilte 35.000 Euro zu kommen.
Der Prix de Cauvicourt auf Frankreichs weitestem Rechtskurs von 1.954 Metern wurde mit dem Auto gestartet, war mit 16 Gespannen gut bestückt und bescherte den „turfistes“ neben dem Comeback von Etonnant die Abschiedsvorstellung eines Großen. Am 31. März hat das letzte Stündlein in Frankreich für die trabende Generation 2012 („C“) geschlagen. Die hat bis dahin nur noch eine Handvoll Gelegenheiten, ein wenig für die Rente draufzusatteln.
Die letzte Occasion war’s für den seit Jahren überwiegend in Belgien und Holland antretenden Cyriel d’Atom von Aimé de Graeve, der nach 166 Versuchen nebst 39 Volltreffern 504.611 Euro auf dem Buckel hatte, sowie für Ce Bello Romain. Jenes Juwel von Trainer und Besitzer Sylvain Gérard Dupont, dessen bedeutendste seiner 25 Siege jene im Kymi Grand Prix 2021 und im Critérium de Vitesse de Basse Normandie zu Argentan 2021 und 2022 waren.
Noch bemerkenswerter allerdings die Rückkehr Etonnants, der das designierte Winter-Ziel Prix d’Amérique wegen eines Lyme-Borreliose-Schubs hatte absagen müssen und, für den gesperrten Anthony Barrier zum zweiten Mal nach dem 23. Dezember 2018 mit Alexandre Abrivard liiert, einen neuen Anlauf ins Jahr 2023 wagte. „Er ist noch nicht bei hundert Prozent, wird aber sehr gut laufen“, hatte Berufs-Optimist Richard Westerink verkündet und dem Elitloppet-Sieger 2022 als Einzigem einen „grünen Smiley“ mit auf den 2.200 Meter kurzen Weg gegeben.
Die Botschaft nahmen die „turfistes“ für bare Münze, kürten den Timoko-Sohn zum 23:10-Favoriten und sollten Recht behalten. Einige nervliche Federn lassen mussten sie jedoch, bis der 21. Fisch für den Braunen am Haken hing. Seine sattsam bekannte Achillesferse ist der Start und die „2“ mit einer ganzen Corona am Hacken nicht gerade die ideale Ausgangslage.
Das Wettvolk hatte bei strahlendem Sonnenschein lange etwas von seinen Cracks: Es dauerte geschlagene 15 Minuten „overtime“ bzw. drei Versuche, bis der Hauptstarter endlich das Feld auf die Reise schickte. Gospel Pat (3) war da schon nicht mehr dabei, der nach Fehlversuch eins wegen Ungebärdigkeit heimgeschickt wurde. Bei Nummer zwei kamen sich Digne et Droit, Falcon d’Ourville und Impressionist schwer in die Quere.
Jedes Mal hatte Alex Abrivard Etonnant, der an Caen dank seiner Siege im Prix des Ducs de Normandie 2021 und 2022 allerbeste Erinnerungen hatte, elegant-dezent in die Partie geführt. Das gelang ihm zur Erleichterung seiner zitternden Fans auch ein drittes Mal, wenngleich nicht in vorderer Linie.
Während Duel du Gers (1) und Elvis du Vallon (5) überhaupt nicht zum Traben zu bewegen waren, rauschte Capital Mail (7) vor Dexter Chatho (4) ins Kommando, rochierte durch den ersten Bogen mit Digne et Droit (14) und ließ zu Beginn der Überseite den gleichfalls flink auf die Hufe findenden Ce Bello Romain (6) passieren. Damit war Etonnant seiner Lokomotive durch die Außenspur beraubt, was für den 2,1-fachen Millionario zunächst kein sonderliches Problem war. Peu à peu tastete sich Frankreichs Champion bei kerniger 1:12er Fahrt in vordere Gefilde vor.
Bis 150 Meter vorm Ziel durfte Dupont vom Abgang seines „schönen Römers“ durch die große Pforte träumen: „Wir haben alles auf diesen letzten Start ausgerichtet, ihn speziell darauf vorbereitet“, hatte er vorher verlauten lassen. Ganz hielt der Jam-Pridem-Sohn nicht Wort, sondern bewies vielmehr, warum er überhaupt in dieses Handicap gelangt war. Obwohl alles bestens für ihn lief und Etonnant in dritter Spur lange Zähne machte, vermochte er das Ding nicht nach Hause zu schaukeln.
Erst wuchtete Gabriele Gelormini seinen Schatten Capital Mail um eine Länge vorbei. Dann endlich fand Abrivard bei Etonnant den entscheidenden Gang, der es auf den letzten 30 Metern um die identische Marge besser konnte und zum Auftakt in eine gesundheitlich hoffentlich störungsfreie Spielzeit 15.750 Euro Reisegeld kassierte.
Ce Bello Romain verabschiedete sich mit Platz drei und 1.031.279 Euro von seiner Freundesschar, und auch Cyriel d’Atom nahm als ansehnlicher Fünfter noch 1.750 Euro mit nach Belgien, wo er seine Laufbahn noch ein Weilchen fortsetzen wird.
Prix de Cauvicourt (int.; Fünf- bis Elfj; keine 35.000 Euro seit dem 3. November 2022, kein Rennen seit 1. März 2023 gewonnen)
2200m Autostart, 35.000 Euro
1. Etonnant 10,7 Alexandre Abrivard 23
9j.br. Hengst von Timoko a.d. Migraine von Alligator
Be / Tr: Richard Westerink; Zü: Christian Guy Vigier
2. Capital Mail 10,8 Gabriele Gelormini 71
3. Ce Bello Romain 10,9 Mathieu Mottier 68
4. Dexter Chatho 11,1 François Lagadeuc 190
5. Cyriel d’Atom 11,4 Hanna Huygens 180
6. Digne et Droit 11,5 Yoann Lebourgeois 830
7. Galipette Pierji 12,0 Charles-Antoine Mary 1190
8. Flaubert Gédé 12,0 Alexis Collette 210
9. Flore de Janeiro 13,0 Franck Blandin 770
10. Girolamo 13,6 Antoine Lhérété 1390
11. Emir de Rebomard 14,0 Robin Lamy 1560
Impressionist dis.r. Louis Baudron 210
Falcon d‘Ourville dis.r. Benjamin Rochard 850
Elvis du Vallon dis.r. Eric Raffin 63
Duel du Gers dis.r. Matthieu Abrivard 180
Sieg: 27; Richter: sicher 1 - 1 - 2 - 3½ - Längen; 15 liefen (NS Gospel Pat / wegen Ungebärdigkeit)
Zw-Zeiten: 11,0/700m - 12,0/1200m - 11,5/1700m
Wert: 15.750 - 8.750 - 4.900 - 2.800 - 1.750 - 700 - 350 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2023-03-16/1400/1
Dritte Bronze für Charly
Auch im dritten Anlauf wurde es nichts mit dem ersten Sieg auf gallischem Boden für den nunmehr von Erik Bondo gecoachten österreichischen Derby-Sieger Charmy Charly AS. Im auf Anhieb aus zwei Bändern gestarteten Prix de Canapville (fünfj. Europäer, keine 200.000 Euro; 25m Zulage ab 100.000 Euro; 2450m; 35.000 Euro) kam der Charly-du-Noyer-Sohn blendend ab.
Bis weit in den Einlauf kontrollierte Gabriele Gelormini vor dem sofort in seinem Windschatten verschwundenen Cherry Top das Geschehen und wurde auf den finalen 800 Metern von Indro Park begleitet, der für die Gastgeber die Fahne zu retten schien. Jedenfalls zwang er zunächst Charmy Charly um eine Länge in die Knie. Einen deutlichen Zacken mehr hatte allerdings Cherry Top drauf, den Franck Nivard in all seiner Bierruhe erst in Spur drei zirkeln musste. Dort legte der von Vitale Ciotola trainierte Igor-Font-Sohn einen Endspurt vom Feinsten hin, der ihm 1½ Längen voraus in 1:12,8 Sieg und 15.750 Euro bescherte.
Der knapp zum 33:10-Favoriten erkorene „Charly“ bekam für seine dritte „Bronzemedaille“ (1:13,0) diesmal nur 4.900 Euro gutgeschrieben, nachdem in Vincennes zweimal - am 10. und 21. Februar - 7.140 Euro im Beutel geklingelt hatten.
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2023-03-16/1400/8