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„Jean-Mis“ gnadenloser Vollstrecker

Dorgos de Guez ringt Chica de Joudes nieder © canalturf.com
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Ohne Flagge

(nn) Rouen-Mauquenchy (für Vincennes), Freitag, 22. Mai 2020. Es gibt in der Corona-Krise fast nichts, was es nicht gibt, und Historiker wie Statistiker müssen sich anno 2020 auf einige Ungereimtheiten gefasst machen. Wegen des am 19. Mai veröffentlichten Regierungsdekrets, das die Öffnung der Rennbahnen auf diejenigen in der sogenannten „grünen Zone“ beschränkt, wurde der Rennkalender für die kommenden Tage neu gebastelt.

Zur roten Zone, in der wegen neu aufgeflammter Corona-Infektionen bis auf Widerruf keine Rennen stattfinden werden, zählen die Regionen Île-de-France (um den Großraum Paris mit Vincennes und Enghien), Hauts-de-France (im äußersten Nordwesten), Grand Est (Elsass, Lothringen, Ardennen) und Bourgogne-Franche-Comté (vom Großraum Paris bis zur Schweizer Grenze).

So wurde die „Réunion“ für den Freitagabend mit den Gruppe-Rennen Prix Ozo und Prix du Crépuscule kurzerhand von Vincennes nach Rouen-Mauquenchy verlegt. Dem arg gebeutelten französischen Pferderennsport stehen in den kommenden Wochen intensive Reisen innerhalb des Flickenteppichs der Möglichkeiten bevor - wenn er nicht gar wieder komplett eingestellt wird.

Bunter Fuchs auf Beutezug

Der Kurs von Mauquenchy ist mit 1300 Metern zwar wesentlich kleiner als die Grande Piste von Vincennes - es passen auch nur sieben Gespanne hinter den Startwagen -, doch wenigstens ging’s wie im Südosten von Paris linksherum. Mitreißender „Erwachsenensport“ wurde im mit dem Auto gestarteten Prix du Crépuscule um nur noch 70.000 statt wie „vor Corona“ geplanten 80.000 Euro von 13 ausschließlich in Frankreich geborenen „Europäern“ geboten, die in ihrer Laufbahn noch keine 700.000 Euro gewonnen hatten.

Von der „6“ fand Eridan am schnellsten auf die Beine, sah sich jedoch früh von Détroit Castelets bedrängt, der in der ersten Kurve das Kommando übernahm. Keinesfalls einbauen lassen wollte sich Alain Laurent mit Chica de Joudes (1), lancierte die Amérique-Vierte früh in den Windschatten des die äußere Linie anführenden Dorgos de Guez und schritt, als der nach 600 Metern den in dritter Spur drückenden Clif du Pommereux vorbeiließ, rigoros zur Tat. In der zweiten Biege schickte er Chica wuchtig in Front.

Auf der Gegengeraden wurde Express Jet in die Schlacht geworfen, und auch Elvis du Vallon machte sich ganz außen aus dem Hintertreffen allmählich auf den recht weiten Weg nach vorn. Eiskalt sah Alexandre Abrivard, den sich Jean-Michel Bazire mal wieder als begnadeten Vollstrecker für einen seiner Schützlinge ausgeguckt hatte, im nunmehr dritten Paar zu, wie Express Jet an Chica de Joudes sein Mütchen kühlte. Blitzte der „Jet“ ziemlich gründlich ab, so versah der Fuchs mit der mächtigen Blesse und den drei weißen Beinen seine Sache viel effektiver. Langsam, aber sicher knöpfte er der braven Chica Meter um Meter ab und streckte auf der Linie die rote, „unbecheckte“ Nase recht sicher um einen „Hals“ vorbei.

Für den Romcok-de-Guez-Sohn, der vor neun Tagen in Caen mit Nicolas Bazire mit vier Eisen ein unauffälliges Aufbaurennen bekommen hatte, war’s, nunmehr rundum ohne Eisen, der 22. Sieg aus 52. Starts und bei der vierten Aufgabe der erste mit Alexandre. Sein neuer Kontostand: 637.180 Euro. Für Platz drei musste sich Détroit Castelets erst hintenherum in Freiheit winden, wo er gut anfasste und den Favoriten-Einlauf komplettierte. Platz vier ging zunächst an Eridan, der seine große Szene 200 Meter vorm Ziel hatte, als er auf der von Chica de Joudes geöffneten Innenbahn prächtig Tritt fasste.

Das war jedoch nur ein Strohfeuer, das 120 Meter weiter erlosch - im Pass, wie den aufmerksamen Stewards nicht verborgen geblieben war, die ihn nach „Enquête“ im Nachgang disqualifizierte. So fiel die vierte Prämie an Elvis du Vallon, der mit Startreihe zwei ein zu großes Handicap zu verdauen hatte und in der rasanten Endphase nicht mehr viel Terrain wettmachen konnte. Verdientermaßen landete Express Jet für seine belebenden Aktivitäten auf dem für die Quinté-Wette wichtigen fünften Rang zwei Längen vor der stets im Hintertreffen lauernden Estola. 

Prix du Crépuscule (Gruppe III int., Fünf- bis Zehnj. keine 700.000 Euro)

2150m Autostart, 70.000 Euro

1.      Dorgos de Guez           11,8     Alexandre Abrivard           28                           

         7j. Fuchswallach von Romcok de Guez a.d. Lady Fromentro von Quito de Talonay

         Be / Zü: Ecurie Vautors (René Guezille); Tr: Jean-Michel Bazire

2.      Chica de Joudes     

3.      Détroit Castelets      

4.      Elvis du Vallon         

5.      Express Jet             

6.      Estola                         

7.      Clarck Sotho             

8.      Cobra Bleu               

9.      Clif du Pommereux  

10.    Atoll Danover           

11.    Bad Boy du Dollar     

12.    Caduceus des Baux  

         Eridan*                        

11,8     Alain Laurent                    

11,9     David Thomain                 

12,1     Charles Cuiller               

12,2     Pierre Vercruysse          

12,4     François Lecanu            

12,6     Guillaume Martin         

12,7     Bryan Coppens              

13,0     Matthieu Abrivard          

13,3     Gabriele Gelormini        

13,7     Franck Ouvrie               

13,7     Damien Bonne            

4.d.RL Eric Raffin                          

28

65

200

210

580

1000

830

200

880

1120

1580

95

*als Vierter wegen Passgangs ca. 80 Meter vorm Ziel disqualifiziert

Sieg: 28; Richter: sicher Hals - 1 - (2) - Hals - 1 - 2 Längen; 13 liefen

Zw-Zeiten: keine

Wert: 31.500 - 17.500 - 9.800 - 5.600 - 3.500 - 1.400 - 700 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-05-22/7500/3

Gleich noch mal mit Augenmaß

Die 2017 geborenen französischen Hengste hatten am Dienstag noch in Vincennes im Prix Kalmia um 85.000 Euro streiten dürfen. Ihre Passfrauen mussten für die identische „Knete“ des Prix Ozo 135 Kilometer nach Nordwesten ausweichen. Und so, wie Helgafell bei den Jungs seine exponierte Stellung im Jahrgang untermauert hatte, tat es ihm Havana d’Aurcy, die von Jean-Michel Bazire geformte Siegerin des Critérium des Jeunes, gleich. „Sie ist nach drei Monaten Pause sicher noch nicht in der Form des 16. Februar, hat aber sehr gut trainiert, ist einfach zu steuern - ich sehe keinen Grund, warum Alex mit ihr nicht gewinnen sollte“, verkündete „JMB“ - und sein Adept hielt sich punktgenau an die Vorlage.

havana_daurcy_prixozo

Havana d'Aurcy knapp, aber mehr als sicher vorn © letrot.com

„Never change a winning team“ - oder die siegbringende Taktik. Nach dieser Devise brachte der 26-jährige auch den bei 15:10 notierten Tipp des Tages im dritten Paar außen hinter Harvest Home und Hirondelle Sibey unter, während Habile Gédé und Hermine Sibey sich gleich zu Beginn im Galopp ausgeklinkt hatten und Havanaise vor Harley de Laumac, History Jiel und Halowie Renardière in recht gemütlichem Tempo um die zwei Runden führte. Das blieb so bis 800 Meter vor Schluss. Komplett einlullen ließ sich Abrivard nicht, schritt dort mit der Tochter zweier Gruppe-I-Sieger zur Tat und rauschte im Rush an seinen Vorderleuten vorbei auf den Parkplatz neben Havanaise.

Der hatte François-Pierre Bossuet viele Reserven aufsparen können, die dennoch gegen Havana d’Aurcy nicht reichten. Abrivard beließ es beim Vorteil einer halben Länge, ohne die Schwarzbraune auch nur einmal ernsthaft zu fordern. Siebenter Treffer aus elf Versuchen, das Konto auf 291.450 Euro ausgebaut - auch diese Aufgabe löste zur er Zufriedenheit des Meisters.

Havanaise gelang es endlich mal, einer guten Leistung eine weitere unmittelbar folgen zu lassen. Bisher hatte die ebenso talentierte wie wacklige Ricimer-Tochter regelmäßig ersten oder zweiten Plätzen eine rote Karte folgen lassen, was wenig Einfluss auf den Status der Jahrgangsprinzessin, wohl aber auf jenen ihres Kontos hatte: Es hätten weit mehr als jene 99.050 Euro sein können, die nun für sie zu Buche stehen. Drei Längen zurück schleppte Hirondelle Sibey den Rest ins Ziel.

„Ein höchst effektives Comeback ohne allzu große Anstrengungen für Havana. Alles lief wunderbar. Zum Schluss war sie eindeutig die Stärkste. Sie hat heute zweimal beim Zwischen- bzw. Endspurt toll beschleunigt und ist auf bestem Weg zum großen Ziel in einem Monat: dem Prix Albert Viel, bei dem es in der Gruppe I wieder gegen die Hengste geht“, resümierte „Alex“ kurz und bündig.

Prix Ozo (Gruppe II nat., dreij. Stuten)

2850m Bänderstart o.Z., 85.000 Euro

1.      Havana d’Aurcy            17,5     Alexandre Abrivard              15

         3j.schwbr. Stute von Royal Dream a.d. Avila von Ready Cash

         Zü / Be: Cyril Lelarge; Tr: Jean-Michel Bazire

2.      Havanaise               

3.      Hirondelle Sibey     

4.      Harley de Laumac    

5.      History Jiel              

6.      Hermine Girl          

7.      Harvest Home         

8.      Halowie Renardière    

         Habile Gédé               

         Hermine Sibey            

17,5     François-Pierre Bossuet    

17,8     Eric Raffin                           

17,8     Matthieu Abrivard              

17,9     David Thomain                  

18,0     Christophe Lebissonnais

18,2     Franck Nivard                       

18,2     Alexis Prat                        

dis.r.    Damien Bonne                  

dis.r.    Louis Baudouin                 

55

160

170

370

590

63

1140

540

680

Sieg: 15; leicht ½ - 3 - 1 - 1¼ -1 - 3 Längen; 10 liefen

Zw-Zeiten: keine

Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-05-22/7500/4

Für „Vincennes“ geht die Reise durch Frankreich im Übrigen munter weiter: Am Dienstag (26.) darf sich Jean-Michel Bazires Heimat Le Mans auf die „Kavellerie“ des Prix Victor Cavey (Monté der Gruppe II für fünfjährige Inländer) freuen, am Freitag (29.) wird das Monté des Prix Lavater (Gruppe II für Vierjährige) in Laval entschieden - stets vorausgesetzt, die Corona-Erkrankungen flammen nicht auch in diesen Regionen wieder auf.