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Goldener Abend für den Iceman

Der siebte Streich folgte noch: Örjan Kihlström © harnesslink.com
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Schweden

(nn) Solvalla, Mittwoch, 17. Juni 2020. Erstmals seit drei Wochen war Solvalla für die Ausspielung der V86-Wette zuständig - und das als Solist mit einem Menü, das kaum einen Wunsch offen ließ. Es war für fast jeden etwas dabei; allein in fünf Prüfungen warteten 100.000 Kronen auf den Sieger und Entsprechendes auf die übrigen Prämierten.

Den Vogel schoss der im Vorjahr ins Leben gerufene Prix Readly Express ab, der für 776.000 Kronen zehn schwedische Vierjährige lockte, von denen man sich in 3½ Monaten einige durchaus als Derby-Finalisten vorstellen kann.

„Världens bästa travbana“ hatte ihn zum krönenden Abschluss auserkoren, und er wurde tatsächlich zum Sahnehäubchen eines Glanztages, wie ihn selbst der mehr als 6.000 Siege schwere Örjan Kihlström in seiner Karriere selten erlebt hat. Mit Voraus-Favorit Don Fanucci Zet markierte er den siebten Treffer dieses denkwürdigen Abends, an dem er mit der Konkurrenz couragiert wie ein jugendlicher Haudrauf Schlitten fuhr, sechs der acht V86-Rennen auf seine Kappe brachte, den V86-Rekord Björn Goops aus dem Jahr 2012 egalisierte und nun erst mal ein bisschen Pause macht: „Das war absolut außergewöhnlich. Natürlich hatte ich im Vorfeld äußerst scharfe, hervorragend vorbereitete Waffen zur Hand, mit denen es einfacher ist zu gewinnen. Aber dass jeder Trumpf sticht - das ist sehr selten.“

Die gedemütigte Konkurrenz kann nach dieser Gala zwei Tage durchatmen und die Wunden lecken: „Jetzt fahr ich erst mal ins Häsingland und feiere Midsommar.“ Auf dem Hals hat sie „ÖK“ erst wieder am Samstag in Rättvik. „Nach dieser unglaublichen Serie wird wohl schon heute Abend bei Örjan eine kleinere Feier anstehen“, passte der Co-Moderator im ATG-Studio den Ball zu Stefan Hultman. „Denke ich auch“, feixte der einstige Chef der Travkompaniet-Pferde, der seinen Trainerberuf wegen einer unheilbaren Nerven-Muskel-Erkrankung vor ein paar Jahren aufgeben musste und Kihlström aus jahrelanger Teamarbeit aus dem Effeff kennt, „er ist da ganz Profi und wird sich vermutlich ein Glas Milch mehr als sonst genehmigen.“

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Don Fanucci Zet überragend © fv.se

Das Eigengewächs des Stalles Zet hat in rasender Eile eine unglaubliche Entwicklung genommen und ist zu einem kompletten, hochtourigen Rennpferd geworden: „Er ist schnell und kann auch sehr gut anfangen“, schrieb im Kihlström ins Stammbuch. Vor elf Monaten ins Renngeschäft eingestiegen, hat ihm Redén dreijährig jedwede größere Aufgabe erspart. Bedeutendster seiner lediglich sechs Auftritte war ein 60.000 SEK wertvoller Sieg in Färjestad. Der Sohn einer Pacer-Stute, deren Vater Western Terror einer der Top-Vererber der Passgeher-Fraktion ist, dankte es ihm mit einer Leistungsexplosion in dieser Saison.

Eine erste überdeutliche Marke setzte der Hard-Livin-Sprössling mit Sieg im Vor- und Platz zwei im Endlauf des Kungapokalen zu Åby. Da unterlag er Aetos Kronos knapp, der seit jenem 6. Mai pausiert hatte, wogegen „Don“ am 30. Mai in Solvalla uneingeschränkter Herr des Klass-II-Final-Verfahrens war und Velten Limelight nicht den Hauch einer Chance ließ. Voller Vertrauen gingen die Wetter bei 17:10 mit dem „Iceman“ - und sollten Recht behalten. Aetos Kronos (2) und Zola Key (1) hatten nicht den Hauch einer Chance, gegen den von der „3“ losknatternden Hengst um die Spitze mitzuhalten. Aetos blieb nur die Todeslage.

Früh hatte Jorma Kontio das Handicap der zweiten Startreihe ausgebügelt und Green Manalishi (9), den zwei- und dreijährig in Nordamerika von Marcus Melander zu famosen Erfolgen gecoachten einstmals teuersten schwedischen Traber-Jährling aller Zeiten, direkt in dessen Windschatten verstaut. Dahinter schauten die Pärchen Surf’n Turf/Ultion Face, Rally Hans/Marvellous Tooma und Galantis/Expensive dem Treiben der Favoriten zu, das nach 1500 Metern des Abtastens in eine neue Dimension einschwenkte. 1:08,3 lautete die Zwischenzeit für die finalen 500 Meter (ergab 1:09,2 für die zweite Runde).

Kihlström ließ sie alle aufmarschieren - Green Manalishi wetzte mittlerweile in dritter Schlussbogenspur sein Messer - und hielt die Fäden eisern in der Hand. Wie zwei Runden zuvor in der Startphase spritzte Don Fanucci Zet ein zweites Mal kraftvoll davon und nahm den Angreifern resolut den Wind aus den Segeln. Zwei Längen voraus war der achte Handstreich perfekt, womit der „Schutzgelderpresser“ aus Mario Puzos Mafia-Saga „Der Pate“ bei lediglich zwölf Auftritten 1.463.000 Kronen eingesackt hat.

Der zähe Aetos Kronos (von Bold Eagle) hielt genauso sicher Rang zwei vor Green Manalishi (von Muscle Hill), der einige Mühe hatte, Goops streng innen gehaltenen Zola-Boko-Nachwuchs Zola Key auf Platz vier zu verweisen. Im Stall Redén hofft man nun, es dem Vorjahrssieger gleich zu tun: Attraversiamo hat 2½ Monate später auch das Svensk Trav-Derby gewonnen.

Prix Readly Express (nat., Vierjährige)

2140m Autostart, 776.000 SEK

1.      Don Fanucci Zet           11,8     Örjan Kihlström                 17                           

         4j.dklbr. Hengst von Hard Livin a.d. Kissed by the West von Western Terror

         Be: Stall Zet; Zü: Brixton Medical AB; Tr: Daniel Redén

2.      Aetos Kronos                 12,0     Johan Untersteiner           37

3.      Green Manalishi           12,1     Jorma Kontio                     49

4.      Zola Key                         12,1     Björn Goop                       362

5.      Ultion Face                    12,2     Adrian Kolgjini                 498

6.      Marvellous Tooma       12,2     Ulf Ohlsson                      171

7.      Galantis                          12,4     Erik Adielsson               1388

8.      Surf’n Turf                      12,5     Torbjörn Jansson            814

9.      Expensive                      12,6     Mika Forss                        910

10.    Rally Hans                     12,6     Rikard Skoglund             721

Sieg: 17; Richter: leicht 1½ - 1 - ½ - 1 Hals; 10 liefen

Zw-Zeiten: 12,6/500m - 14,3/1000m - 13,3/1500m - 08,3/letzte 500m

Wert: 400.000 - 200.000 - 92.000 - 42.000 - 22.000 - 12.000 - 8.000 SEK

Rotkäppchen mit „Ausgucken“

Los ging’s mit den hochpreisigen Aufgaben im Icelands Lopp für Fünfjährige, der im Untertitel als „Första Jubileumstest“ auf das Millionending deutet, das auf den Jahrgang 2015 in zwei Monaten wartet: Solvallas Jubileumspokalen, den sich die Piste im Nordwesten Stockholms 1977 zum 50. Geburtstag spendiert hat. Nach dem ruinösen Startfehler ihres vermeintlich härtesten Stolpersteins Inti Boko schoss Conrads Rödluva unblutig in Front und schob dort vor Zio Tom Jet und dem nach einem Aussetzer beim Anrollen des Startautos noch einmal Anschluss findenden Lawmaker eine bei 1:15er Fahrt recht gemütliche Kugel. Außen produzierte sich Marc Elias mit Ferrari Sisu, dem Evaluate und Forfantone Am auf den Fersen waren.

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Es wurde noch eng für Conrads Rödluva © sulkysport.se

Noch im Schlussbogen saß Örjan Kihlström mit platzender Leine hinter seinem „Rotkäppchen“, während Elias beim Derby-Zweiten bereits nachfasste und sich mehr mit dem in dritter Spur anrückenden Evaluate denn mit der SJ‘s-Caviar-Tochter schien beschäftigen zu müssen. Es wurde jedoch noch mal spannend, denn so konsequent, wie Ferrari Sisu das Gebiss noch einmal zwischen die Zähne nahm, hielt bei Conrads Rödluva der Schlendrian Einzug.

Der 17. wurde dann doch nur ein „Kopf“-Sieg der nunmehr 10.195.500 Kronen reichen kernig-trockenen Stute, die bei ihren Erfolgen in Trav-Oaks und Breeders‘ Crown (2018 & 2019) den Großteil ihrer Gage gescheffelt hat. „Sie war so gut wie immer, tat nicht mehr als unbedingt nötig und blieb ganz sicher voraus“, bestätigte Kihlström den äußeren Eindruck.

Icelands Lopp -första Jubileumstest - (int., Fünfjährige)

2140m Autostart, 197.000 SEK

1.      Conrads Rödluva         13,4     Örjan Kihlström                 16                           

         4j. Fuchsstute von SJ‘s-Caviar a.d. Moviestar von Juliano Star

         Be: Stall Zet; Zü: Ove Conradsson & Mitz.; Tr: Daniel Redén

2.      Ferrari Sisu                    13,5     Marc Elias                        238

3.      Zio Tom Jet                    13,6     Johan Untersteiner         498

4.      Evaluate                         13,6     Björn Goop                       278

5.      Forfantone Am              13,6     Torbjörn Jansson            199

6.      Lawmaker                      13,7g  Hans Eriksson                 190

7.      Inti Boko                         dis.r.    Mika Forss                          28

Sieg: 16; Richter: sicher Kopf - 1½ - ½ - Hals - 1½ Längen; 7 liefen

Zw-Zeiten: 13,8/500m - 15,8/1000m - 15,7/1500m - 07,7/letzte 500m

Wert: 100.000 - 50.000 - 25.000 - 13.500 - 8.500 SEK

Nach identischem Rezept, aber am Ende sehr viel entspannter schnappte sich der „Iceman“ unmittelbar darauf den Coccinelles Lopp für dreijährige Schweden-Stuten bis 150.000 Kronen Gewinnsumme. Diesmal war Roger Walmann sein „Brötchengeber“, der ihm die nobel gezüchtete You Could Be Mine perfekt vorbereitet hatte. Die Tochter von Hambletonian-Sieger Trixton und Euro-Millionärin Linda di Casei wehrte die anfängliche Attacke von Crashed Eggs (von Readly Express) ebenso sicher ab wie den gut getimten Versuch Saonois (von Triton Sund), die sich ab 700 Meter vorm Ziel mutig durch die dritte Spur tankte und nicht locker ließ, bis der Ehrenplatz sicher unter Dach und Fach war.

Auf die nunmehr bei vier Starts je zweimal mit „Gold“ und „Silber“ dekorierte You Could Be Mine, deren Einkommen auf 180.000 Kronen sprang und die mit 1:15,4 ihren Rekord um 2,1 Sekunden verbesserte, fehlten ihr zwei Längen.

Waren im Coccinelles Lopp elf Ladys unter Order, so nahmen den identisch ausgeschriebenen Rikitikitavis Lopp fürs 2017 geborene starke Geschlecht nur fünf Kandidaten wahr. Warum soll man eine erfolgreiche Taktik ändern, dachte sich Kihlström, scheuchte Mister Herkules von der „5“ ohne große Widerworte des Rests in Front - und dort machte der Trixton-Sohn seinem Namen fortan alle Ehre. Zeitig zog Adrian Kolgjinis Co-Favorit Titan Yoda mit Conrad Lugauers Under Armour, der beim verhaltenen Beginn nur mäßig „unter Waffen“ stand, im Schlepptau an die Flanke des Herkules, dem das nur ein aufmerksames Lächeln entlockte.

Erneut hatte „ÖK“ die Kräfte seines Schützlings und jene der Anderen perfekt abgeschätzt und zog kraftvoll auf zwei Längen von einem kämpfenden Trio weg, von dem sich aus seinem Windschatten Kurri Jari Boko haarscharf zum Ehrenplatz vor Titan Yoda und Under Armour (13.500 SEK; alle 1:13,5) raufte. Des von Daniel Redén vorbereiteten Siegers Weste blieb blütenweiß: Drei Starts, drei Siege, 180.000 SEK und einen neuen Rekord von 1:13,2/2140m weist sein Fahrtenbuch nun aus. „Ein Riesentalent, das hoffentlich frisch, munter und gesund bleibt und sich weiterentwickelt. Noch weiß er gar nicht so recht, was von ihm verlangt wird, und spielt unterwegs viel mit den Ohren“, hofft Kihlström auf ein weiteres echtes Juwel.

Im Itaka Sunds Lopp für Stuten aller Alters- und Gewinnklasse hatten die drei Reichen über 1640 Meter 20 Meter auf die vorderen Zehn wettzumachen und scheiterten allesamt. I Love Paris versäumte sich am Start, Hevin Boko sprang nach rasantem Zwischenspurt als Dritte im Schlussbogen, und Flaming Race Sisu hatte im Mittelfeld nie eine Szene.

Von der „6“ bekam Thorsten Tietz‘ Avena Jet die Drehungen blendend hin, schmetterte vor Cactus ins Kommando und sah bis 50 Meter vorm Ziel wie die sichere Siegerin aus. Dann zog mal wieder der in Überform agierende Kihlström alle Register und schüttelte Cactus in für ihn ungewöhnlich resoluter Manier zusammen. Die Cantab-Hall-Tochter streckte sich willig, ließ Avena Jet um eine Länge links liegen und strich für 1:12,5/1640m 100 „Mille“ ein. Die von Kim Eriksson gesteuerte Maharajah-Tochter war eine Zehntelsekunde langsamer und bekam die Hälfte - ihr größter Posten in dieser Saison, die für die Vierjährige bislang durchwachsen gelaufen war.

Zehn Prozent mehr als diese Jahrgangs- oder Stutenrennen war die Klass II wert, und auch die klinkte sich der unersättliche 57jährige, der in der 2. Prüfung mit Heloise Am (für Roger Walmann) gründlich Maß genommen hatte, mit Phoenix Photo für Svante Ericsson haarscharf vor dem rasant aufkommenden Tinten ein.