Frode Hamre - als Übungsleiter ein Ass

Oslo-Bjerke, Sonntag, 11. September 2022. Das Norsk Travderby für die „Warmblüter“, in diesem Jahrtausend fast zur Dauerkarte der Familie Gundersen geworden - Vater Geir Vegard hatte das Blaue Band mit Jetstile (2005), Tinita Love (2007), Support Justice, Viking Va Bene, Glen Ord Superb (2013 bis 2015) und Max Brady (2019) als Fahrer und Trainer gewonnen sowie 2018, 2020 und 2021 Gretzky B.R., Iggy B.R. und Kræsj für seinen Filius Magnus Teien perfekt vorbereitet -, ging diesmal nicht an das in Oslo-Bjerke lizenzierte Vater-Sohn-Gespann.
Das musste sich im chronologisch letzten der nordischen Derbys mit dem Ehrenplatz bescheiden, was gut genug war, denn ihr einziger Starter bekleidete nach einem dritten Rang in den am 26. August ausgetragenen Vorläufen bei 241:10 nur die Rolle eines Außenseiters.
Umso besser flutschte es für den 58-jährigen Frode Hamre, der mit Code Young, Charleston Volo, Thai Greenwich und Calhoun vier Rösser ins Finale gebracht hatte, die die Ränge eins, drei, vier und zwölf belegten und mit 1.460.000 Kronen ordentlich Geld in die Stallkasse spülten. Überhaupt hatte Hamre seine Truppe prächtig in Schuss und zeichnete als Trainer für fünf der zwölf Tagessieger verantwortlich, wobei er mit Tipsy Bartender in der Abschlussprüfung den „billigsten“ selbst steuerte.
Er hatte sich für Vorlauf-Crack Calhoun entschieden und Charleston Volo wie im Qualifier, bei dem jener außen herum The Pirate nicht zu packen bekommen hatte, Åsbjörn Tengsareid überlassen. Diesmal lief es wesentlich besser für den vorab mit 879.190 NKR bei weitem gewinnreichsten der zwölf Kombattanten, der von der „5“ alles auf die Karte des frühen Marschierens setzte und ab dem ersten Bogen vor Mighty Boy und Calhoun die Schlagzahl vorgab.
Das fiel ihm umso leichter, weil der „Pirat“ (3) beim Anrollen des Startwagens aus dem Rhythmus geriet, die 2.600 Meter mit großem Rückstand in Angriff nahm und nach einer verbummelten ersten Runde nur noch mal den Kontakt herzustellen vermochte. Nach 600 Metern hatte sich auch der Zug auf „Gleis zwei“ zusammengestellt, den Alegrito vor Calhoun, Amazing Justice, Thai Greenwich und Wulcan Laylock anführte.
Nach zwei Runden hatte Calhoun genug, wodurch Amazing Justice früher als gedacht aus der Deckung musste und durch die letzte Biege tapfer durch Spur drei stiefelte. Dann hatte auch Alegrito nichts Fröhliches mehr auf Lager, womit Charleston Volo und Amazing Justice, ein Sohn des 2013er Siegers Support Justice, das Blaue Band unter sich ausfochten.
Trotz des anspruchsloseren Verlaufs fiel es Charleston Volo nicht ganz leicht, die runde Million Kronen nach Hause zu schaukeln, denn der Gundersen-Trainee erwies sich als extrem hartnäckiger Widersacher, der sich nur um eine Dreiviertellänge geschlagen gab. Deutlicher war der Abstand, mit dem Code Young die Ehre der Vorlaufsieger rettete und sich den dritten Scheck vor Thai Greenwich angelte.
Der sechste Erfolg des rein amerikanisch gezüchteten Charleston Volo, der heuer bereits als Sieger des Jarlsberg Grand Prix von sich reden gemacht hatte, ließ sein Konto auf 1.879.190 Kronen klettern und bedeutete zugleich den ersten Triumph in einem „warmblütigen“ Derby für den 47-jährigen Tengsareid. Der war dementsprechend happy: „Ein großartiges Pferd, das auf den Punkt genau perfekt funktionierte. Davon träumt man: mit einem Klassepferd im Derby vorneweg alles selbst bestimmen zu können.“
Frode Hamre, der das Blaue Band als Fahrer 2006 mit Mystical News und 2016 mit El Diablo B.R. gewonnen hat und dem erfolgreichsten Jahr seiner Trainerlaufbahn entgegen sieht, ergänzte: „Das ist einer der bedeutendsten Siege, die wir je errungen haben. Ich habe ihm das schon seit einem Jahr zugetraut. Der Vorlauf war schwer und hart, und da war er nicht ganz so stark, wie wir gedacht hatten. Wir haben ihn seither mit ein paar zügigen Intervallen trainiert, was ihm den entscheidenden Schliff gegeben haben dürfte.“
91. Norsk Travderby (Gruppe I nat., Vierjährige)
2600m Autostart, 2.185.000 NKR
1. Charleston Volo 14,0 Åsbjörn Tengsareid 31
4j.br. Hengst von Classic Photo a.d. South Carolina von Yankee Glide
Be: Flaata Stable AS; Zü: Stall Volo (Jörgen Jahre); Tr: Frode Hamre
2. Amazing Justice 14,0 Magnus Teien Gundersen 241
3. Code Young* 14,2 Frode Hamre 94
4. Thai Greenwich 14,3 Vidar Hop 134
5. Lucca 14,5 Eirik Höltomt 267
6. Filly’s Fighter 14,5 Marius Höltomt 1278
7. Alegrito* 14,6 Lars Anvar Kolle 29
8. Thunderball S.F. 14,8 Erlend Rennesvik 1362
9. Wulcan Laylock 15,0 Per Oleg Midtfjeld 1079
10. Mighty Boy 15,1 Tom Erik Solberg 228
11. The Pirate* 15,1g Dag Sveinung Dalen 62
12. Calhoun 16,6 Svein Ove Wassberg 359
*Vorlaufsieger am 24. August
Sieg: 31; Richter: sicher ¾ - 2½ - 1 - 1½ - 1 - 1 - 2½ Längen; 12 liefen
Zw-Zeiten: 11,3/500m - 15,2/1000m - 14,5/2000m - 13,0/letzte 500m
Wert: 1.000.000 - 500.000 - 280.000 - 175.000 - 125.000 - 75.000 und sechsmal 5.000 NKR
Video: https://www.youtube.com/watch?v=AMuGA38MU8k
Vorneweg zum Kriterium-Sieg
Beim vierten Start die erste Niederlage kassierte im Norsk Travkriterium Petho, der am 26. August den mit 1:14,2 zügigsten der drei Vorläufe gewonnen hatte. Entscheidend war, dass Rockstile R. (4) und Thai Michigan (5) wesentlich wuchtiger vom Start rockten als der von Åsbjörn Tengsareid sofort in Spur zwei dirigierte 24:10-Favorit.
Als eingangs der Überseite Thai Ohio galoppierte, musste Tengsareid in Spur drei ausweichen, machte aus der Not eine Tugend und tauchte nach 700 Metern an der Flanke Thai Michigans auf, mit dem Lars Anvar Kolle sich mittlerweile an die Spitze gesetzt hatte. Auf den finalen 400 Metern, auf denen keiner der übrigen Konkurrenten mehr etwas zu melden hatte, focht er sich mit Frode Hamres zweiter Waffe kräftig einen aus.
So sehr der Sohn des Europa-Fighters Propulsion, der im Frühjahr einen Sehnenschaden erlitten hatte und erst im Juli ins Renngeschehen eingestiegen war, sich auch ins Zeug legte - Thai Michigan, der bei all seinen fünf Starts aufs Treppchen geklettert war, war für seinen dritten Volltreffer nicht zu erschüttern und hielt eine Dreiviertellänge Vorsprung eisern fest.
„Dank an Frode, der Thai Michigan so toll in Schuss gebracht hat. Ich hab das Kriterium schon 2001 mit Millmaker gewonnen, aber dieser Sieg ist noch schöner: Meine Tochter hat den Hengst als Jährling erworben und ihn von klein auf vorbereitet.“
Norsk Travkriterium (Gruppe I nat., Dreijährige)
2100m Autostart, 1.685.000 NKR
1. Thai Michigan 14,5 Lars Anvar Kolle 59
3j.schwbr. Hengst von Broadway Hall a.d. Personal Hanover von Yankee Glide
Be: Helene Kolle; Zü: Thaihester Egersund AS; Tr: Frode Hamre
2. Petho* 14,6 Åsbjörn Tengsareid 24
3. Rockstile R. 15,0 Tom Erik Solberg 275
4. I.D. Forecast* 15,1 Kristian Malmin 58
5. M.H. Harderthancash 15,1 Gunnar Austevoll 435
6. Thai Kansas 15,2 Bo Westergaard 162
7. M.H. Hot Cash 15,3 Amanda Robertson 316
8. Painted Genius 15,3 Nicklas Korfitsen 830
9. Cresco H. 15,9 Eirik Höitomt 216
10. Thai Mississippi* 17,2g Per Oleg Midtfjeld 66
Thai Ohio dis.r. Frode Hamre 375
Jonathan Star dis.r. Erlend Rennesvik 261
*Vorlaufsieger am 26. August
Sieg: 59; Richter: sicher ¾ - 4 - 1½ - Kopf - ½ - ½ - k.Kopf; 12 liefen
Zw-Zeiten: 11,5/500m - 15,2/1000m - 11,6/letzte 500m
Wert: 750.000 - 375.000 - 225.000 - 150.000 - 100.000 - 65.000; viermal 5.000 NKR
Kaltblutkönig Öystein Tjomsland
Bei den Dicken mit den Wuschelmähnen und den Kötenzöpfen war wie seit Jahren das Quartier von Öystein Tjomsland, der in Norwegen einen ähnlichen Status als Kaltblut-Papst einnimmt wie in Schweden „Järvsöfaks-Vater“ Jan-Olov Persson, das Maß aller Dinge.
Im Kriterium für die Dreijährigen hatte der in Sörlandet lizenzierte 51jährige mit dem auch beim sechsten Auftritt „lifetime“ unschlagbaren falb- oder birkfarbenen Brenne Borken vorneweg die Fäden in der Hand und zog den Vidar Hop anvertrauten Bore Mikkel aus seinem Windschatten zum Ehrenplatz. Mit 750.000 der insgesamt ausgelobten 1.110.000 NKR ging der Löwenanteil in Tjomslands Stall; Brenne Borkens Konto machte einen 500.000-NKR-Sprung auf 674.000 NKR.
Mit sechs Kandidaten stellte Tjomsland im Kallblod-Derby gar die Hälfte des Feldes. Diesmal war Tom Erik Solberg der gnadenlose Vollstrecker, der Tangen Minto nach 600 der 2.640 Meter vor den ebenfalls von Tjomsland trainierten Holter Odin und Tangen Ove auf der Kommandobrücke installierte. Als nach einer Runde Smedheim Braut auf dem Todessitz Trö Kasper ablöste, stammte das Spitzenquintett vollständig aus seinem Stall.
Zum Royal Flush sollte es nicht ganz reichen. Zwar regierte Tangen Minto unantastbar und schlug zwei Längen vor Smedheim Braute an, der mit Öystein Tjomsland dem von Vidar Tjomsland gesteuerten Holter Odin knapp das Nachsehen gab, womit 1.350.000 der 1.675.000 NKR schon mal in seinem Quartier landeten. Danach wagten allerdings die nicht zu seiner Equipe gehörenden Fyri und Reime Blesen, in die Phalanx einzubrechen.
Schillernde Figur bei den „Marathonians“
Der in Deutschland von Bernard Johnston gezüchtete und im Vorjahr nach Norwegen verkaufte Velten Swarovski entpuppte sich im Per Ulvens Äreslopp über die Grunddistanz von 3.100 Metern trotz eines Marschs zum Teil durch die Todesspur als Typ mit dem längsten Atem.
Der sechsjährige SJ’s-Caviar-Sohn setzte sich mit seinem Besitzer Kim Pedersen nach für ihn 3.140 Metern leicht auf vier Längen von der bei 3.120 Metern loslegenden und rasch die Führung an sich reißenden Electrique A. ab. Die ausgiebige Arbeit wurde mit 100.000 NKR belohnt - dem größten Batzen, den Velten Swarovski in seiner 26 Läufe umfassenden Karriere, die sich in Deutschland, den Niederlanden, Schweden und Norwegen abgespielt hat, je eingestrichen hat. Nach acht Volltreffern steht das Konto des Wallachs nunmehr bei 481.761 Kronen.
Scharfe uralte Kanone
Mit knallharten Bandagen ging’s auf der Startgeraden des 2.100 Meter langen Karsten Buers Æreslöp für die „Internationalen“ zur Sache. Nichts gelernt aus dem vergaloppierten Auftritt im Sundsvall Open Trot vor 15 Tagen hatte Kim Eriksson, dem Best Ofdream Trio dort im Kampf um die Spitze gesprungen war. Von der „7“ versuchte er erneut, mit dem Nad-Al-Sheba-Sohn auf Biegen und Brechen ins Kommando zu kommen, was der Italiener nach 200 Metern in fünfter Spur mit einem kapitalen Aussetzer quittierte und sich damit als 20:10-Favorit das Match aus unendlicher Ferne zu Gemüte führen musste.
Erster Leader war Custom Cheval (4) vor Gigant Invalley, der gegenüber vom blendend losstiefelnden Blé du Gers (5) und Cicero T.G. (6) unter Druck gesetzt wurde. Im zweiten Bogen übernahm Per Oleg Midtfjeld mit dem unverwüstlichen Franzosen, der seinen 117. Start absolvierte, das Kommando und verbannte damit den Co-Favoriten auf den Todessitz, was dieser eine Runde weiter mit dem totalen Rückzug quittierte.
Wer gedacht hatte, die anfängliche Hetzjagd hätte auch dem einstigen Bazire- und jetzigen Hamre-Schützling den Zahn gezogen, irrte sich gründlich: Wie ein junger Haudrauf legte der zweifache Oslo-Grand-Prix-Sieger zwei Schippen drauf und war dann mal weg.
Drei Längen hinter dem bei 116:10 sträflich übersehenen Quinoa-du-Gers-Sohn holte sich Type A. aus dem zweiten Paar außen „Silber“ vor Gigant Invalley. 100.000 NKR waren der verdiente, für den alten Haudegen bei 13 Millionen NKR allerdings nicht übermäßig üppige Lohn für den 35. Sieg, der in 1:11,6 geritzt war.
V75-1 (KB-Krit.): Brenne Borken / Öystein Tjomsland 13
V75-2 (Sprint): Robertson / Lars Anvar Kolle 67
V75-3 (Trav-Krit.): Thai Michigan / Lars Anvar Kolle 59
V75-4 (Stayer): Velten Swarovski / Erlend Rennesvik 195
V75-5 (KB-Derby): Tangen Minto / Tom Erik Solberg 16
V75-6 (Int.): Blé du Gers / Per Oleg Midtfjeld 116
V75-7 (Derby): Charleston Volo / Åsbjörn Tengsareid 31
Umsatz V75: 19.273.785 SEK
1. Rang: 302,4 Systeme à 16.570 SEK
2. Rang: 161 SEK
3. Rang: 18 SEK
Umsatz Top-7 (KB-Derby): 388.900 SEK