Die Nacht des Åke Svanstedt

Anderson / Indiana, Samstag, 28. Oktober 2023. Die zweite Session der diesjährigen Breeders-Crown-Saga auf dem 1.406 Meter weiten Oval des Hoosier Park von Andersen war den dreijährigen und älteren Recken vorbehalten.
Jiggy Jog mit der zweiten Krone
Mit der „billigsten“ der hintereinander weg als 8. bis 15. Rennen von 20.46 bis 23.51 Uhr Ortszeit (!) vergebenen acht Züchterkronen begann der Geldregen für die älteren Traber-Stuten. 400.000 Dollar gab’s - politisch korrekt und gleiches Recht für alle - auch für ihre passgehenden Kolleginnen.
Das erste deutliche Zeichen blieb Åke Svanstedt vorbehalten, dessen wie üblich von Dexter Dunn gesteuerte Jiggy Jog sich mit dem siebenten Saisonsieg aus zehn Versuchen - hinzu kommen drei Ehrenplätze - auf eine Jahresgage von 950.986 USD steigerte. Es war jedoch kein gar so leichtes Stück Arbeit für die 11:10-Favoritin, bis sie in 1:09,1 die Nachfolge Bella Bellinis antreten durfte und sich nach der Breeder’s Crown der dreijährigen Ladys 2022 zum zweiten Mal krönen lassen konnte.
Für Dunn war’s sogar der vierte Titel im „Mares Trot“ in den letzten fünf Jahren. „Manchego, Bella Bellini und jetzt diese Stute - ich bin so happy, hinter ihnen sitzen zu dürfen. Sie sind echte Championessen, die allesamt große Jobs für mich erledigt haben“, strahlte der 34-jährige Neuseeländer, der seit 2019 die nordamerikanische Fahrerszene aufmischt, nach dem 17. Sieg „lifetime“ aus 34 Auftritten der 2019 in Schweden geborenen Braunen, die ihrem Eigner Jörgen Sparredal 2.078.779 Dollar eingetrabt hat.
Von der „1“ kam die Walner-Tochter lediglich als Vierte ab. Mit mächtigem Flügelschlag brauste Raised by Lindy von der äußersten Position „9“ in Front vor Refined (4), die ihr das Kommando ausgangs der ersten Kurve abluchste, und M-m’s Dream (3), die nach 600 Metern auf dem Regiestuhl folgte. Das war das Zeichen für Dunn, Jiggy Jog in Marsch zu setzen, die an der Dreiviertelmeilen-Marke an der Flanke der großen Gegenspielerin aufkreuzte.
Bis Mitte der Zielgeraden hatte Jiggy Jog 2½ Längen Vorteil herausgeholt, und der Triumph schien in knochentrockenen Tüchern. Doch so leicht ließ sich M-m’s Dream, deren Jahreseinkünfte auch jenseits der halben Million Dollar lagen, nicht abspeisen. Die von Ron Burke trainierte Swan-for-All-Tochter, die als „Indiana-bred“ ein Heimspiel hatte, kam mit der zweiten Luft gewaltig zurück und bis auf eine halbe Länge an Jiggy Jog heran, die Dunn sicherheitshalber kurz aufmunterte.
„Die Beiden haben ja schon des Öfteren die Klingen gekreuzt, meist mit dem besseren Ende für meine Stute. Doch ich weiß, wie hart und tapfer M-m’s Dream ist und immer noch was in petto hat, selbst wenn sie geschlagen scheint. Aber letztlich war’s doch eine sichere Sache“, fasste Dunn seine Eindrücke zusammen.
Breeders Crown - Trot - (Stuten ab vierjährig)
1609m Autostart, 400.000 USD
1. Jiggy Jog* 09,1 Dexter Dunn 11
4j.br. Stute von Walner a.d. Hot Mess Hanover von Cantab Hall
Be: Jörgen Sparredal, SE; Zü: Vestmarka AB, SE; Tr: Åke Svanstedt
2. M-m’s Dream 09,1 David Miller 55
3. HP Mama B 09,9 Louis-Philippe Roy 875
4. Warrawee Xenia 09,9 Tim Tetrick 390
5. Refined* 10,1 Douglas McNair 106
6. Adare Castle 10,2 James Macdonald 923
7. Ghostintheshell 10,4 Peter Wrenn 2547
8. Raised by Lindy 10,7 Scott Zeron 573
9. Herculisa 12,6 Yannick Gingras 871
10. Weslynn Quest dis.r. Andy Miller 2396
*Vorlaufsiegerinnen
Sieg: 11; Richter: sicher ½ - 5¼ - ¾ - 1½ - ¾ - 1½ - 2¾ - 14¾ Längen; 10 liefen
Wert: 200.000 - 100.000 - 48.000 - 32.000 - 20.000 USD
„Eikis“ Doppelschlag
Weil’s mit Jiggy Jog so viel Spaß gemacht hatte, legte Team Svanstedt bei den dreijährigen Traberstuten, die als nächste dran waren, gleich das nächste Hölzchen an - diesmal in doppelter Ausfertigung. Bereits die beiden Vorläufe vor einer Woche hatten die beiden Svanstedt-Girls Bond und Special Way leicht und locker auf ihre Kappe gebracht und bestätigten den vorzüglichen Eindruck in einem stallinternen Duell weit vor dem völlig überforderten Rest.
Rose Run Yolanda war von der „4“ vor Bond (2) am zügigsten flott, hinter der Doug McNair wenig gentlemanlike Baroness Hill (5) vor Special Way (1) in die Innenspur quetschte. Zum Glück überstand die Walner-Tochter diese haarige Situation, ohne aus dem Strich zu kommen. Nach 500 Metern gab’s ein resolutes „Go“ von Svanstedt, und Bond flog im Nu an die Spitze, was wiederum Tim Tetrick auf den Plan rief. Natürlich ließ „Kung Åke“ die Trainingsgefährtin nicht außen verhungern; nach 900 Metern nahm die bei sieben Saisonauftritten nur zweimal bezwungene Special Way das Zepter in die Hand.
Bis 300 Meter vorm Pfosten hielt es Åke Svanstedt im Windschatten, doch wollte der Schwede diesmal die Ehrung selbst erleben. Sein „Bond-Girl“ spielte prächtig mit, zwang ihre Stablemate um eine halbe Länge in die Knie und wurde damit Nachfolgerin von Jiggy Jog auf der Adels-Liste. „Ich kenne ja beide Stuten gut genug. Diese Taktik war die einzig mögliche, Special Way zu schlagen. Bis jetzt kann ich über die Breeder’s Crown nicht klagen (dies war bereits die dritte Crown für den schwedischen Exilanten/Anm.d.Red.). Ich hatte nie so viele gute Pferde wie in diesem Jahr.“
Für Bond, die die Besitzergemeinschaft um Svanstedt am 6. Oktober 2021 in Lexington für 80.000 USD an Land gezogen hatte, war’s der achte Saisonerfolg aus zwölf Engagements, unter denen die Siege im Elegantimage Trot und im Delmonica Hanover Trot sowie Platz zwei in den Hambo Oaks die bisherigen Höhepunkte gewesen waren. 703.321 USD stehen für 2023, 587.264 USD nach der Zweijährigen-Rallye auf ihrem Lohnstreifen.
Breeders Crown - Trot - (dreijährige Stuten)
1609m Autostart, 600.000 USD
1. Bond* 09,2 Åke Svanstedt 13
3j.br. Stute von Southwind Frank a.d. Boccone Dolce von Donato Hanover
Be: Åke Svanstedt, Little E LLC & L Berg Inc.; Zü: Diamond Creek Farm; Tr: Åke Svanstedt
2. Special Way* 09,2 Tim Tetrick 34
3. Railee Something 10,1 Dexter Dunn 157
4. Rose Run Yolanda 10,1 Yannick Gingras 308
5. Heaven Hanover 10,2 Brian Sears 392
6. Bravo Angel 10,4 Scott Zeron 1890
7. Quick Stop 10,5 Tony Hall 2333
8. Baroness Hill 10,9 Douglas McNair 753
9. Blonde Bombshell 11,3 David Miller 747
Silly Me Hanover dis.r. Louis-Philippe Roy 344
*Vorlaufsiegerinnen
Sieg: 13; Richter: Kampf ½ - 6½ - ¼ - ¾ - 1 - ¾ - 3¾ - 4 Längen; 10 liefen
Wert: 300.000 - 150.000 - 72.000 - 48.000 - 30.000 USD
Trainer: Svanstedt – Svanstedt – Burke – Luther – Melander
Stallions: Southwind Frank – Walner – International Moni – Triumphant Caviar – Father Patrick
Die Krönung des Hambo-Siegers
„Nur“ Platz zwei setzte es für Svanstedt eine knappe Stunde später bei den dreijährigen Hengsten und Wallachen, was gegen den wieder einmal mit einer miesen Startnummer gestraften Tactical Approach alles andere denn eine Schande war. Der Schützling von Nancy Takter, im Vorlauf Up Your Deo unterlegen, musste mit der „10“ los, was im Hoosier Park die zweite Reihe bedeutete. Die Spitzenkraft aus Tactical Landings erstem „Crop“ kennt den Spaß ja bereits aus Hambletonian und Kentucky Futurity, seinen beiden Fixsternen, wie man das Feld von hinten bringend überrollt.
„Announcer“ Michael Chamberlain und einige der TV-Experten drückten die Daumen für - wen wundert’s - den Local Hero Helpfirstedition, der für 72.000 Dollar nachgenannt worden war und seinen Vorlauf in starker Manier gewonnen hatte. Zackiger als der an der „5“ aufgestellte Schützling von Melissa Essig legte nur Up Your Deo (3) los, der das Kommando ausgangs der ersten Kurve an den in Spur zwei hängengebliebenen Air Power (6) abtrat.
Zur Hälfte des Weges riss John De Long den Taktstock an sich, und wenig später kletterten Ari Ferrari J (2) und Celebrity Bambino (1) aus der Innenspur nach außen, womit Tactical Approach, nachdem sein Zugpferd Kilmister nach innen abgetaucht war, zwei Lokomotiven vor der Nase hatte.
Eingangs der Zielgeraden zerstob die Hoffnung auf einen Heimsieg durch Helpfirstedition wie Schnee in der Hölle. Umgehend war der achtfache Saisonsieger erfasst und landete auf dem enttäuschenden vorletzten Platz. „Here comes the Hambletonian Winner“ - und wie er ganz außen anrollte und alles niederwalzte, was sich Hoffnungen auf den Sieg machte.
Ohne einen Handschlag Scott Zerons, der sich die vergeblichen Mühen der Konkurrenz seelenruhig anschaute, kreuzte der am 5. Oktober 2021 in Lexington für im Nachhinein läppische 85.000 Dollar aus dem Ring gegangene Überflieger zum neunten Mal in diesem Jahr und elften Mal „lifetime“ die Linie als Erster und jagte mit 1.319.739 USD an Jahreseinkünften den zweijährigen T C I (1.238.870 USD) von der Spitze der Traber-Rangliste.
Eine Länge hinter ihm nutzte der lange hinter Helpfirstedition verhaftete Svanstedt mit Up Your Deo den Open Stretch zum Sprint auf den Ehrenplatz. „Bronze“ holte sich der ganz spät weit außen gebrachte French Wine um eine Nasenspitze gegen Air Power.
„Ich lag immer dort, wo ich mit der ‚10‘ sein wollte, und hatte im Schlussbogen zwei sehr feine Pferde vor der Nase. Den Rest erledigte Tactical Approach in gewohnt starker Manier. Nancy hat einen tollen Job gemacht, und es zahlt sich aus, dass er im Vorjahr nur so wenig gestartet ist. Seit April läuft er auf Hochtouren“, bekannte Zeron, für den dies die siebente „Trophy“ war. Drei mehr hat Nancy Takter in der (Trainer-)Vitrine stehen.
Breeders Crown - Trot - (dreijährige Hengste & Wallache)
1609m Autostart, 672.000 USD
1. Tactical Approach 09,2 Scott Zeron 30
3j.br. Hengst von Tactical Landing a.d. Sarcy von Donato Hanover
Be: Robert Leblanc, John Fielding, Joe Sbrocco & Jaf Racing; Zü: Steve Stewart & Oakwood Farms; Tr: Nancy Takter
2. Up Your Deo* 09,4 Åke Svanstedt 39
3. French Wine 09,5 Andy Miller 178
4. Air Power 09,5 Mattias Melander 106
5. Dire Straits 09,6 David Miller 1045
6. Celebrity Bambino* 09,7 Yannick Gingras 68
7. Kilmister 10,0 Brian Sears 241
8. Osceola 10,0 Douglas McNair 1155
9. Helpfirstedition* 10,4 John De Long 46
10. Ari Ferrari J 10,6 Dexter Dunn 141
*Vorlaufsieger
Sieg: 30; Richter: sicher 1¼ - 1 - k.Kopf - ¾ - ¾ - 2 – ½ - 2½ - 2½ Längen; 10 liefen
Wert: 336.000 - 168.000 - 80.640 - 53.760 - 33.600 USD
Trainer: Takter – Svanstedt – Julie Miller – Melander – Melander
Stallions: Tactical Landing – Walner – Bar Hopping – Muscle Hill – Muscle Hill
Kung Åke zum Vierten
Nur einen Vorlauf hatte es in der Breeders Crown der älteren Trotter gegeben, weil Åke Svanstedt für Alrajah One und Rattle my Cage die Wildcards akzeptiert hatte. Für sie wie für Quali-Sieger Logan Park, der im Topf der Rampen eins bis fünf war, wurde die Startplatzauslosung zum Griff ins Klo: Die beiden Svanstedt-Schützlinge bekamen die „9“ und „10“ verpasst, und auch der Archangel-Sprössling bekam mit der „5“ den für ihn höchstmöglichen Platz zugewiesen.
Gut, dass der vor zehn Jahren in die „States“ übergesiedelte Schwede mit Southwind Tyrion noch einen dritten Pfeil im Köcher hatte, der mit der „3“ weit besser bedient war und den er auf der bei strömendem Regen immer schlüpfriger werdenden Piste selbst ins Gebet nahm. Ruckzuck schnellte der „grüne Riese“ vor It’s Academic (2) in Front und gab die Spitze im Scheitel der ersten Kurve an Logan Park ab. Alrajah One (9) war Fünfter, Rattle my Cage (10) Sechster - so planschte der „Gänsemarsch“ einträchtig die Überseite herunter.
Kurz vorm „final turn“ eröffnete Alrajah One mit Stablemate Rattle my Cage im Gepäck die zweite Spur - zu früh für den italienischen Derby-Sieger, der möglichst lange verdeckt laufen will. Das bekam Dexter Dunn hautnah zu spüren, denn kaum hatte sich der Maharajah-Nachkomme halbwegs an die Flanke Logan Parks gerobbt, war das Vollgas auch schon weg und er kassierte beim siebten Auftritt in Nordamerika die zweite und bitterste Niederlage.
Gold wert war hingegen der Open Stretch für Southwind Tyrion. „Reinfahren und sich wohl fühlen“ war die Devise für den Fünfjährigen, der zwei Längen voraus mit seinem jubelnden Chauffeur längst im sicheren Hafen war, als der mittig durchstoßende It’s Academic mit viel Schwung zu Platz zwei sprintete. Åkes goldenen Tag komplettierte Rattle my Cage, der für den dritten Scheck Logan Park im Foto-Finish um Haupteslänge abfing.
Mit dem zwölften Karriere-Treffer aus 24 Schüssen kletterte das Konto des 145.000-Dollar-Jährlings (Lexington, 4. Oktober 2019) auf 813.123 Dollar. Dies war nach Platz zwei im William Wellwood Memorial 2020 erst seine zweite Prämie im sechsstelligen Bereich. Er bescherte seinem Ausbilder nach zweimal Ecurie D. den dritten Triumph en suite in der Open Breeder’s Crown für die trabende Zunft - ein historisches Novum. Es war zugleich der vierte BC-Sieg als Trainer in einem Jahr; mehr ist nur Jimmy Takter gelungen, dessen Schützlinge 2015 sechsmal die Krönungsfeierlichkeiten dominierten.
Beim Siegerinterview sprang Sarah Svanstedt für ihren Gatten in die Bresche: „Southwind Tyrion hatte eine gute Startrampe, ist wieselflink hinterm Auto und bekam genau den ‚pocket trip‘, den wir haben wollten. Ähnlich war‘s vor einer Woche bei Platz zwei im Vorlauf. Für heute haben wir einige kleine Änderungen am Equipment vorgenommen, und er hat perfekt darauf reagiert. Er ist zu fahren wie ein Auto und leicht zu managen. Nimmst du ihn aus der Deckung, gibt er sofort alles, was er hat.“
Breeders Crown - Trot/ Open - (ab dreijährig, free for all)
1609m Autostart, 600.000 USD
1. Southwind Tyrion 09,9 Åke Svanstedt 70
5j.br. Hengst von Muscle Hill a.d. Taylor Jean von Cantab Hall
Be: SRF Stable (Lennart Ågren), Knutsson Trotting, Brittany Farms and Riverview & Åke Svanstedt Inc; Zü: Southwind Farms; Tr: Åke Svanstedt
2. It‘s Academic 10,1 David Miller 85
3. Rattle my Cage 10,2 Yannick Gingras 743
4. Logan Park* 10,2 Douglas McNair 38
5. Take all Comers 10,2 Tim Tetrick 517
6. Delayed Hanover 10,4 Jordan Stratton 676
7. Alrajah One 10,5 Dexter Dunn 16
8. Lovedbythemasses 10,5 Todd McCarthy 1318
9. Kildare King 10,6 Brian Sears 692
Pretender dis.r. Scott Zeron 676
*Vorlaufsieger
Sieg: 22; Richter: leicht 1¾ - 1 - Kopf - ¼ - ¼ - 1 - ¼ - 1 Länge; 10 liefen
Wert: 300.000 - 150.000 - 72.000 - 48.000 - 30.000 USD