Die Anhänger gefoppt

Vincennes, Samstag, 25. November 2023. Der interessanteste Kandidat des gesamten Wochenendes stand im Prix de Chenonceaux für vier- und fünfjährige Europäer, die keine 385.000 Euro verdient hatten, auf dem Prüfstand: Jean-Michel Bazires designierter Amérique-Starter Jushua Tree.
Wie ein Lauffeuer war im September durch Traber-Europa die Nachricht gerast, dass „das beste Pferd, das ich in diesem Alter je trainiert habe“, wie der mit allen Wassern gewaschene 52-jährige schwärmte, einen Leistenbruch erlitten habe und auf unbestimmte Zeit ausfalle.
Gecancelt der Auftritt im Critérium des 4 Ans, in das er nach sieben Siegen am Stück als glasklarer Favorit gegangen wäre. Zum Glück hatte sich der Bruch als nicht schwerwiegend herausgestellt, auf eine komplizierte und nicht risikolose Operation konnte verzichtet und der Bold-Eagle-Sohn rasch wieder in den heimischen Stall zurückgeholt werden, um mit aller gebotenen Vorsicht das Training wieder aufzunehmen.
„Wir gehen das Comeback ohne Druck an, weil er gegen starke Fünfjährige wie Inexess Bleu und It’s a Dollarmaker antritt. Und er ist noch längst nicht auf 100“, hatte „JMB“ in seiner wöchentlichen Kolumne die „turfistes“ gewarnt, die dem „Maître“ diesmal nicht vertrauten, seinen Kracher nach 2½ Monaten Auszeit bei 19:10 klar auf den Favoritenthron hievten - und schweren Schiffbruch erlitten. Bazire dachte nicht im Traum daran, seinen zu Beginn rumpelnden und rund 30 Meter auf die Spitze verlierenden Partner unterwegs auch nur einmal ernsthaft zu fordern.
Während der kurzfristig Matthieu Abrivard anvertraute Schwede Kagan sofort vor Global Dancer und Josh Power, dem Überraschungssieger des Critérium des 4 Ans, das Hasenpanier ergriff, ließ sich „JMB“ von Jakartas des Prés, der nach einem Kilometer hinter Josh Power nach innen abtauchte, sowie Isla Jet durchs Mittelfeld schleppen. Hatte auf Zielschildhöhe Inexess Bleu Hand an den Taktstock gelegt, so reichte ihn Alex Abrivard 200 Meter später an It’s a Dollarmaker weiter, der den Pulk schwungvoll den Berg hinauf schleppte.
Selbst an der Einmündung der kleinen Bahn machte Bazire keinerlei Anstalten, aus der Reserve zu gehen, so dass die Stirnen seiner Anhänger zunehmend Fragezeichen zierten: Immerhin lag die vordere Corona rund 40 Meter vor ihm. Als Global Dancer an der letzten Ecke im Galopp ausstieg, änderte sich an der Haltung des 20-fachen Sulky d’Or nichts.
Während Inexess Bleu aus der Deckung mit dem verblüffend locker abgewatschten It’s a Dollarmaker kurzen Prozess machte - an dem flitzte auch Kagan bombensicher um eine Länge vorbei - und beim 30. Auftritt Sieg Nummer zehn fixierte, durfte Jushua Tree um eine halbe Länge an Isla Jet vorbeistiefeln und damit hinter Josh Power wenigstens die Quinté-Wette komplettieren. „Das war alles andere als schlecht“, analysierte „JMB“, „den letzten Kilometer hatte ich für Jushua mit 1:10,1, die finalen 200 Meter mit 1:07,2 auf der Uhr. Ich denke, wir sind auf gutem Weg Richtung Prix Octave Douesnel, in dem es am 9. Dezember gegen seine Altersgenossen geht.“
Hochzufrieden war Alex Abrivard: „Heute haben wir das Pferd des vergangenen Winters gesehen. Neulich beim zweiten Platz war ich ein bisschen enttäuscht, denn er war mau, und ihm fehlte jede Spritzigkeit. Der Medizin-Check ergab, dass es ihm nicht gut ging. Heute hatte ich ein anderes Pferd zur Hand. Das hab ich schon am Start gemerkt - voller Spannung und Pep. Obwohl es unterwegs sehr zügig war, hatte ich ihn immer am Gebiss. Alles fiel ihm leicht, und als ich ihn eingangs der Zielgeraden nach außen dirigierte, war ich guter Dinge zu gewinnen.“
Eric Raffin über It’s a Dollarmaker: „Geschlagen war er ganz und gar nicht, aber er lag plötzlich auf dem Sprung, warum, weiß ich auch nicht. Ich musste ihn kurz aufnehmen, und damit war der entscheidende Schwung dahin. Trotzdem war die Vorstellung gut, schließlich hat er das flotte Tempo vorgegeben.“
Prix de Chenonceaux (Gruppe III int., Vier- und Fünfj., keine 385.000 Euro)
2700m Bänderstart o.Z., 80.000 Euro
1. Inexess Bleu 12,0 Alexandre Abrivard 71
5j.dklbr. Wallach von Vittel de Brévol a.d. Pearl of Charm von Goetmals Wood
Be / Zü: Michel Gallier; Tr: Laurent-Claude Abrivard
2. Kagan 12,1 Matthieu Abrivard 220
3. It’s a Dollarmaker 12,2 Eric Raffin 42
4. Josh Power 12,3 Sébastien Ernault 150
5. Jushua Tree 12,7 Jean-Michel Bazire 19
6. Isla Jet 12,7 Alexis Collette 270
7. J’Aime le Foot 13,1 David Thomain 640
8. I Can Dream 13,1 François Lagadeuc 1120
9. Jakartas des Prés 13,2 Maxime Bézier 1030
10. Indian Pacific 13,7 Guillaume Gillot 1260
11. Juliet Papa Bravo 13,7 Théo Duvaldestin 1050
12. Cool Kronos 14,5 Nicolas Bazire 800
Cash Bank Bigi dis.r. Franck Nivard 180
Global Dancer dis.r. Gabriele Gelormini 480
Sieg: 71; Richter: leicht 1½ - 1 - 2½ - 4 - ½ - 4 Längen; 14 liefen
Zw-Zeiten: 13,9/1200m - 12,7/1700m - 12,4/2200m
Wert: 36.000 - 20.000 - 11.200 - 6.400 - 4.000 - 1.600 -800 Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2023-11-25/7500/3
Jugendspiele an Allaire und Bigeon
Eingeläutet wurde der Samstag von den Demoiselles der Generation „L“, die wie eine halbe Stunde später die Hengste und Wallache das zweite Gruppe-Rennen ihres Lebens um 60.000 Euro über 2.200 Meter bestritten.
Wenn’s bei der Jugend ums etwas größere Geld geht, ist die „Equipe Allaire“ nie weit. Im Prix Vourasie setzte es den ersten Favoritensturz, denn nicht Lopigna, die Siegerin des Prix Marcel Dejean am 20. Oktober, holte sich die kleinen Lorbeeren. Zweimal war Listentothemusic ihr unterlegen, beim dritten Aufeinandertreffen drehte die Allaire-Stute nach einem von Alexandre Abivard servierten Traumrennen den Spieß sehr gründlich um und übernahm zugleich mit 88.320 Euro Gage die vorübergehende Regentschaft bei den Damen.
Mathieu Mottier fackelte nicht lange und übernahm mit Lilas Castelle vor Luna Nova Gwen, der ganz außen mit viel Eifer beginnenden, dennoch nicht in Front gekommenen Lopigna sowie Listentothemusic die Rolle der Taktgeberin, während der Rest, so er nicht am Start (Luminous Star) bzw. im ersten Bogen (Lionne du Citrus) im Galopp ausgefallen war, deutlich nachklappte.
Mitte der Überseite hielt es Eric Raffin nicht länger in Deckung. Er pirschte sich mit Lopigna an die Flanke Lilas Castelles, und in seinem Windschatten fand Listentothemusic ein exquisites Plätzchen. Im Einlauf hatte die Favoritin überraschend deutlich ausgespielt und musste mit Rang vier vorliebnehmen. Umso stärker haute Listentothemusic auf die Pauke und siegte ganz leicht 2½ Längen vor Trainingskameradin Luna Nova Gwen und Lilas Castelle, so dass Philippe Allaire nicht zum ersten Mal in einer derartigen Aufgabe den Rahm abschöpfte.
Prix Vourasie - (Gruppe III nat., zweij. Stuten)
2200m Bänderstart o.Z., 60.000 Euro
1. Listentothemusic 15,3 Alexandre Abrivard 45
2j.br. Stute von Brillantissime a.d. Deep Purple von Prodigious
Be / Zü / Tr: Philippe Allaire
2. Luna Nova Gwen 15,4 David Thomain 110
3. Lilas Castelle 15,7 Mathieu Mottier 66
4. Lopigna 15,9 Eric Raffin 18
5. Little Star Fleury 17,0 Alexis Collette 460
6. Lovely Kool 19,0 François Lagadeuc 760
Luminous Star dis.r. William Bigeon 76
Lionne du Citrus dis.r. Corentin Delbecq 710
Sieg: 45; Richter: leicht 2 - 2½ - 2½ - 10 Längen; 8 liefen
Zw-Zeiten: 17,2/1200m - 17,6/1700m
Wert: 27.000 - 15.000 - 8.400 - 4.800 - 3.000 - 1.200 (- 600)Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2023-11-25/7500/1
Weil’s so gut geflutscht hatte, schien das Gespann Allaire/Abrivard eine halbe Stunde später im Prix Timoko mit Luciano Menuet als 14:10-Favorit beim fünften Auftritt den vierten Volltreffer landen zu können. Ein Selbstläufer wurde es jedoch nicht, obwohl Alex Abrivard den Hengst der Ecurie des Charmes nach vorn brachte, noch ehe das kleine Feld, aus dem sich Lash Perrine bereits am Start verabschiedet hatte, die Tribünengerade erreicht hatte.
Mit von der Party war Richard Westerink mit dem Etonnant-Nachkommen Luxor de Villabon, der sich zu Beginn einen kurzen Wackler leistete, danach jedoch vom Holländer mutig durch die Todesspur gescheucht wurde und Lemon Tree, Largo de Castelle und Learn to Fly hinterher zog. 600 Meter vorm Ziel war dieser Spuk gründlich vorbei.
Dafür trat Lemon Tree auf den Plan, der Luciano Menuet wuchtig und unermüdlich zusetzte. Abrivard musste tief in die Finish-Kiste greifen, um den hochgewachsenen schlanken Feliciano-Sohn auf Kurs zu halten. Kaum hatte man im Hinterkopf, dass er den unerschrockenen Angreifer um eine halbe Länge in Schach halten würde, als 40 Meter vorm sicheren Hafen der Überschlag kam und der Sieg etwas glücklich, aber nicht unverdient an Benjamin Rochard und Lemon Tree ging. Es war der dritte Volltreffer des Face-Time-Bourbon-Sprösslings, der 67.200 Euro sein eigen nennt.
Prix Timoko (Gruppe III nat., zweij. Hengste & Wallache)
2200m Bänderstart o.Z., 60.000 Euro
1. Lemon Tree 14,6 Benjamin Rochard 77
2j.br. Hengst von Face Time Bourbon a.d. Divine Jet von Goetmals Wood
Be: Joël Sèche; Zü: Ecurie Hunter Valley (Matthieu Millet); Tr: William Bigeon
2. Loulou de Mye 14,9 Romain-Christian Larue 85
3. Largo de Castelle 15,3 François Lagadeuc 190
4. Lutteur des Glenan 15,7 Anthony Barrier 320
5. Learn to Fly 15,7 Franck Nivard 390
6. Lannister d’Avril 16,1 Antoine-Michel Fossey 460
Luxor de Villabon dis.r. Richard Westerink 650
Lash Perrine dis.r. Eric Raffin 90
Luciano Menuet 1.gdZ Alexandre Abrivard 14
Sieg: 77; Richter: sicher (½) - 3 - 4 - 3 - ½ Länge; 9 liefen
Zw-Zeiten: 15,2/1200m - 15,7/1700m
Wert: 27.000 - 15.000 - 8.400 - 4.800 - 3.000 - 1.200 (- 600) Euro
Video: https://www.letrot.com/courses/2023-11-25/7500/2