Des „Icemans“ Maßarbeit
(nn) Lindesberg, Mittwoch, 1. Juli 2020. Das knapp 10.000 Einwohner zählende Städtchen Lindesberg, rund 200 Kilometer westlich der Hauptstadt Stockholm in der Region Bergslaget gelegen, hatte seinen großen Traber-Tag. 1886 wurde hier der erste „Travklubb“ gegründet, 1951 die Rennbahn Fornaboda direkt an der Reichsstraße 50, die Örebro und Falun verbindet, eingeweiht, auf der lediglich von Mai bis August um Ruhm und Prämien gestritten wird.
Die V75-Karawane gastiert hier schon lange nicht mehr, doch einmal im Jahr stets um Midsommar herum ist die selbsternannte „grünste Trabrennbahn Schwedens“ alleiniger Spielplatz für die V86-Wette.
In deren Mittelpunkt stand der Bergslagsloppet um 100.000 Kronen für den Sieger, den wie von 2015 bis 2017 der Stall Zet um Daniel Redén und Örjan Kihlström stellte. Obwohl mit Startplatz „8“ für die geforderten 1640 Meter maximal schlecht bedient, trug deren Missle Hill bei 20:10 ziemlich klar die Bürde des Favoriten - und wurde dieser Last vollauf gerecht.
Der US-Amerikaner zeigte sich von den Strapazen des Elitloppet - Zweiter in dessen Vorlauf, Sechster im Finale - bestens erholt und schmetterte los wie der Blitz. Vorbei kam er lediglich an Diamanten nicht, mit dem sich Erik Adielsson von der „5“ vor Titelverteidiger Ajlexes Cubano und Forecast ratzfatz das Kommando gesichert hatte.
Bei einem Tempo im unteren 1:11er Bereich hatte der Muscle-Hill-Sohn, hinter dessen schmalem Rücken sich Going for Gold Zaz, Romanesque, Queerfish, Zack’s Zoomer und Nimbus C.D. verkrümelten - innerer Laternenträger war Jake - an der Todeslage offensichtlich richtig Spaß.
Beim Eintauchen in die letze Biege lag Kihlström waagerecht im Amerikaner-Sulky, und es nützte dem diesmal um Lichtjahre besser als vor zwei Wochen in Örebro durchstehenden Diamanten nichts, dass er auf den finalen 500 Meter mit famosen 1:08,2 ein gehöriges Schippchen drauf packte: Der derzeit in Überform agierende „Iceman“ hatte mal wieder alles locker im Griff. Drei, vier unmerkliche Schubser, fast mehr Streicheleinheiten auf die Kruppe seines Partners, bei denen die Peitsche hinten und die Ohrenkapuze drauf blieb - und schon cancelte Missle Hill den Diamanten um eine halbe Länge ab.
Dessen Performance wiederum machte Hoffnung, er möge sich doch noch mal zu großen Taten wie drei- und vierjährig aufschwingen. In jener Ära hatte er 17 seiner 26 Engagements als Sieger beendet, darunter zwei Prüfungen in Vincennes sowie den Königspokal und die SprinterMästaren, bevor er Knall auf Fall aus nie ganz offenbarten Gründen von Robert Bergh zu Stig Johansson überstellt worden war.
Platz drei schnappte sich mit feinem Endspurt der seit April 2020 von Björn Goop trainierte Romanesque. Für Nimbus C.D. hingegen hingen die Trauben beim zweiten Auftritt nach mehr als einjähriger verletzungsbedingter Pause nunmehr unter der Regie von Peter Norman deutlich zu hoch. Von letzter Position blieb dem kernigen Fuchs, der vor fünf Jahren mit dem Triumph in Solvallas Jubileumspokalen seinen bedeutendsten Coup gelandet hatte, lediglich die sechste und letzte Prämie.
„Heute war er besser als zum Elitloppet. Am 31. Mai ging er zu sehr gegen die Hand; wir haben das Gebiss gewechselt, und bereits im Heat war er deutlich entspannter. Als kleines Pferd aus der Todesspur zu gewinnen ist alles andere als leicht, doch er ist ein robuster Techniker und hat einen phantastischen Rennkopf“, war der Trainer überaus zufrieden, unter dessen Regie der „Kleine“ sechs seiner zwölf Rennen und 1,6 Millionen Kronen gewonnen hat.
Mit 1:10,3 schrammte Missle Hill haarscharf an Fornabodas Bahnrekord vorbei, der im Hause Redén blieb: 2015 huschte die unvergessene Delicious mit „ÖK“ in dieser seit 1981 ausgetragenen Traditionsprüfung eine Zehntelsekunde schneller um die Bahn.
Bergslagsloppet (int.)
1640m Autostart, 202.500 SEK
1. Missle Hill 10,3 Örjan Kihlström 20
5j.br. Wallach von Muscle Hill a.d. India Hall von Garland Lobell
Be: Stall Zet; Zü: Silver Linden Farms, US; Tr: Daniel Redén
2. Diamanten 3. Romanesque 4. Going for Gold Zaz 5. Queer Fish 6. Nimbus C.D. 7. Ajlexes Cubano 8. Zack’s Zoomer 9. Jake 10. Forecast |
10,3 Erik Adielsson 10,5 Björn Goop 10,7 Nicklas Westerholm 11,0 Ulf Eriksson 11,1 Rikard Skoglund 11,2 Tomas Pettersson 11,2 Jorma Kontio 11,3 Mika Forss 11,7 Emilia Leo |
44 40 244 199 109 643 1107 1085 1048 |
Sieg: 20; Richter: sicher ½ - 1½ - 1½ - 2 - Kopf - Kopf; 10 liefen
Zw-Zeiten: 10,4/500m - 11,4/1000m - 08,2/letzte 500m
Wert: 100.000 - 50.000 - 25.000 - 13.500 - 8.500 - 5.500 SEK
Ganyboys Meisterstück
Etwas mehr Geld als im Bergslagsloppet lag in der 2640 Meter langen Bronsdivisionen auf dem Präsentierteller, in der der mittlerweile bei Leif Witasp in Rättvik gelandete Ganyboy sein skandinavisches Meisterstück vollbrachte. Bei ihrer ersten gemeinsamen Ausfahrt beorderte Witasp den von Steve Krüger gezüchteten Derby-Dritten 2017 aus dem fünften Paar außen für die Schlussrunde in Spur drei, wo er nicht mehr wegkommen sollte.
Ungeachtet dessen biss der Ganymède-Sohn eisern die Zähne zusammen, knackte den führenden Beartime, hielt den attackierenden Vagabond Bi mit äußerster Mühe in Schach und schien doch nicht gewinnen zu können, als Björn Goop mit Twigs Ceasar die entscheidende Lücke fand und den Kopf in Front schob.
Mit eisernem Willen raffte sich Ganyboy nochmals auf und riss den mit 110.000 Kronen wertvollsten Sieg seiner Nordeuropa-Rallye um Nüsternbreite aus dem Feuer. 1:14,5 wurde für die ersten Drei gestoppt; der Toto spuckte auf den Deutschen 57:10 aus.