Der Prinz mit unerhörter Leichtigkeit
Jarlsberg, Sonntag, 7. Juli 2024. War das der beste Önas Prince, den es je gab? Im am westlichen Ausläufer des Oslo-Fjord gelegenen Tönsberg schlug an diesem Sonntagnachmittag das Herz des europäischen Trabrennsports.
Mit dem Ulf Thoresen Grand International erinnert die seit 1935 betriebene Piste von Jarlsberg an ihren größten Sohn, den am 11. Juli 1992 verstorbenen vierfachen Weltmeister und nicht siegreichsten, wohl aber besten norwegischen Sulky-Künstler aller Zeiten, der sich unter anderem 1986 als erster Nicht-Amerikaner überhaupt mit Nuclear Kosmos in der Ehrenliste des Hambletonian verewigt hat.
Die Mitteldistanz-Prüfung um 1.575.000 NKR wurde zur großen Bühne für Per Nordströms Crack, der sich inzwischen vom „Miler“ zum Pferd für (fast) alle Wege weiterentwickelt hat und eine astreine Vorstellung bot, die Fachleute wie Laien mit der Zunge schnalzen ließ.
Die ging schon in der Startphase los. Dass der stichelhaarige Dunkelbraune über ein gewaltiges, enorm Boden schaffendes Gangwerk verfügt, ist ein uralter Hut, aber wie wuchtig und gleichzeitig leichtfüßig er von der „5“ los und ohne die geringsten Probleme an Devilish Hill (1), dem auch nicht eben langsam in die Gänge kommenden Stoletheshow (4), Catullo Jet (6) und dem vorsichtig abgebrachten Hadès de Vandel in Front stiefelte, war sehenswert.
Noch vorm ersten Bogen waren die Fronten unverblümt zu seinen Gunsten geklärt, so dass die ersten 500 Meter dann doch nur in blanken 1:10 abgewickelt wurden. Sehr viel langsamer ließ es Nordström in der Folge nicht angehen - kein leichtes Amt für Kentucky River, mit dem Örjan Kihlström das „Kunststück“ vollbrachte, von der „3“ in dritter Spur hängenzubleiben. Vor oder zurück, das war nach 500 Metern die Frage.
„ÖK“ entschied sich für die kontrollierte Offensive und übernahm die äußere Führungsarbeit vor Stoletheshow, Catullo Jet, Hadès de Vandel und Barack Face (10), während innen hinter Devilish Hill Oracle Tile (9), der 700 Meter vor Schluss, wo Catullo Jet vor Hadès de Vandel Spur drei eröffnete, in die zweite Linie wechselnde Gamin Jaba (8) und Schlusslicht High on Pepper (7) der weiteren Dinge harrten. Bei unvermindert hoher Fahrt brachte Catullo Jet und Hadès de Vandel der Ausflug an die ganz frische Luft gar nichts ein.
Wer befürchtet hatte, Önas Prince könne der Weg etwas zu weit werden, wurde übergründlich eines Besseren belehrt. Wie schon im Paralympiatravet zog der erstmals seit dem Elitloppet wieder unter Order stehende Chocolatier-Sohn seinen Stiefel souverän durch und kreuzte ohne eine Ermahnung je nach Gusto zwischen „leicht“ und „überlegen“ zum 31. Mal in seiner 52 Starts umfassenden Vita zwei Längen voraus die Linie als Klassenbester.
Wäre er nur ein bisschen gefordert worden, hätte zweifellos der Rennrekord von Twister Bi und Banderas Bi, die 2017 bzw. 2023 in 1:10,4 triumphiert hatten, dran glauben müssen. So durften die Italiener ihn behalten.
Zur Freude der Einheimischen hielt Devilish Hill streng innen Platz zwei ebenso übersichtlich fest, bevor auch der Zielrichter Arbeit bekam. Innen Oracle Tile, in der Mitte Kentucky River und ganz außen Gamin Jaba trennten nur wenige Millimeter, wie das Zielfoto offenbarte - mit dem besten Ende für den von Redén selbst gefahrenen Franzosen, der als längster Outsider ins Rennen gegangen war. Die kleinste Prämie schnappte sich der seit seinem Sieg im Copenhagen Cup nicht mehr am Ablauf gewesene 2023er Derby-Zweite und Europa-Derby-Sieger Barack Face, der um Besseres an Rennverlauf und mieser Startnummer scheiterte.
Hellauf begeistert von des Prinzen Parademarsch war nicht nur das Publikum. „Das etwas unglücklich gelaufene Elitloppet-Finale hat er wie nachdrücklich bewiesen bestens weggesteckt“, strahlte Nordström, „da wir hier ohne Peitsche fahren müssen, hab ich ihn mir vorm Start ein wenig stärker in die Hand gefahren und auch die Zäumung leicht verändert. Er war grandios - ich hätte die Peitsche nie gebraucht! Im Einlauf hatte ich zu jeder Zeit reichlich in der Hand. Er ist wieder in ‚Paralympia‘-Form und bestens fürs Åbergs Memorial am 30. Juli gerüstet.“
Nur halbwegs zufrieden war der „Iceman“, denn „Kentucky River ist von der idealen ‚3‘ schlecht weggekommen und in dritter Spur hängengeblieben. Ich hab mich entschlossen, nach vorn zu fahren. Aus der Todeslage hat er sich gut genug verkauft.“ Für Trainingskamerad Gamin Jaba war Daniel Redén voll des Lobes: „Er hat es gegen diese Cracks prächtig hinbekommen. Allmählich kommt er in die Verfassung, die ich mir vorgestellt habe, als ich ihn im Winter erworben habe.“
Ulf Thoresen Grand International (int.)
2100m Autostart, 1.575.000 NKR
1. Önas Prince 10,5 Per Nordström 23
7j.stichelhaar. dklbr. Hengst von Chocolatier a.d. Sobra von Pine Chip
Be: Per Nordström AB, Hansson & Nilsson; Zü: Tomas Jonsson; Tr: Per Nordström
Pflegerin: Emma Nordström
2. Devilish Hill 10,7 Magnus T. Gundersen 200
3. Gamin Jaba 10,9 Daniel Redén 497
4. Kentucky River 10,9 Örjan Kihlström 67
5. Oracle Tile 10,9 Kristian Malmin 279
6. Barack Face 11,1 Adrian Kolgjini 117
7. High on Pepper 11,2 Jorma Kontio 131
8. Stoletheshow 11,3 Frode Hamre 119
9. Catullo Jet 11,6 Alessandro Gocciadoro 70
10. Hadès de Vandel 11,7 Robin Bakker 90
Sieg: 23; Richter: leicht 2 - 1½ - k.Kopf - Kopf - 2½ - ½ Länge; 10 liefen
Zw-Zeiten: 10,0/500m - 10,8/1000m - 10,9/1500m - 09,3/letzte 500m
Wert: 800.000 - 400.000 - 200.000 - 100.000 - 50.000 - 25.000 NKR
Video: https://www.youtube.com/watch?v=PUoGq3wnccg
Mit teuflischem Endspurt
Zweiter Höhepunkt war der bis 2016 für Vier- und Fünfjährige ausgeschriebene und fortan mangels Masse auch für „ärmere Reiche“ (bis 2.500.000 NKR an Gewinnen) offene Anders Jahres Pokallöp, der an ein Pferd mit geradezu teuflischem Speed ging. Demon, mit der höchsten Startnummer „10“ alles andere als ideal aufgestellt und in letzter Zeit nicht eben siegverwöhnt, profitierte von dem enormen Tempo, das Y Not Diamant vorlegte.
Deutschlands Derby-Zweiter 2023, heuer bereits Sieger in Skive, Kopenhagen, Bollnäs und aktuell hauchdünner Dritter hinter Danger Bi und eben jenem Demon, stürmte von der „3“ wie ein Wirbelwind vor Dancer Brodde (19, Digital Dominance (5), dem beschwerlich in die Puschen kommenden Ante La Roque (2), Born in Bergen (6) sowie Charleston Volo (7) an die Spitze, dass es aus deutscher Sicht eine wahre Freude war.
Feurig sprudelte der Odessa-Santana-Sohn sein Pensum auch weiterhin herunter, so dass B A Superhero (9), den Alessandro Gocciadoro erst vor wenigen Wochen vom weiterhin gesperrten Bo Westergaard übernommen und Björn Goop ans Herz gelegt hatte, außen nur den interessierten Begleiter vor Staro Mack Crowe (4), Demon und Skate Trix (8) gab. Das änderte sich ab eingangs der Schlusskurve, als Y Not Diamant die selbst gewählte Pace allmählich zu spüren bekam. An der letzten Ecke endgültig gestellt, packte der Hagoort-Schützling ziemlich kläglich seine Sachen und wurde Vorletzter.
Ganz anders B A Superhero. Der Amerikaner in dänischem Besitz kämpfte wie ein Löwe, hielt außen Favorit Staro Mack Crowe sowie den um Y Not Diamant herumkurvenden, innen attackierenden Dancer Brodde auf Distanz - und kam dennoch nicht nach Hause gegen den furios spurtenden Demon, den Tom Erik Solberg punktgenau auf höchster Betriebstemperatur hatte. Eine knappe Länge voraus bunkerte der Royal-Blessed-Nachkomme für den mit seinen 15 Pferden in Eskilstuna lizensierten Gennaro Casillo nach dem Kjell P Dahlströms Minne von Mantorp am 15. April den zweiten Saison- und 19. Sieg „lifetime“ aus 49 Auftritten und hat nun 2.248.811 SEK auf dem Konto.
„Es hat großen Spaß gemacht, ihn zu fahren. Das war natürlich genau sein Rennen“, fand Solberg logischerweise kein Haar in der verblüffenden Siegsuppe, „die Anderen haben speziell auf dem ersten Kilometer ein Höllentempo vorgelegt und waren dann müde. Das ist ihm als Speedpferd entgegengekommen. Demon sprintete phantastisch.“
Robin Bakker konnte das aus seiner Sicht bestätigen: „Y Not Diamant hat sich prima gefühlt, da wollte ich ihn nicht zu sehr bremsen. Die Bahn hatte für ihn etwas wenig Grip - so hat er sich müde gelaufen.“
Die in der Ausschreibung angesprochenen etwas älteren Recken sahen gegen die Fünfjährigen - einen Vertreter der Generation 2020 suchte man vergebens - übrigens keine Sonne und belegten die Plätze sechs, acht und zehn.
Anders Jahres Pokallöp (int., 3- bis 14jähr. bis 2.500.000 NKR sowie frei für alle Vier- und Fünfj.)
2100m Autostart, 413.000 NKR
1. Demon 12,3 Tom Erik Solberg 84
5j.br. Hengst von Royal Blessed a.d. Frau Maria von Toss Out
Be: Cogliani Nazzareno, IT; Zü: Massimo Santucci, IT; Tr: Gennaro Casillo
2. B A Superhero 12,4 Björn Goop 62
3. Staro Mack Crowe 12,6 Jorma Kontio 25
4. Dancer Brodde 12,6 Peter Untersteiner 50
5. Ante La Roque 12,7 Örjan Kihlström 303
6. Digital Dominance 12,8 Ken Ecce 630
7. Born in Bergen 12,9 Björn Steine 374
8. Charleston Volo 13,0 Åsbjörn Tengsareid 763
9. Y Not Diamant 13,1 Robin Bakker 52
10. Skate Trix 13,1 Frode Hamre 278
Sieg: 84; Richter: sicher ¾ - 1 - ½ - ¾ - 1 - ½ Länge; 10 liefen
Zw-Zeiten: 06,5/500m - 10,5/1000m - 12,1/1500m - 13,0/letzte 500m
Wert: 200.000 - 100.000 - 50.000 - 25.000 - 15.000 - 10.000 - 8.000 - 5.000 NKR
V75-1 (Stayer): Bold Eagle Sun / Magnus T. Gundersen 18
V75-2 (-): Zaire Heldia / Patrick Larsen 16
V75-3 (Elit-Sto): Bunny / Tom Erik Solberg 112
V75-4 (-): Petite Papillon / Björn Steine 15
V75-5 (-): Orlando Young / Magnus T. Gundersen 24
V75-6 (Pokallöp): Demon / Tom Erik Solberg 84
V75-7 (Memorial): Önas Prince / Per Nordström 23
Umsatz V75: 20.879.643 SEK
1. Rang: 5.593 Systeme à 970 SEK
2. Rang: 18 SEK
3. Rang: Jackpot 5.428.707 SEK
Umsatz Top-7 (Klass I): 337.509 SEK
Brenne Borken - Norwegens heißester Kaltblüter
Der letzte Programm-Punkt war mit dem Elitesprint über 1.609 Meter den Kaltblütern vorbehalten, bei denen Brenne Borken seiner Stellung als 13:10-Tipp des Tages vollauf gerecht wurde - trotz Startplatz „7“, der ihm den direkten Griff nach der Kapitänsmütze verwehrte. Die setzte sich mutig Alsaker Pumbaa (3) auf und wollte sie partout eine Weile behalten.
Kein Problem für Norwegens Kaltblut-Papst Öystein Tjomsland, der den Außenseiter, der sein Herz in alle vier Hufe nahm und Zwischenzeiten von 1:15,2 für 500 und 1:19,0 für 1.000 Meter vorlegte, mal machen ließ und sich in seinem Windschatten pudelwohl fühlte. Das konnte er sich beruhigt leisten, denn der Rest hechelte früh etliche Längen hinterdrein. Die große Show des gerade mal fünf Jahre alten Schimmels begann 500 Meter vorm Ziel.
Im Sauseschritt düste er an seinem Zugpferd vorbei, und Tjomsland musste nur ein wenig Obacht geben, dass der „Birkfarbene“ vor lauter Übereifer in der Schlusskurve nicht das Geläuf verlor. Der Einlauf wurde zur Triumphstraße des Bork-Odin-Sohnes, der auch beim zwölften Auftritt den Nimbus der Unbesiegbarkeit wahrte, seine Arbeit mit 1:18,9 ungezählte Längen voraus so zügig wie nie zuvor erledigte und sein Konto um 100.000 auf 1.873.756 NKR