Der Coup der Kronprinzessin

Vincennes, Sonntag, 5. Februar 2023. Eine Woche nach dem Prix d’Amérique, dem ultimativen Höhepunkt des Winter-Meetings, beginnt das Rondo der Revanchen. An diesem Sonntag stand mit dem Prix de l’Île de France jene auf den Prix de Cornulier an und machte ihrer Funktion viel Ehre.
Von den 13 Startern hatten nur Héliade du Goutier und Get Lovely Délo nicht vor 14 Tagen im wertvollsten Trabreiten des Globus die Klingen gekreuzt - und genau diese beiden Stuten sollten unterm Strich keine Rolle spielen: Get Lovely Délo lief nach einem frühen Fehler aussichtslos hinterher, und Héliade du Goutier bekam trotz strengster Schonfrist im inneren dritten Paar keine Schnitte, als es ernst wurde.
In Abwesenheit von Cornulier-Siegerin Flamme du Goutier, die wie im Vorjahr den Amérique wahrgenommen hat und nun ein kleines Päuschen verschrieben bekam, war Granvillaise Bleue als Zweite des Monté-Riesen die logische Favoritin, und das bei 17:10 sehr deutlich. Über 2.175 Meter kommt einem zügigen Beginn zumeist vorentscheidende Bedeutung zu, und den bekam Mademoiselle Levesque mit der Jag-de-Bellouet-Tochter bestens hin.
Für ganz vorn reichte es nicht - da hatten erst Happy and Lucky und mit dem Einbiegen in den Bogen von Joinville Vorjahrssieger Freeman de Houëlle die schnelleren Beine und gaben den rassigen Takt vor. Wie im Cornulier bekam Granvillaise Bleue vor Vaprio, Hanna des Molles, Etoile de Bruyère und Zarenne Fas den Part der äußeren Anführerin aufgedrückt, was entscheidend an ihren Reserven nagen sollte.
Zwar gelang es ihr 350 Meter vorm Pfosten, Freeman de Houëlle zu überlaufen, der unmittelbar darauf die Karten im Galopp warf, doch klebten ihr die Räuber bereits dicht am Hacken. Vaprio, im Cornulier als Vierter weit über den Erwartungen geblieben, hatte den ersten Ruf. Noch besser als der von Alessandro Gocciadoro trainierte Italiener konnte es jedoch Hanna des Molles.
Die Stute, die vorm Wagen mittlerweile kaum mehr einen Hering vom Teller zieht, obwohl sie in jener Disziplin in jungen Jahren eine Macht war und sich mit dem Critérium des 3 Ans sogar einen Klassiker einverleibt hat, schoss wie ein Wirbelwind an dem Adrian-Chip-Sohn vorbei und holte 2½ Längen voraus nach dem Prix Bilibili am 18. Dezember 2022 die zweiten Gruppe-I-Lorbeeren im Monté ein.
Damit kletterte das Konto der Sechsjährigen auf 782.820 Euro. Ihr in Zentralfrankreich nahe Clermont-Ferrand ansässiger Züchter und Besitzer Jean-Louis Béraud wird noch heute jenen Tag benedeien, an dem er sie auf der Jährlingsauktion von Deauville für 35.000 Euro zurückgekauft hat.
Selbst Rang drei hing für die auf der Zielgeraden wie fast immer nach außen driftende Granvillaise Bleue am seidenen Faden, denn Zarenne Fas hätte innen entlang fast „égalité“ hergestellt, und auch Hirondelle du Rib und Etoile de Bruyère endeten dicht bei jener Musik.
Bei einer letzten Stellungnahme ein paar Minuten vor dem „Ab“ hatte sich Alexandre Abrivards Zuversicht noch in Grenzen gehalten, Granvillaise Bleue, die an Heiligabend über die erneut geforderte Distanz mit 1:09,9 erstmals auf französischem Boden im Monté die 1:10-Schallmauer durchbrochen hatte, bezwingen zu können. „Camilles Stute hat im Cornulier voll überzeugt, war uns klar voraus und ist im Sprint wohl noch stärker.“
Doch dann servierte Frankreichs Champion seiner Stute das perfekte Rennen: „Da sie ganz einfach zu handhaben ist, konnte ich mir quasi den Platz aussuchen, den ich haben wollte, und nach der Hälfte des Wegs wuchs meine Zuversicht mit jedem Meter. Vaprio führte uns perfekt und übernahm die Drecksarbeit, Granvillaise unter Druck zu setzen. Als der Italiener die Favoritin geknackt hatte, wusste ich, wir würden gewinnen. Am Schluss ist Hanna geflogen“.
So sprudelte es aus dem 29-jährigen heraus, der der unendlichen Erfolgsgeschichte von seinem Vater Laurent-Claude und ihm ein weiteres Kapitel anfügte. Mit 1:10,4 erzielte Hanna des Molles die drittschnellste Zeit in diesem Klassiker nach Bilibili (1:10,0 / 2020) und Freeman de Houëlle (1:10,3 / 2022).
Etwas geknickt war Camille Levesque: „Ich hab mir den Verlauf durchaus etwas anders vorgestellt und gedacht, noch einige Andere würden zügig beginnen und ich könnte verdeckt von einem Platz im Vordertreffen taktieren. Aber es waren eben nur Zwei, die Dampf machten, und die lagen innen. So musste ich außen rum. Aber sie war auch rasch geschlagen. Im Cornulier hat sie Unglaubliches geleistet. Vielleicht hat ihr jener Kraftakt noch ein wenig in den Knochen gesteckt.“
Prix de l’Île de France - Monté - (Gruppe I int., vier- bis elfj. Hengste & Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 200.000 Euro
1. Hanna des Molles 10,4 Alexandre Abrivard 80
6j.br. Stute von Village Mystic a.d. Ultimate Jet von Nuage de Lait
Be: Jean-Louis Béraud; Zü: Sas JLB Management; Tr: Laurent-Claude Abrivard
2. Vaprio 10,6 Nathalie Henry 210
3. Granvillaise Bleue 10,8 Camille Levesque 17
4. Zarenne Fas 10,8 Mathieu Mottier 76
5. Hirondelle du Rib 10,9 Jean-Loïc Claude Dersoir 170
6. Etoile de Bruyère 10,9 David Thomain 720
7. Happy and Lucky 11,0 Adrien Lamy 130
8. Galipette Pierji 11,0 Matilde Herleiksplass 1040
9. Gladys des Plaines 11,3 Eric Raffin 430
10. Héliade du Goutier 12,7 Paul-Philippe Ploquin 400
11. Get Lovely Délo 17,9g Yoann Lebourgeois 440
Freeman de Houëlle dis.r. Benjamin Rochard 350
Dynasty Péji dis.r. Damien Bonne 250
Sieg: 80; Richter: leicht 2½ - 2 - k.Kopf - ½ - ½ Länge; 13 liefen
Zw-Zeiten: 08,3/675m - 08,9/1175m - 10,2/1675m
Wert: 90.000 - 50.000 - 28.000 - 16.000 - 10.000 - 4.000 - 2.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2023-02-05/7500/4