Das wahre Gesicht gezeigt

Vincennes, Samstag, 6. Februar 2021. Alles, was sich bisher im Jahrgang „I“ mehr oder weniger große Meriten erworben hatte und sich in 14 Tagen in der ersten Prüfung der Kategorie I, dem Critérium des Jeunes, präsentieren will, trat - diesmal noch nach Geschlechtern getrennt -, um je 100.000 Euro zur Generalprobe an.
Bei einsetzendem Regen hatten im Prix Paul Viel acht 2018 geborene Hengste den ersten Ruf. Italiano Vero unterstrich seinen Ruf als „Hopp-oder-Top-Traber“, verkniff sich jeden falschen Schritt und machte das halbe Dutzend an Siegen in beeindruckendem Stil voll; dazu führt er drei rote Karten in seinem Fahrtenbuch. Nichts anderes hatten Besitzer und Trainer Philippe Allaire, der dem Ready-Cash-Sprössling optimistisch einen grünen Smiley verpasst hatte, und die „turfistes“ erwartet, die ihn für 18:10 auf die 2.175 Meter kurze Reise schickten.
Der Braune mit der langen Strichblesse legte los, als ob er noch nie eine Galoppade gekannt habe, und wimmelte den Versuch Yoann Lebourgeois‘, ihn mit Idem du Pont aus der Pole Position zu verdrängen, eiskalt ab. 1:09,2 für die ersten 700 Meter waren für Pferde, die gerade drei Jahre alt geworden sind, eine extrem barsche Ansage, die der hinter den beiden Kampfhähnen postierte Idéal Ligneries mit einem zur Disqualifikation führenden Fehler quittierte. Thorsten Weck und Roger Wittmann haben bislang mit diesem Ankauf wenig Fortune entwickelt.
Idem du Pot verschwand im Fahrwasser des Favoriten, hatte seinerseits Inouï Danica und den bergauf den Kontakt verlierenden Inca Turgot im Nacken. Außen raufte sich In The Money vor Invincible Cash und Invincible de Bry heran - und stand auf verlorenem Posten, als David Thomain an der letzten Ecke einen Zacken zulegte. Überaus leicht verabschiedete sich der „wahre Italiener“ auf drei Längen und ließ noch massenweise Körner fürs Critérium im Tank, das er mit 139.950 Euro als klarer Primus seiner Aufzucht in Angriff nehmen wird.
Eine glatte Enttäuschung war In The Money, der zwar auch beim siebten Versuch „im Geld“ blieb, jedoch erstmals nicht auf Platz eins oder zwei landete, sondern bis auf Rang fünf durchgereicht wurde; da hat Trainer Thierry Duvaldestin bis zum 21. Februar noch reichlich zu feilen. Seine Schwäche nutzten vor allem Invincible Cash und Allaires zweite Waffe Inouï Danica. Damit kann der Meister der jüngeren Garden, dem in diesem Meeting noch nicht allzu viel gelungen ist, noch ein bisschen zuversichtlicher Richtung Critérium blicken.
„Heute hat Italiano mal wieder sein wahres Gesicht aufgesetzt und zum Schluss unaufgefordert seine ganze Klasse gezeigt“, war Thomains Kurzkommentar, „das lässt fürs Critérium hoffen.“
Prix Paul Viel (Gruppe II nat., dreij. Hengste)
2175m Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Italiano Véro 13,3 David Thomain 18
3j.br. Hengst von Ready Cash a.d. Baraka d’Henlou von Diamant Gédé
Be / Tr: Philippe Allaire; Zü: Guido Carnesecca
2. Invincible Cash 13,5 David Békaert 39
3. Inouï Danica 13,7 Eric Raffin 230
4. Idem du Pont 13,8 Yoann Lebourgeois 520
5. In The Money 13,9 Thierry Duvaldestin 51
6. Invincible de Bry 14,4 Romain Derieux 640
7. Inca Turgot 15,7 Cédric Terry 890
Idéal Ligneries dis.r. Franck Nivard 100
Sieg: 18; Richter: leicht 3 - 2 - 2 - 1 - 5 - 14 Längen; 8 liefen
Zw-Zeiten: 09,2/675m - 12,0/1175m - 13,9/1675m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-02-06/7500/2
Die „Unvergessliche“ im Sparmodus
Ein Spaziergang steht Italiano Vero, vorausgesetzt er zeigt sein Schönwetter-Gesicht, in 15 Tagen allerdings nicht ins Haus. Das wusste Philippe Allaire sicherlich bereits vor der mit ebenfalls 100.000 Euro dotierten „Stuten-Abteilung“, dem Prix Roquépine, in dem die Nachfolgerin für die im Training verstorbene Havana d’Aurcy gesucht und bei immer schlechter werdenden Bedingungen erwartungsgemäß in Inoubliable gefunden wurde.
Bei Dauerregen parkte Jean-Philippe Dubois die Fuchsstute zunächst im dritten Paar außen hinter Île aux Moines und Icône de Castelle, legte den Schalter im Scheitel des Joinviller Bogens auf bedingungslose Offensive um, löste zu Beginn des Anstiegs die beiden führenden „Allaires“ It’s Now or Never und Isla Bonita ab und konnte ganz beruhigt zusehen, wie Iseult Flower und Idylle à Vie viel Kraft verpulverten, um über Spur drei in seine Nähe zu kommen.
Auf der Zielgeraden verlangte der 55-jährige seinem neuen Juwel nur das Allernötigste zum vierten Sieg in Folge, zugleich dem zweiten auf halbklassischem Level nach dem Endspurt-Coup im Prix Gélinotte, ab, mit dem sie sich bei den „Pouliches“ ihrer Generation mit 130.410 Euro endgültig an die Spitze katapultierte. Eine Länge dahinter servierte Idylle à Vie ihre Lokomotive Iseult Flower sicher ab, musste aber höllisch aufpassen, dass ihr die innen durchstoßende It’s Now or Never nicht den Ehrenplatz vor der Nase wegfischte. Pech hatte die bei fünf Auftritten ungeschlagene Icône de Castelle, die im entscheidenden Moment im Vordertreffen keine freie Bahn fand und als Fünfte unter Wert bezwungen war.
Prix Roquépine (Gruppe II nat., dreij. Stuten)
2175m Bänderstart o.Z., 100.000 Euro
1. Inoubliable 13,7 Jean-Philippe Dubois 20
3j. Fuchsstute von Prodigious a.d. Dream Life von Ready Cash
Be / Zü: Ec. Victoria Dreams (Jean-Philippe Dubois);Tr: Philippe Moulin
2. Idylle à Vie 13,8 Alexis Chéradame 460
3. It’s Now or Never 13,8 Franck Nivard 150
4. Iseult Flower 13,9 Anthony Muidebled 350
5. Icône de Castelle 13,9 Alexandre Abrivard 31
6. I Wanna Be Queen 14,1 Léo Abrivard 640
7. Ironie du Guélier 14,1 Jean-Philippe Monclin 660
8. Isola Farnèse 14,8 Jérôme Dubreil 2290
9. Île aux Moines 22,1 Benoît Robin 870
Inès Picarde dis.r. Jean-François Senet 1020
Idéale du Chêne dis.r. Paul-Philippe Ploquin 240
Ialka Jénilat dis.r. Eric Raffin 230
Isla Bonita dis.r. David Thomain 170
Illusive Artist dis.r. Julien Dubois 160
Sieg: 20; Richter: leicht 1 - Kopf - 1 - ½ - 2 - k.Kopf - 8 Längen; 14 liefen
Zw-Zeiten: 11,2/675m - 12,1/1175m - 13,7/1675m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-02-06/7500/4
Der „falsche“ Abrivard vorn
Auch die chronologisch erste Gruppe-Aufgabe bei zu jenem Zeitpunkt noch bestens bespielbarem Geläuf war allein französischen Trabern vorbehalten. Im mit sieben Aspiranten dürftig bestückten Prix d‘Avignon der Kategorie III für Vierjährige, die keine 130.000 Euro reich waren, hatte Laurent-Claude Abrivard zwei Starter unter Order, von denen nicht der frische Doppelsieger Happy Pacha, sondern Haribo du Loisir die schärfste Klinge schlug.
Der sich immer stärker in der Vordergrund schiebende 21-jährige Léo Abrivard jagte „im Konflikt der Generationen“ ausgangs des ersten Bogens Jean-Pierre Dubois, dem mit 80 Jahren großen alten Mann nicht nur des französischen, sondern weltweiten Trabrennsports, bzw. dessen Hede Darling die Spitze ab - und sollte sie etwas überraschend nicht mehr hergeben. Obwohl sein Bruder Alexandre Favorit Happy Pacha hinter dem die Außenspur bewirtschaftenden Hunter Valley ein mundgerechtes Rennen servierte, hatte der Pacha-du-Pont-Sprössling am Ende wenig zuzusetzen und wurde glatt abserviert lediglich Vierter.
Haribo du Loisir indes machte seine Fans froh und setzte sich ganz leicht auf 2½ Längen zum vierten Treffer aus 19 Versuchen ab, der zugleich der erste auf Gruppe-Level war und seine Einnahmen auf 132.050 Euro streckte. Mit Glück und Geschick hielt Jean-Pierre Dubois Rang zwei gegen den aus seinem Windschatten mächtig aufkommenden Hakim Griff fest. Wie Happy Pacha hatte auch der stets als Schlusslicht trabende Helboy d’Alesa als zweite Kraft des Wettmarkts wenig zu melden und konnte sich am Ende nur marginal verbessern.
„Taktische Rennen sind nicht so sein Ding. Haribo ist ein ‚Rouleur‘, der ein gleichmäßig zügiges Tempo mag. Als in der letzten Kurve niemand attackierte, wusste ich, dass wir gewinnen konnten. Ich musste ihn nur ein wenig bei Laune halten“, freute sich Léo Abrivard über seinen ersten Gruppe-Erfolg auf dem noblen Plateau de Gravelle.
Prix d‘Avignon (Gruppe III nat., Vierjährige, keine 130.000 Euro)
2100m Autostart, 70.000 Euro
1. Haribo du Loisir 12,1 Léo Abrivard 60
4j.br. Hengst von Rodrigo Jet a.d. Chacha du Citrus von Niky
Be: Jacques Cottel; Zü: E.A.R.L. du Loisir; Tr: Laurent-Claude Abrivard
2. Hede Darling 12,3 Jean-Pierre Dubois 340
3. Hakim Griff 12,3 Eric Raffin 140
4. Happy Pacha 12,4 Alexandre Abrivard 19
5. Helboy d’Alesa 12,5 Mathieu Mottier 38
6. Hunter Valley 12,9 Franck Nivard 150
Help Me Win dis.r. Matthieu Abrivard 110
Sieg: 60; Richter: leicht 2½ - k.Kopf - 1 - ¾ - 4 Längen; 7 liefen
Zw-Zeiten: 12,1/600m - 11,8/1100m - 12,7/1600m
Wert: 31.500 - 17.500 - 9.800 - 5.600 - 3.500 - 1.400 - 700 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-02-06/7500/1