Campo Bahias Debakel
(nn) Vincennes, Samstag, 11. Januar 2020. Es sollte die strahlende Wiedergutmachung für den am 22. Dezember unglücklich vergebenen ersten oder mindestens zweiten Rang im Critérium Continental werden - und wurde zum Debakel für Campo Bahia.
Im schon vorab von Conrad Lugauer ausgesuchten Prix de Croix für die Fünfjährigen erlebte der Muscle-Hill-Sohn ein echtes Waterloo, das nach der exquisiten Vorstellung drei Wochen zuvor, dank der er auf den Titelseiten der französischen Pferdesportgazetten und den Internet-Seiten höchst präsent war, vielleicht nur medizinisch erklärt werden kann.
An „Ersatzfahrer“ Marc Elias kann es kaum gelegen haben. Den doch etwas ungewohnten Bänderstart, den er aus Schweden erst zweimal „geübt“ hatte, bekam der Berchtold-Traber im Gegensatz zu Wetterscheck Freyja du Pont, die mal wieder im Galopp begann, blendend hin. Nachdem sich Falcao de Laurma vor Feliciano, Frisbee d’Am und Fashion Queen die Spitze gesichert hatte, sah Franck Nivard keinen Grund, dem 25:10-Favoriten den Griff nach dem Taktstock ernsthaft zu verwehren, als der Mitte der Tribünengeraden darum nachfragte. Unblutig in Front gekommen, lief es auch weiterhin ideal für den Sieger des schwedischen Königspokals.
Im Bogen von Joinville kamen in kurzer Folge erst Fakir du Lorault als nach hinten versetzt äußerer Leader, dann Frisbee d’Am, der Zweite des Europachampionats der Vierjährigen, aus dem Tritt, womit der aus der Deckung brandgefährlichen Flèche du Yucca der äußere Fahrtwind kräftig um die braune Nase wehte. Und auch der Bergauf-Vorstoß des Hamburger Siegers Zarenne Fas musste Elias, der eine Pace im unteren 1:14-Bereich vorgab, nicht wirklich beunruhigen. Im Gegenteil: Er lockte Falcao de Laurma hinter ihm aus der Reserve, an den sich, als der Italiener in Diensten Jerry Riordans 400 Meter vorm Pfosten schon wieder auf dem Rückzug war, Feliciano koppelte. Das war in etwa der Zeitpunkt, an dem sich die Schar der Campo-Bahia-Anhänger mit einer Mischung aus Entsetzen und Verwunderung die Augen rieb. Nichts war mehr übrig von jedem stolzen Recken, der mit so viel Verve Face Time Bourbon einen geharnischten Fehdehandschuh hingeworfen hatte. Als Falcao de Laurma, wohl die Nummer zwei im französischen „F“-Jahrgang und dreimal in Folge mit viel Pech gescheitert, die Daumenschrauben anzog, packte der Schwede sang- und klanglos seine Siebensachen und tauchte bis auf Platz sechs ab.
In trockenen Tüchern war das 45.000-Euro-Ding jedoch auch für den schmucken Fuchs aus dem Hause Duvaldestin nicht. Am Glanztag Philippe Allaires, dessen Youngster chronologisch unmittelbar zuvor die Dreijährigen-Prüfung nach Strich und Faden beherrscht hatten, punktete Feliciano. Dem Schwarzbraunen mit der langen schmalen Blesse hatte David Thomain einen Run in rigoroser vorderer Deckung verpasst, was der Ready-Cash-Sohn der Ecurie des Charmes dankend zum zehnten Treffer zu nutzen wusste, sein Konto auf 474.340 Euro ausbaute und damit nur noch hauchdünn hinter Falcao rangiert, der 475.230 Euro sein Eigen nennt. Dritte wurde mit Flèche du Yucca die Aufsteigerin der letzten Wochen, die bis auf das Intermezzo im unteren Bogen stets mindestens eine Zugmaschine hatte.
„Ein phänomenaler Erfolg, denn seine letzte Vorstellung am 17. November (7. im Prix de Bretagne/Anm.d.Rd.), aus der er lahm zurückkam, hat uns einige Kopfschmerzen bereitet. Das gesamte Team hat einen Super-Job vollbracht. Dass er so etwas wie heute kann, hat er ja im Herbst bei seinem 1:10,2-Sieg im Prix de l’Etoile gezeigt, nach dem wir eigentlich den ‚Amérique‘ im Blick hatten“, war Philippe Allaire happy. „Er war wieder ganz der Alte“, resümierte David Thomain, seit jenem Prix de l’Etoile sein Standardfahrer, „es passte im Rennen aber auch alles bis ins kleinste Detail“, wofür in erster Linie er selbst verantwortlich war. Das ließ der 31-jährige bescheiden unerwähnt.
Prix de Croix (Gruppe II int., fünfj. Hengste & Stuten)
2850m Bänderstart, plus 25m ab 466.000 Euro; 100.000 Euro
1. Feliciano 2850 13,4 David Thomain 109
5j.schwbr. Hengst von Ready Cash a.d. Ravanella von Jain de Béval
Be / Zü: Ecurie des Charmes; Tr: Philippe Allaire
2. Falcao de Laurma 3. Flèche du Yucca 4. Florida Sport 5. Fashion Queen 6. Campo Bahia 7. Fighter Smart 8. Zarenne Fas 9. Ferreteria Freyja du Pont Fly With Us Fakir du Lorault Frisbee d’Am |
2850 13,4 Franck Nivard 2850 13,6 Jean-Philippe Dubois 2850 13,7 Yoann Lebourgeois 2850 13,8 Eric Raffin 2850 14,0 Marc Elias 25 2850 14,0 Mathieu Mottier 2850 14,1 Gabriele Gelormini 2875 14,6 Matthieu Abrivard 2850 dis.r. Jean-Michel Bazire 2850 dis.r. Björn Goop 2850 dis.r. François Lecanu 2850 dis.r. Alexandre Abrivard |
39 66 910 230 25 340 240 1080 130 860 250 350 |
Sieg: 109; Richter: sicher ½ - 3 - 1 - 1 - 3½ - Kopf; 13 liefen
Zw-Zeiten: 14,0/1350m - 14,6/1850m - 14,3/2350m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro
Parademarsch der Allaire-Armada
So etwas wie ein Erbhof ist mittlerweile der Prix Maurice de Gheest, der erste Halbklassiker für die Hengste der Generation 2017 über 2700 Meter, für Philippe Allaire und dessen Aushängeschild Ready Cash geworden. 2008 hatte der 4,2-Millionen-Traber die Lorbeeren das erste Mal für den 60-jährigen geholt, stellte mit seinen Söhnen Brillantissime, Django Riff, Eridan, Feeling Cash und Gotland die Sieger der Jahre 2014 sowie 2016 bis 2019 und nunmehr über seinen Enkel Helgafell auch jenen 2020. Bis auf Eridan waren alle in der „Mache“ Allaires, der als „Ersatz“ 2015 für den von Password gezeugten Cahal des Rioults verantwortlich war. Das Tüpfelchen auf dem I, das des „grauen Wolfs“ Dominanz bei den Nachwuchstrabern noch unterstreicht, war wieder einmal ein Grand Flush: Seine drei Musketiere, ohnehin die Reichsten im Zehnerfeld, beschlagnahmten das Treppchen für sich.
Während Haquitin beim gültigen „Ab“ abdrehte und in den Innenraum entschwand, flitzte Allaire Numero III Heaven’s Pride vor Hawk Speed, Harvest de Bulière und dem innen eingekesselten Heartbreaker One in Front. 2700 Meter sind für die offiziell gerade Dreijährigen ein gewaltiger Kanten, doch sooo langsam muss es nun auch nicht zugehen, dachte sich Benoît Robin und schmetterte nach einem Kilometer in 1:18 aus dem gesicherten Mittelfeld an dessen Flanke, wodurch die Fahrt bergauf etwas flotter wurde. Heart Jewel, Helgafell, der am Start höchst unwirsche Holzarte Védaquais und Hélium respektive dessen Steuermänner sahen keine Veranlassung, ihre Positionen dahinter frühzeitig aufzugeben, so dass erst 400 Meter vorm Pfosten Bewegung ins Paarlaufen kam.
Heart Jewel in dritter, Helgafell in vierter und Holzarte Védaquais gar in fünfter Spur krempelten die Ärmel hoch, doch hatte sich Heaven’s Pride genügend Reserven bewahrt. Einzig gegen den wie immer von Eric Raffin gesteuerten Helgafell war dann doch nichts zu löten. Zug um Zug robbte sich der Braune mit dem großen Keilstern zum sechsten Sieg aus sieben Starts um eine halbe Länge vorbei und baute sein Konto auf 182.900 Euro aus; mehr hat noch niemand seines Jahrgangs verdient. Den Allaire-Triumph vervollständigte Holzarte Védaquais, der drei Längen hinter seinen Trainingsgefährten Heartbreaker One in Schach hielt.
Dank des enorm schnellen Endstücks blieb der Sieger mit 1:16,1 gar nicht so weit vom Rennrekord entfernt, den Gotland vor Jahresfrist auf 1:15,7 geschraubt hatte.
„Einfach genial“, grinste Allaire breit übers ganze Gesicht, „besser können wir unsere Deckhengste gar nicht publik machen. Helgafell ist von Charly du Noyer, die andern beiden sind von Brillantissime, also väterlicherseits alles Ready-Cash-Enkel! Diesen Helgafell liebe ich sehr. Er entwickelt einen enormen Schub aus der Hinterhand und ist charakterlich ein toller Typ, der rasch lernt - ein echter Profi eben. Schon als ich ihn im Gestüt für Gerard Augustin-Normand ausgesucht habe, hab ich mich total in ihn verknallt.“
mit Cleangame im schlanken Gang gewonnen. Auch heuer stellte der entthronte 20-fache Sulky d’Or in einer sehr viel ausgeglichener besetzten Prüfung den etwas überraschenden Sieger im spannendsten Finish des Tages. Wie fast schon üblich bei den reichen Älteren - diesmal waren jene bis 634.499 Euro Gewinnsumme gefragt -, schöpfte „JMB“ aus dem Vollen seines Quartiers und schickte ein Quartett ins 2700-Meter-Match, aus dem er sich nicht etwa den aktuellen Sieger Dorgos de Guez herauspickte. Den vertraute er Filius Nicolas an und knöpfte sich Valokoja Hindö vor. Jenen Dänen, den er seit Oktober 2018 vom Nobody zum - nach elf Siegen aus 24 Auftritten unter seiner Ägide - potentiellen Amérique-Anwärter geformt hat. Dass es mit der Qualifikation fürs Monsterrennen nichts wurde, „lag vielleicht auch an der falschen Taktik, die ich Christophe Martens im ‚Bourbonnais‘ wie im ‚Bourgogne‘auf den Weg gegeben habe“, wie der 48-jährige selbstkritisch geäußert und sich das Ticket für den „Jour J“ inzwischen abgeschminkt hatte.
Diesmal sollte es konsequent aus der Deckung gehen, wofür er den Neunjährigen zunächst an dritter Position innen hinter dem wie der Blitz in Front gedonnerten und teils mit etlichen Längen Vorsprung führenden Mindyourvalue W.F. sowie Calaska de Guez versteckte und nach einem Kilometer Dorgos de Guez vor sich einparken ließ. Damit fiel Chica de Joudes wieder einmal der Part durch die Todesspur zu; ein Akt, den die eisenharte, bereits seit langem als Zweite des Prix de Belgique für den Amérique gebuchte Lady schon gewohnt ist. Ihr Mentor Alain Laurent kannte erneut keine Gnade und spielte die Lokomotive für Tessy d’Eté, Alamo du Goutier, Dreambreaker und den bei dem enormen Tempo bald kontaktlosen Beau de Grimoult.
Zu Beginn des Anstiegs quetschte sich Bazire senior in zwei halbseidenen Anläufen, bei denen Alamo du Goutier für ein paar Schritte den Takt verlor, hinter Tessy d’Eté in Spur zwei. Obwohl Mindyourvalue, der sich auf dem weiten Rund des Plateau de Gravelle sehr viel wohler fühlt als auf den viel engeren Pisten seiner schwedischen Heimat, weiterhin enorm Tempo bolzte, blieb der Pulk dicht beisammen und legte ein Finale hin, das nichts für Herzkranke war. Schien der Schwede ausgangs der Schlusskurve erfasst, so lief er unter Lebourgeois‘ kräftigen Rüttlern dann doch immer weiter - und passierte die Linie als Fünfter lediglich eine halbe Länge hinter dem Sieger.
Der hieß Valokaja Hindö, den „Jean-Mi“ in unnachahmlicher Manier am kämpfenden Rudel vorbeistukte, aus dem Chica de Joudes als Siebente geringfügig abfiel, Calaska de Guez und Clif du Pommereux hinter einer Wand von Gespannen festsaßen und auch Alexandre Abrivard nur eine Mini-Lücke zwischen Valokaja Hindö und Tessy d’Eté fand, in die er wenigstens den „Oberkracher“ stopfen konnte. Der Sulky hätte vermutlich nicht durchgepasst, was auch Thema der eingeleiteten „Enquête“ war. Im Kampf auf allen Plätzen war Dorgos de Guez hauchdünn vor Tessy d’Eté und dem ganz außen heranbrausenden Super-Außenseiter Alamo du Goutier der „lucky winner“ für den Ehrenplatz.
Bestand hatte das Resultat jedoch erst nach rund 15 Minuten und doppelter Überprüfung. An der Fahrweise Nivards auf der Zielgeraden hatten die Rennrichter nichts auszusetzen und befanden zudem, dass Dreambreaker das Ziel bereits erreicht hatte, als er im engen Getümmel aus dem Strich geriet. Der Protest Héberts gegen Jean-Michel Bazire wegen der Fahrspurveränderung rund 1200 Meter vorm Ziel, die Alamo du Goutier eine entscheidende Position gekostet hatte, wurde zurückgewiesen; Bazire kam mit einer Verwarnung höchst glimpflich davon. Nächste Aufgabe für den wie Dreambreaker 1:11,9 auslaufenden Valokaja Hindö ist in 14 Tagen der Prix du Luxembourg, der ursprünglich auch für Orlando Jet als Ziel des Pariser Winters ausgegeben worden war.
Dreambreaker durfte sich über ob der außergewöhnlichen Leistung eher magere 1.600 Euro und den neuen deutschen Langstrecken-Rekord freuen, der seit 2013 mit ebenfalls in Vincennes erzielten 1:12,2 auf den Schultern Bagleys geruht hatte.
Prix du Forez (Gruppe III nat., Sieben- bis Elfj. bis 635.000 Euro)
2700m Bänderstart o.Z.; 80.000 Euro
1. Valokaja Hindö 11,9 Jean-Michel Bazire 77
9j.dklbr. Hengst von Great Challenger a.d. Hindö Enghave von Victor Victor
Be: Eirik Djuve, DK; Zü: Jeanette Jensen & Vagn Larsen, DK; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Dorgos de Guez 3. Tessy d’Eté 4. Alamo du Goutier 5. Mindyourvalue W.F. 6. Dreambreaker 7. Chica de Joudes 8. Calaska de Guez 9. Clif du Pommereux 10. Beau de Grimoult |
11,9 Nicolas Bazire 11,9 Franck Nivard 11,9 Vincent Hébert 11,9 Yoann Lebourgeois 11,9 Alexandre Abrivard 12,0 Alain Laurent 12,0 David Thomain 12,1 Matthieu Abrivard 13,4 Franck Anne |
65 60 1190 55 160 25 250 310 990 |
Sieg: 77; Richter: Kampf ½ - k.Kopf - Kopf - Kopf - Kopf - 1 - Hals; 10 liefen
Zw-Zeiten: 11,3/1200m - 11,3/1700m - 11,8/2200m
Wert: 36.000 - 20.000 - 11.200 - 6.400 - 4.000 - 1.600 - 800 Euro