Bonjour Vincennes

(nn) Vincennes, Samstag, 17. August 2019. Seit dem 30. Juni hatte das Plateau de Gravelle trabrennsportliche Sendepause. Am Samstag ab „kurz nach Zwölfe“ ging’s mit voller Kapelle ins Sommer-/Herbst-Meeting: Je zwei Gruppe-II-Rennen für fünfjährige Inländer und dreijährige Europäer um 85.000 Euro zierten die Acht-Rennen-Karte, bei der 462.000 Euro unter die Besitzer gebracht wurden - und das bei Kaiserwetter mit Sonnenschein und 28 Grad.
Die erste Siegerschleife holten um kurz nach „high noon“ im Prix d‘Abbeville, einem Trabreiten um 44.000 Euro für sieben- bis zehnjährige Franzosen, der vor zwei Tagen zum „Jockey“ avancierte Antoine Voisin und der von Thierry Duvaldestin vorbereitete Goetmals-Wood-Sohn Dusty Wood überlegen in 1:13,1/2700m, was der Toto mit doppelten Sieg-Odds honorierte.
Prachtvoller Gruppe-Einstand
Mit einem krachenden Favoritensturz begann der Gruppe-Reigen. Völlig anders als geplant verliefen die finalen 250 Meter des Prix Guy Deloison für die „H“-Stuten. Bis dahin sah alles nach dem achten Erfolg von Jean-Michel Bazires Musterschülerin Havana d’Aurcy aus, die bereits sechs Gruppe-Schleifen gesammelt hatte.
Mit einem kraftvollen Zwischenspurt hatte der „Maître“ von der auf diesem Niveau debütierenden Hanna des Molles kurz vorm Joinviller Bogen das Kommando übernommen und schien alles im Griff zu haben. Außen robbte sich zwar Dauerrivalin Havanaise mit Harley de Laumac, Hirondelle Sibey, Harvest Home und Hélèna Barosso näher, doch wirklich gefährlich sah dies nicht aus. Das sollte sich sehr zum Leidwesen der Bazire-Fans gewaltig ändern.
Urplötzlich stand Havana d’Urzy wie schon bei ihrer letzten Aufgabe, dem Prix Albert Viel am 21. Juni, still. Havanaise war im Nu vorbei, hatte damit aber noch nicht gewonnen, wurde ihrerseits von Hirondelle Sibey attackiert, und noch besser konnte es Hanna des Molles. Die mit sechs Starts Unerfahrenste und Ärmste des Neuner-Pulks bewies auf Anhieb, wie gut sie in dieser Gesellschaft mitzuhalten versteht, wenngleich dies heute nicht die wahre Havana d’Aurcy gewesen sein kann.
Mit viel Verve stukte Alexandre Abrivard sie einen „Hals“ vor der „Lerche“ an die Linie, was einen Konto-Aufschwung von 41.470 auf 79.720 Euro bedeutete. Eine Ewigkeit hinter dem Spitzentrio bemühte Bazire die Favoritin nicht mehr, die auch noch von Hélèna Barosso und Harvest Home überlaufen wurde.
Prix Guy Deloison (Gruppe II int., dreij. Stuten)
2700m Bänderstart o.Z., 85.000 Euro
1. Hanna des Molles 15,1 Alexandre Abrivard 120
3j.br. Stute von Village Mystic a.d. Ultimate Jet von Nuage de Lait
Be: Jean-Louis Béraud; Zü: Sas JLB Management; Tr: Laurent-Claude Abrivard
2. Hirondelle Sibey 15,1 Eric Raffin 66
3. Havanaise 15,2 François-Pierre Bossuet 54
4. Hélèna Barosso 15,7 Sylvain Dieudonné 720
5. Harvest Home 15,7 Franck Nivard 360
6. Havana d’Aurcy 15,7 Jean-Michel Bazire 14
7. Hermine Girl 15,8 Christophe Lebissonnais 580
8. Harley de Laumac 16,0 Franck Anne 560
9. Hytte du Terroir 16,0 Laurent-Claude Abrivard 1010
Sieg: 120; Richter: Kampf Hals - 1 - 8 - ½ - ½ - 1¼ Längen; 9 liefen
Zw-Zeiten: 16,9/1200m - 16,4/1700m - 16,3/2200m
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-08-15/7500/4
Der zweite „Elfer“ sitzt
Noch einmal wollte sich Jean-Michel Bazire mit seiner jungen Garde nicht so vorführen lassen. Der von lediglich sechs Aspiranten bestückte Prix Pierre Plazen für die dreijährigen Hengste wurde nach einem über 1200 Meter ganz gemütlichen Gänsemarschrennen, in dem die Tachonadel bei 1:19 verharrte und Heaven’s Pride vor Hooker Berry, Havaroche, Hakim Griff, Hugh de Banville und Schlusslicht Kuyt F.Boko führte, zu einer bombensicheren Beute des schmucken Fuchses mit dem großen Stern.
Den ohne Check „Kopf im Tiefflug“ aufgebotenen Booster-Winner-Sohn beorderte „JMB“ Mitte des Anstiegs nach außen, weil Hugh de Banville die Perlenketten-Formation aufgebrochen hatte. Wesentlich zügiger wurde es dadurch zunächst nicht. Erst ab 500 Meter vorm Ziel flogen die Späne - nach vorn zugunsten Hooker Berrys, der endlich, nachdem er oft genug an Helgafell und/oder Havana d’Aurcy gescheitert war, seinen ersten Halbklassiker einklinkte, und dies mit 3½ Längen Vorsprung höchst souverän.
Macht vier Siege aus 13 Engagements sowie 240.170 Euro für ihn, der oft als zweite Stallwaffe von Franck Nivard vorgetragen worden war. Platz zwei blieb Heaven’s Pride vor Kuyt F. Boko, dem Robin Bakker äußerste Schonung hatte angedeihen lassen, der aber zu lange brauchte, um eine halbwegs freie Bahn zu finden.
Prix Pierre Plazen (Gruppe II int., dreij. Hengste)
2700m Bänderstart o.Z., 85.000 Euro
1. Hooker Berry 16,6 Jean-Michel Bazire 15
3j. Fuchshengst von Booster Winner a.d. Osaka Berry von Caballio in Blue
Be / Zü: Michel Aladenise; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Heaven’s Pride 16,9 David Thomain 52
3. Kuyt F Boko 16,9 Robin Bakker 53
4. Havaroche 17,0 Louis Baudouin 340
5. Hakim Griff 17,2 Eric Raffin 99
6. Hugh de Banville 17,3 Franck Anne 310
Sieg: 15; Richter: überlegen 3½ - 1 - ½ - 3½ - 1 Länge; 6 liefen
Zw-Zeiten: 19,3/1200m - 19,2/1700m - 18,1/2200m
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 (- 850) Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-08-15/7500/7
Leichtes Cash für Feeling Cash
Viel leichter, als es unterwegs aussah, schnappte sich Feeling Cash den Prix Hervé Ceran-Maillard für die 2015 geborenen Satteltraber. Aus der 2175 Meter kurzen Aufgabe meldeten sich Frédo Griff, France Brésil und Famous Lady bereits auf der Startgeraden ab, derweil Féodale aus dem Erfolgshaus Alexandre und Laurent-Claude Abrivard ein Höllentempo vorlegte.
Gut abgekommen war Feeling Cash, mit dem Eric Raffin hinter Flore de Janeiro an dritter Position auf der Lauer lag, während Kraftprotz Fado du Chêne nach vorsichtigem Beginn nur als Sechster unterkam. Kurz vorm Gipfel beorderte Raffin den Monté-Kronprinzen nach außen, bekam Fun Quick und eben Fado du Chêne als Anhängsel und begann Féodale ab der Einmündung der kleinen Bahn immer massiver unter Druck zu setzen.
Dran zu bleiben am Spitzenduo vermochte allein Fun Quick, der nach dem kapitalen Aussetzer Féodales zu Beginn der Zielgeraden für Momente gar am ersten halbklassischen Sieg schnupperte. „Nichts da“, erteilte ihm der Ready-Cash-Sohn eine barsche Annonce und setzte sich locker auf vier Längen ab.
Es war des Allaire-Schützlings neunter Erfolg aus 41 Versuchen, der durch viele erstklassige Platzierungen in den Klassikern Geld wie Heu gemacht hat und nach Face Time Bourbon als Zweiter dieser Generation stramm auf die Million zumarschiert: 940.110 Euro zieren sein Konto. Genauso viel Luft wie zum Sieger hatte der von Maik Esper vorbereitete Fun Quick zum spät auf Touren kommenden Fado du Chêne, der auf längeren Wegen sicherlich besser aufgehoben ist.
Prix Hervé Ceran-Maillard - Monté - (Gruppe II nat., fünfj. Stuten & Hengste)
2175m Bänderstart o.Z., 85.000 Euro
1. Feeling Cash 11,4 Eric Raffin 16
5j.br. Hengst von Ready Cash a.d. Royale Star von Coktail Jet
Be: Carlos Lerner; Zü: Ecur. des Charmes; Tr: Philippe Allaire
2. Fun Quick 11,7 Matthieu Abrivard 180
3. Fado du Chêne 12,1 Paul-Philippe Ploquin 85
4. Force Vive 12,4 Benjamin Rochard 560
5. Fiona Gendréenne 13,4 Antoine Dabouis 650
6. Flore de Janeiro 13,9 Anthony Barrier 210
Féodale dis.r. Alexandre Abrivard 44
Frédo Griff dis.r. Mathieu Mottier 410
France Brésil dis.r. David Thomain 250
Famous Lady dis.r. Guillaume Martin 420
Sieg: 16; Richter: überlegen 4 - 4½ - 2½ - 12 - 6 Längen; 10 liefen
Zw-Zeiten: 09,2/675m - 10,1/1175m - 11,6/1675m
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 (- 850) Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-08-15/7500/5
Auf bestem Weg Richtung Critérium…
… und zwar jenem „des 5 Ans“, dem letzten der französischen Jahrgangs-Derbys, ist nach dem leichten Erfolg im Prix Jockey Flèche du Yucca, die sich immer stärker als beste Lady des „F“-Jahrgangs im Attelé herausschält, obwohl sie mit ihrem heutigen 14. Sieg erst 378.120 Euro auf dem Kerbholz hat. Jean-Philippe Dubois hat der bulligen Prodigious-Tochter erst vor acht Monaten ein Gruppe-Rennen zugemutet, das sie auf Anhieb gewonnen hat.
Der aus jeder Lage einsetzbaren Braunen kam natürlich zupass, dass Falcao de Laurma, der am 6. Januar 2019 als erster Franzose Überflieger Face Time Bourbon hatte in die Schranken weisen können, mit einem kapitalen Startfehler begann, der ihn um 40 Meter zurückwarf. Dennoch war der Fuchs bald wieder dran am Feld, und als Jean-Michel Bazire mit Fairplay d’Urzy bergauf in dritter Spur Programm zu machen begann, fand er in ihm eine erstklassige Lokomotive, die ihn voran zog.
Als der Ready-Cash-Sohn mit seiner wuchtigen Attacke gar an Flèche du Yucca vorbei durfte, die ausgangs des Bogens von Joinville dem vor Flèche Bourbon und Frisbee d’Am führenden For You Madrik den Taktstock entrissen hatte, wehte ab 600 Meter vorm Pfosten Franck Nivards Fuchs der äußere Fahrtwind ins Gesicht. In der höllischen Endphase schien er dennoch für einen Treppchen-Platz in Frage zu kommen, als ihm 300 Meter vorm Ziel zeitgleich mit For You Madrik ein zweiter Fehler unterlief, der sein Schicksal Richtung Sünderturm besiegelte.
Ein Doppeltreffer auf halbklassischem Level blieb „JMB“ jedoch versagt. Wuchtig nahm die unermüdliche Kämpferin Flèche du Yucca das Gebiss noch einmal zwischen die Zähne und raufte Fairplay d’Urzy um eine Länge nieder, dessen Überfall eine Idee zu viele Körner gekostet hatte. An ihm kämpfte sich als Überraschungsgast auf dem Stockerl die unterwegs unsichtbare Féerie Wood vorbei. Der durchweg im zweiten Paar außen hinter Foxtrot Sea aktive Fakir du Lorault war als Vierter vor Bazires zweiter Chance Feydeau Seven an der Linie, dem Filius Nicolas innen kürzeste Wege serviert hatte.
Prix Jockey (Gruppe II nat., fünfj. Hengste & Stuten)
2700m Bänderstart o.Z., 85.000 Euro
1. Flèche du Yucca 12,9 Jean-Philippe Dubois 39
5j.br. Stute von Prodigious a.d. Vincenza von Gobernador
Be: Ec. Victoria Dreams; Zü: Christian Bernard Martin; Tr: Philippe Moulin
2. Féerie Wood 13,0 Alexandre Abrivard 410
3. Fairplay d’Urzy 13,0 Jean-Michel Bazire 59
4. Fakir du Lorault 13,2 François Lecanu 300
5. Feydeau Seven 13,3 Nicolas Bazire 1070
6. Frisbee d’Am 13,5 Richard Westerink 680
7. Foxtrot Sea 13,6 Cédric Mégissier 240
8. Flicka de Blary 15,6 Sylvain Dieudonné 2020
For You Madrik dis.r. Eric Raffin 76
Fashion Queen dis.r. David Thomain 1060
Falcao de Laurma dis.r. Franck Nivard 21
Flèche Bourbon dis.r. Jean-Philippe Monclin 310
Sieg: 39; Richter: leicht 1 - Kopf - 3½ - 1 - 3 - Hals; 12 liefen
Zw-Zeiten: 14,8/1200m - 13,9/1700m - 13,6/2200m
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro
Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2020-08-15/7500/8
Voyage d’Amour gute Dritte
Ein interessantes Pferd könnte sich Jean-Michel Bazire mit dem Schweden Bo C. an Land gezogen haben, der aus seiner Heimat aus 37 Versuchen elf Siege und 96.284 Euro mitgebracht hat, aber auch elfmal in mehr oder weniger ausgiebigem Galopp aufgefallen war. Im mit dem Auto gestarteten und über 2100 Meter führenden Prix de Molay (32.000 Euro, Sechs- und Siebenjährige, keine 120.000 Euro) war Bazire mit dem Maharajah-Sohn von der „8“ sofort im vorderen Getümmel dabei.
Musste er erst Uma d’Asti, dann Hossiana Boko die Pole Position überlassen, so übernahm er mit dem großrahmigen Sechsjährigen zur Hälfte des Anstiegs selbst das Kommando, löste sich an der letzten Ecke und präsentierte ihn zur Frankreich-Premiere in exzellenter 1:11,3-Verfassung. Weit vor der Linie konnte der 20-fache französische Sulky d’Or die Hände runternehmen und sich anschauen, wie Eagle Wind (11,6) der aus der zweiten Startreihe zunächst als äußeres Schlusslicht aktiven Voyage d’Amour, die im letzten Drittel immer prominenter wurde, den Ehrenplatz entriss.
Doch auch mit Bronze und 4.480 Euro Barem seiner 1:11,8 laufenden Quick-Wood-Stute dürfte Mike Lenders vollauf zufrieden gewesen sein. Dem für schmale 15:10 gehandelten Bo C., der Bazires eigene Brieftasche mit 14.400 Euro füllte, stehen die Türen weit offen, behält er diese Form bei.
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