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Auf flachen Pisten eine Macht

Vivid Wise As und ein jubelnder Alessandro Gocciadoro (Foto: paris-turf.com)
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Frankreich

Enghien, Samstag, 24. April 2021. Es bleibt dabei: Während auf der Berg- und Talbahn von Vincennes bisher wenig bis nichts für Vivid Wise As zusammengelaufen ist, ist er auf Frankreichs ebenen Pisten mit den langen Zielgeraden eine Macht: In Cagnes-sur-Mer scheint er wie einst Timoko unbezwingbar und hat alle vier Versuche auf Platz eins beendet, auf dem Plateau de Soisy im einstigen Pariser Bäder-Vorort kreuzte er zum zweiten Mal bei den Honoratioren auf.

Nach dem Triumph im Prix Henri Cravoisier am 6. August 2017 mit Enrico Bellei noch unter der Regie seines ersten Förderers Marco Smorgon klingelte es für den Braunen aus Zucht und Besitz von Antonio Sommas Scuderia Bivans im Prix de l’Atlantique, Enghien-les-Bains‘ einziger Prüfung der höchsten Kategorie I - und das nach so simplem wie idealem Strickmuster.

Geschwindigkeit war für den Yankee-Glide-Sohn noch nie eine Hexerei, der gute Flugsteig „4“ tat ein Übriges. Nur kurz durfte sich Billie de Montfort (3) der vor Chica de Joudes ergatterten Spitze erfreuen und trat sie umgehend ab, als der Italiener noch vor der ersten Kurve wuchtig angestiefelt kam. Noch eiliger hatte es Etonnant, der in seinem ungestümen Vorwärtsdrang nun auch vor dem Sulky - die große Ernte hatte er bislang unterm Sattel eingebracht - immer mehr an seinen Vater Timoko erinnert.

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(Foto: letrot.com)

Eingedenk der langen Zielgeraden ließ Alessandro Gocciadoro den Westerink-Trainee vorbei, hinter dem Anthony Barrier anschließend keineswegs auf der Bremse saß, sondern einen flotten Strich vorlegte. Délia du Pommereux, Calle Crown, Gocciadoros zweiter Aspirant Vitruvio machten es sich hinter dem ersten Trio innen bequem, während Davidson du Pont die undankbare Aufgabe zufiel, Jerry Mom, Wild Love, Unique Juni und Valokaja Hindö durch die zweite Spur zu schleppen.

Lange suchte Jean-Michel Bazire vergebens, einen seiner Hintermänner vorbei- oder Vivid Wise As herauszulocken. Ebenso stur, wie er seinen Crack, dem nach dem Ehrenplatz im Prix d’Amérique viermal in Folge gar nichts mehr gelungen war, nach hinten versetzt laufen ließ, blieb Gocciadoro innen. Erst als Davidson du Pont ausgangs der Schlusskurve vordere Luft zu schnuppern begann, dirigierte er Vivid Wise As rechtzeitig nach außen - und der Rest war für „Bella Italia“ fast ein Kinderspiel.

Wohltuend unaufgeregt schaukelte der wegen seiner in Italien oft knüppelharten Aktionen zu Recht in die Kritik geratene Mann diesmal in den grün-gelben Besitzerfarben Vivid Wise As am wackeren Etonnant vorbei zum siebenten Erfolg auf französischem Boden, der sein Konto auf 1.221.898 Euro brachte. Blanke 1:11 - zügiger hat bislang nur Vorjahrssieger Looking Superb (1:10,6) den „Atlantique“ durchquert.

Wie im Prix de Paris war Etonnant erstaunlicherweise nicht wirklich kleinzukriegen und hielt sich die prächtig spurtenden Délia du Pommereux und Jerry Mom für den Ehrenplatz sicher vom Leib. Eine gallebittere Zielgerade durchlebte „JMB“. Davidson du Pont kam zwar fehlerlos um den 2.150 Meter kurzen Parcours, doch war das nach den Aussetzern in den Prix de France, de Paris sowie im Critérium de Vitesse nur die eine Seite der Medaille.

Die andere implizierte, dass er auf den finalen 150 Metern trotz resoluter Mühen seines Herrn und Meisters sang- und klanglos die Waffen streckte und der indiskutable sechste Scheck haarscharf vor Wild Love kein Heldenstück war.

„Großartig“, strahlte Alex Gocciadoro übers ganze Gesicht, „diese ebenen Kurse mit langen Zielgeraden wie auch in Cagnes sind genau sein Ding - da fuhr es sich im Windschatten von Etonnant ideal. Ich habe in meiner Karriere Super-Pferde trainiert, doch dieser Vivid Wise As ist etwas ganz Besonderes. Er hat ein außergewöhnliches Beschleunigungsvermögen“, was die Franzosen oft genug unter die Nase gerieben bekommen haben und nun vermutlich auch den Schweden im Elitloppet vor Augen geführt werden soll; die Einladung zum 30. Mai liegt auf dem Tisch.

Hochzufrieden war desgleichen Richard Westerink, der das Rennen auf der Tribüne verfolgte: „Toll! Etonnant hatte gut trainiert, war aber gar nicht mal sonderlich scharf. Ich denke, wir gehen am 2. Mai zum Critérium de Vitesse nach Argentan - der dortige Rechtskurs sollte ihm perfekt liegen.“

60. Prix de l’Atlantique (Gruppe I int., vier- bis zehnj. Hengste und Stuten)
2150 Meter Autostart, 170.000 Euro
1.    Vivid Wise As    11,0    Alessandro Gocciadoro    28
    7j.br. Hengst von Yankee Glide a.d. Temple Blue Chip von Cantab Hall
    Be / Zü: Scud. Bivans (Antonio Somma); Tr: Alessandro Gocciadoro
2.    Etonnant    11,1    Anthony Barrier    180
3.    Délia du Pommereux    11,2    Eric Raffin    37
4.    Jerry Mom    11,2    Pierre Vercruysse    850
5.    Calle Crown    11,3    David Thomain    1070
6.    Davidson du Pont    11,4    Jean-Michel Bazire    35
7.    Wild Love    11,4    Alexis Prat    320
8.    Billie de Montfort    11,5    Gabriele Gelormini    280
9.    Unique Juni    11,5    Matthieu Abrivard    380
10.    Vitruvio    11,6    Federico Esposito    320
11.    Valokaja Hindö    11,7    Nicolas Bazire    1840
12.    Chica de Joudes    11,7    Alain Laurent    140
Sieg: 28; Richter: sicher 1½ - ¾ - ½ - 1½ - Hals - Kopf; 12 liefen
Zw-Zeit: 12,4/1150m - 11,1/1650m
Wert: 76.500 - 42.500 - 23.800 - 13.600 - 8.500 - 3.400 - 1.700 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-04-24/7502/7

Das Hackebeil zerlegt die Gegner

Der zweite herausragende Programmpunkt wendete sich an die einheimischen Vierjährigen, die nach Geschlechtern getrennt um je 100.000 Euro stritten. Im Prix Gaston Brunet machte Hatchet Man Schluss mit der Saga, er könne ein Match nicht von vorn entscheiden - ausgerechnet über 2.875 Meter, was auf dem Plateau de Soisy zwei Runden entspricht. Ausgerechnet auf einer Zielgeraden, die bedeutend länger ist als jene von des Allaire-Schützlings bevorzugtem Arbeitsplatz Vincennes, die so manch Siegeslüsternem auf den letzten Metern den Garaus gemacht hat.

Nicht so dem großkalibrigen Goetmals-Wood-Sohn, dem David Thomain vom Fleck weg Beine machte und gegen Trainingsgefährte Hohneck und Héros de Fleur unmissverständlich auf die Spitze pochte. Fortan entwickelte sich ein Rennen, das sechs Gespanne - Helgafell als vermeintlich beste der drei Allaire-Waffen hatte gestrichen werden müssen - in drei Abteilungen um die Bahn fegen sah:

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(Foto: paris-turf.com)

Vorneweg Hatchet Man mit Héros de Fleur als Schatten, zwischen 20 und 30 Meter zurück die von Hohneck vor Hety du Goutier und Hussard du Landret angeführte zweite Gruppe, als Nachhut der mit einer Galoppade beginnende Heart of Gold. Franck Nivard ließ sich erstaunlich viel Zeit, mit dem Favoriten die Lücke zu schließen. Erst auf der Zielgeraden machte er dem neunfachen Sieger Hohneck Beine - zu spät, um dem prächtig zu seinem ersten Gruppe-II-Treffer durchziehenden Hatchet Man, einem Enkel mütterlicherseits von Ready Cash und Upper Class, an den Karren fahren zu können, der leicht und locker 2½ Längen voraus blieb.

Für Monté-Spezialist Héros de Fleur gab’s dann doch keine Blumen, nicht mal einen Treppchen-Platz. Der alles in allem nicht überzeugende Hohneck ließ ihn links liegen und hatte den Allaireschen Doppelschlag dicht vor Augen, sich sein Verhängnis in Gestalt von Hety du Goutier jedoch selbst mitgebracht. Der Ärmste des kleinen Feldes schubste ihn mit den letzen Schritten vom Ehrenplatz.

„Hatchet Man ist auf der flachen Bahn ohnehin stärker als in Vincennes. Philippe (Allaire) hat einige kleine Anpassungen vorgenommen. Er wird stärker und stärker, gewinnt zusehends an Kraft. Ich bin gespannt, wie er sich auf dem vorgezeichneten Weg, der ihn ins Critérium des 4 Ans führen soll, schlägt“, resümierte Thomain.

Prix Gaston Brunet (Gruppe II nat., vierj. Hengste)
2875m Bänderstart, 100.000 Euro
1.    Hatchet Man    13,2    David Thomain    28
    4j.dklbr. Hengst von Goetmals Wood a.d. Suricate von Ludo de Castelle
    Be: Kévin Tebirent; Zü: Marvin Tebirent; Tr: Philippe Allaire
2.    Hety du Goutier    13,4    Louis Baudouin    230
3.    Hohneck    13,4    Franck Nivard    14
4.    Héros de Fleur    13,7    Alexis Prat    530
5.    Hussard du Landret    13,7    Benoît Robin    170
6.    Heart of Gold    14,9g    Gabriele Gelormini    330
Sieg: 28; Richter: überlegen 2½ - Kopf - 3 - Hals -  18 Längen; 6 liefen (NS Helgafell)
Zw-Zeit: 14,4/1875m - 13,0/2375m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 (- 1.000) Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-04-24/7502/2

Nummer acht für die Schwalbe

Im Gegensatz zu Hohneck hat die Pause seit dem mit vier halbklassischen Triumphen höchst erfolgreichen Winter-Meeting Hirondelle Sibey nicht einrosten lassen. Im Prix Gaston de Wazières ließ sich Eric Raffin allerdings alle Zeit der Welt und spannte damit die Nerven seiner bei 19:10 überaus zahlreichen Anhänger zum Zerreißen.

Schier unendlich lange segelte die „Schwalbe“ an letzter Stelle des durch frühe Fehler von Stallkameradin Hermine Sibey und Hunter Valley auf elf Damen dezimierten Pulks, doch spielte Frankreichs doppeltem Champion das von Héliade du Goutier vorgelegte kernige Tempo, an dem Drückerin Havanaise ihr gerütteltes Maß Anteil hatte, gut in die Karten. Für die Schlussrunde durfte Havanaise endlich in Front, was Hirondelle Sibey nicht wesentlich voranbrachte.

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(Foto: letrot.com)

Mitte der Überseite schritt Raffin endlich vorsichtig zur Tat und bekam in dritter Spur kurzzeitig in der den Schlussbogen mit „schiefem Kopf“ meisternden Hanna des Molles eine Lokomotive. Während Hanna im Einlauf wenig zuzusetzen hatte, marschierte Hirondelle Sibey nun wie aufgezogen. Gegnerin um Gegnerin fraß die Fuchsstute ohne großes Zutun ihres Steuermanns und fertigte Havanaise um eine Länge ab.

Eine halbe Länge zurück kam die lange eingesperrte Héliade du Goutier für „Silber“ nicht mehr ganz hin. Deutlich dahinter führte Harley de Laumac knapp vor der an dritter Innenposition ackernden Highness Quick den Rest am Zielrichter vorbei.

„Der nächste feine Erfolg meiner Stute, mit der es umso mehr Spaß macht, weil sie aus unserer eigenen Zucht stammt. Das war heute leichter, als es vielleicht von außen aussah - Eric hat nicht mal die Zaumklappen ziehen müssen. Nun wollen wir sehen, dass wir das Critérium des 4 Ans gewinnen!“ kommentierte Jean-Michel Baudouin, Trainer, Züchter und Besitzer in Personalunion.

Prix Gaston de Wazières (Gruppe II nat., vierj. Stuten)
2875m Autostart, 100.000 Euro
1.    Hirondelle Sibey    13,1    Eric Raffin    19
    4j. Fuchsstute von Gazouillis a.d. Célina du Châtelet von So Lovely Girl
    Be / Zü: Ecurie Le Rivage; Tr: Jean-Michel Baudouin
2.    Havanaise    13,1    Franck Nivard    170
3.    Héliade du Goutier    13,2    Gabriele Gelormini    31
4.    Harley de Laumac    13,4    Franck Anne    540
5.    Highness Quick    13,4    David Thomain    240
6.    Hanna des Molles    13,6    Alexandre Abrivard    80
7.    Hallix    13,9    Guillaume Gillot    250
8.    Hollywood Night    14,8    David Armellini    1170
9.    Hinaya de Simm    15,0    Matthieu Abrivard    660
10.    Hermine Girl    15,3    Christophe Lebissonais    1870
    Hermine Sibey    dis.r.    Louis Baudouin    1000
    Hunter Valley    dis.r.    Adrien Lamy    310
    Hope on Victory    dis.r.    Jean-Philippe Monclin    1670
Sieg: 19; Richter: sicher 1 - ½ - 3½ - Kopf - 1½ Längen; 13 liefen
Zw-Zeit: 14,6/1875m - 14,0/2375m
Wert: 45.000 - 25.000 - 14.000 - 8.000 - 5.000 - 2.000 - 1.000 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-04-24/7502/5

Zweiter Frankreich-Start, zweiter Sieg,

und das verblüffend leicht über den zuvor viermal in Folge unbezwingbaren Giant Chief hieß es im fünfjährigen Europäern vorbehaltenen Prix de l‘Argonne für die Mitte März von Enrico Fiaschi zu Jean-Michel Bazire überstellte Italienerin Apple Wise As. Mit der Royalty-for-Life-Tochter scheint der 50-jährige ein stark ausbaufähiges Juwel bekommen zu haben, mit dem er nach 700 Metern Todesspur Goût Baroque den Taktstock abknöpfte und bei mäßigem Tempo den „Chef“ in den äußeren Wind stellte.

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(Foto. zeturf.com)

Richtig pfeffern ließ es „Jean-Mi“ ab der Schlusskurve und holte mit der von ihm oft gesehenen Überfall-Taktik rasch vier, fünf Längen gegen seinen zudringlichsten Kontrahenten heraus, die Main Wise As‘ kleine Schwester nur noch zu verwalten brauchte. Bazire blieb die Ruhe selbst, als der überrumpelte Giant Chief zur finalen Attacke blies. Zwei, drei zärtliche kleine Klapse, ein wenig Wedeln mit der Fahrleine - Apple Wise As stiefelte viel leichter zu 25.550 Euro, als der Richterspruch von einer Länge Vorsprung aussagen mag.

Dicht dazu lief Bazires zweite Farbe Aura SL, die Gabriele Gelormini konsequent an Giant Chief gekoppelt hatte. Deutschlands seit einiger Zeit von Philippe Billard trainierter Derby-Zweiter Juan Bros konnte sich aus vierter Innenlage nie entwickeln und passierte die Linie als Siebter und Letzter.

Prix de l‘Argonne (int., Fünfjähr., keine 220.000 Euro)
2150m Autostart, 59.000 Euro
1.    Apple Wise As    13,0    Jean-Michel Bazire    21    
    5j.br. Stute von Royalty for Life a.d. Desert Flower K von Sierra Kosmos
    Be: Scud. Acquario Srl, IT; Zü: All. della Serenissima, IT; Tr: Jean-Michel Bazire
2.    Giant Chief    13,1    Franck Nivard    28
3.    Aura SL    13,1    Gabriele Gelormini    160
4.    Eric the Eel    13,3    Adrien Lamy    130
5.    Gloria du Gers    13,3    Nicolas Bazire    400
6.    Goodman Turgot    13,4    Franck Anne    230
7.    Juan Bros    13,5    Antoine Wiels    560
    Al Capone Stecca    dis.r.    Alexandre Abrivard    650
    Goût Baroque    dis.r.    Eric Raffin    77
    Ari Lest    dis.r.    Alessandro Gocciadoro    1270
Sieg: 21; Richter: leicht 1 - ½ - 1½ - ¾ - ½ Länge; 10 liefen
Zw-Zeiten: 16,4/1150m - 13,8/1650m
Wert: 26.550 - 14.750 - 8.260 - 4.720 - 2.950 - 1.180 - 590 Euro

Video: https://www.letrot.com/fr/replay-courses/2021-04-24/7502/4