Auch durch zwei Zulagen nicht zu stoppen
(nn) Nantes, Mittwoch, 6. November 2019. Allen jährlichen Wechseln einiger Etappenorte zum Trotz bleibt es bei der Tradition, dass das knapp 300.000 Einwohner zählende, an der Loire rund 30 Kilometer vor deren Mündung in den Atlantik gelegene Nantes die vorletzte Etappe des 1982 ins Leben gerufenen Grand National du Trot ausrichtet.
Kirsche auf der Torte auf dem 1411 Meter weiten Rechtskurs mit der ungewöhnlichen Linienführung - ein enger, ein weiter Bogen und ein deftiger Knick auf der Überseite - war bei Sonnenschein und frischen 13 Grad Cleangames GNT-Premiere 2019. 2018 hatte der immer abgeklärter werdende Wallach neben dieser Etappe in Nantes fünf weitere gewonnen und steht als überlegenster Sieger der Gesamtwertung in den Geschichtsbüchern. 2019 war die „Arbeitsgrundordnung“ ob der üppigen Gewinnsumme von 1.091.970 Euro eine grundsätzlich andere. Wie heute hätte er durchweg 50 Meter Mehrarbeit vor der Brust gehabt, was ihm sein Mentor Jean-Michel Bazire bislang erspart hatte. Als Wallach stehen dem Ouragan-de-Celland-Sohn nicht allzu viele Prüfungen des Winter-Meetings offen. Eine ist die Clôture des GNT, wofür man auf mindestens einer Etappe präsent gewesen sein muss; diese Pflicht sollte nun erledigt werden.
Trotz des immensen Handicaps vereinigte Bazire die Wetter in Scharen auf sich. Hatte er 2018 mit 25 Meter Zulage für 13:10 gewonnen, war das Angebot heuer bei 1,4-fachem Einsatz nur wenig lukrativer, und das, obwohl ihm vorneweg ein zuverlässiger Dauer(b)renner wie Cocktail Desbois die Suppe versalzen wollte. Den hatte Jean-Michel Baudouin im Januar aus einem Verkaufsrennen für 23.500 Euro erworben; seitdem waren bei sieben ersten und vier zweiten Rängen rund 160.000 Euro auf sein Sparbuch geflossen. Es gibt fürwahr schlechtere Investitionen.
Nach zwei Fehlstarts, die die Stewards Bazire ankreideten - mindestens beim ersten hätte es auch Eric Raffin treffen können - nahm Raffin sein Rennfahrerherz in beide Hände und ließ den Coktail-Jet-Sohn mächtig knattern. Bei durchweg strammer Fahrt verkrümelten sich Dark Night Love, Bazires im Schlussbogen aus dem Takt geratende dritte Waffe, Brelan du Vivier, Colorado Blue und Elvis Madrik an die Innenkante und rückten und rührten sich von dort nicht weg. Die äußere Lokomotive spielte weit nach hinten versetzt Dorgos de Guez. Im Windschatten des Fuchses mit der mächtigen Blesse tauchte nach einem Kilometer Cleangame auf, der sein Handikap zügig wettgemacht hatte. Als die Gegengerade ein zweites Mal in Angriff genommen wurde, durfte er kurz innen verschnaufen und löste nach dem Knick seinen Trainingskameraden als äußerer Anführer ab. Trotz der hohen Fahrt hatte Raffin seinem Partner die Kräfte gut eingeteilt und setzte sich mit einer letzten Beschleunigung in der Schlusskurve auf fünf Längen ab.
Zum Sieg gegen einen brillanten, ja überragenden Cleangame langte es dennoch nicht. Den parkte Bazire volle Hände bis 250 Meter vorm Ziel nochmals ein, gab ihm dann den Kopf ein wenig frei und passierte den tapferen, in allen Ehren unterlegenen „Hasen“ ohne einen Handschlag um eine knappe Länge. Der wurde für seinen couragierten Run 1½ Längen vor dem nicht minder überzeugenden Dorgos de Guez mit dem Ehrenplatz belohnt. Vier Längen dahinter führte der lange im Sog des Siegers sich versuchende Clarck Sotho den demolierten Rest ins Ziel. Ahs und Ohs gingen beim Verkünden der Siegzeit durch die Publikumsreihen: Mit 1:11,2 verbesserte der „saubere Spieler“ den Distanz-Rekord von Nantes um volle 1,7 Sekunden.
„Auf dem ersten Kilometer lag Cleangames Schnitt im 1:10er Bereich. Es gab nur eine knifflige Situation zu Beginn, als uns Beau de Grimoult vor der Nase herumsprang. Zum Glück hat Franck Anne auf meinen Zuruf reagiert, und wir sind heil um ihn herumgekommen. Je weiter es ging, desto mehr Mumm hatte mein Pferd. Am Schluss war’s nur eine Formalität, Cocktail Desbois einzusammeln. Cleangame verbessert sich trotz seiner sieben Jahre noch immer. Sollten uns jemals Startpferde fehlen, müssen wir darüber nachdenken, die Altersgrenze nach hinten zu verschieben. Französischen Pferden scheint das wenig auszumachen“, resümierte der 20-fache „Sulky d’Or“. Ein bitteres Nachspiel hatte der grandiose Auftritt für ihn: Weil die Rennkommissare ihn allein für beide Fehlstarts verantwortlich sahen, muss der 48-jährige 15 Tage am Stück zu Fuß gehen, was seine Meeting-Pläne speziell für die Cracks erheblich durcheinanderbringen dürfte. In die Spanne fällt zum einen das Finale des GNT, für das er Cleangame einem anderen Fahrer anvertrauen oder auf einen Start verzichten müsste, sowie der Prix de Bretagne am 17. November als erste Prix-d’Amérique-Vorprüfung.
Treu blieb sich der GNT, was die Etappensieger anbelangte: Zwölfte Station, zwölfter unterschiedlicher Primus - so ausgeglichen war die Rundfahrt schon lange nicht mehr.
Prix Geny Courses - Grand Prix de Loire Atlantique - (Gruppe III nat., Fünf- bis Zehnjähr.)
3000 Meter Bänderstart; 25 Meter Zulage ab 300.000, 50 Meter ab 567.000 Euro; 85.000 Euro
1. Cleangame 3050 11,2 Jean-Michel Bazire 14
7j.br. Wallach von Ouragan de Celland a.d. Red Bell von Jag de Bellouet
Be: Jean-Michel Rancoule; Zü: Alain-Louis Beaumont; Tr: Jean-Michel Bazire
2. Cocktail Desbois 3. Dorgos de Guez 4. Clarck Sotho 5. Brelan du Vivier 6. As Blue 7. Colorado Blue 8. Copernic de Play 9. Aribo Mix 10. Elvis Madrik Diamant de Tréabat Dark Night Love Beau de Grimoult |
3000 12,4 Eric Raffin 3025 11,9 Nicolas Bazire 3025 12,2 Guillaume Martin 3000 13,0 Matthieu Abrivard 3000 13,3 Gildas Donio 3000 13,4 Gabriele Gelormini 3025 13,5 Franck Blandin 3025 16,3 Dominik Cordeau 3025 18,3 Jean-Michel Baudouin 3000 dis.r. Pascal Monthulé 3000 dis.r. Alexandre Abrivard 3025 dis.r. Franck Anne |
83 83 220 570 480 430 970 1050 1080 1650 100 340 |
Sieg: 14; Richter: leicht ¾ - 1½ - 4 - 3½ - 5 - 1½ Längen; 13 liefen (NS Calou Renardière)
Wert: 38.250 - 21.250 - 11.900 - 6.800 - 4.250 - 1.700 - 850 Euro
Punkte nach Etappe 12 (Amiens, Marseille-Borély, Lyon-La Soie, Beaumont, La Capelle, Laval, Reims, St. Malo, Meslay-du-Maine, Cherbourg, Feurs, Nantes):
Bachar Elvis Madrik Calaska de Guez Dream de Lasserie Baron du Bourg Dorgos de Guez Belle Louise Mabon Cocktail Desbois Beau de Grimoult Bleu Ciel Défi de Retz Delfino Cross Dairpet Bulle de Lauxmont Cleangame Colt des Essarts Christo Calou Renardière Colorado Blue Black Jack From Brelan du Vivier Cantin de l‘Eclair Canular Verika Dairpet Allegro Nonantais Cadix Cap de Narmont Ceylan Dairpet |
39 (1 Sieg) 32 (1 Sieg) 28 (1 Sieg) 26 (1 Sieg) 24 (1 Sieg) 24 (1 Sieg) 21 21 19 17 (1 Sieg) 17 (1 Sieg) 17 (1 Sieg) 17 15 (1 Sieg) 15 (1 Sieg) 15 (1 Sieg) 15 14 14 12 12 12 12 12 10 10 10 10 |
Ebenso wenig wie an Nantes als vorletzter hat man an Mauquenchy 40 Kilometer nordöstlich von Rouen als 13. und letzter Station gerüttelt, bevor es am 1. Dezember für die maximal 20 willigen Punktbesten in die Clôture nach Vincennes geht. In 14 Tagen wird auf dem 1300-Meter-Linkskurs mit der 325 Meter langen Zielgeraden vielleicht um die entscheidenden Eintrittsgelder und -punkte gestritten.