Attraversiamo nutzt Campo Bahias Aussetzer
(nn) Jägersro, Sonntag, 1. September 2019. Diese beiden Derbys - das zum 92. Mal ausgetragene Svenskt Travderby wie die in ihre 29. Auflage gehende Derby-Stoet - werden wohl als die Knaller der ersten 250 Meter in die Historie des Blauen Bandes eingehen.
Was vor der mageren Kulisse von 5.753 Zuschauern die Ladys gegen 15.45 Uhr vorexerzierten, nämlich den frühen Totalausfall zweier Vorlaufsiegerinnen, fühlten sich 75 Minuten später die Herren der 2015er Schöpfung bemüßigt nachzueifern. Dumm nur für den bereits am Samstag in einer saumäßigen Form agierenden Conrad Lugauer, dass auch sein Campo Bahia dabei war - landauf, landab als derAnwärter auf Lorbeerkranz, Ruhm und nicht zu verachtende zwei Millionen Kronen gehandelt. Zu 52 Prozent war er in der V75-Wette an erster Stelle getippt, 1,8-fachen Sieg-Einsatz hätte der Totalisator auf den muskelbepackten Muscle-Hill-Sohn, das Bild schlechthin eines Trabers, ausgespuckt, und auch der wenige Tage zuvor 45 Jahre alt gewordene Bayer war voller Optimismus in die 2640-Meter-Prüfung gegangen in der nachzuvollziehenden Gewissheit, das beste Pferd des schwedischen Jahrgangs in Händen zu haben.
Dabei lief auf den ersten Metern alles bestens. Von der „3“ kam Campo Bahia als Fünfter gut genug weg, und als der vermeintlich schärfste Herausforderer Inti Boko, kaum dass er raketengleich die Führung erobert hatte, nach 150 Metern so unvermittelt wie unbedrängt aus dem Tritt geriet und letztlich angehalten wurde, schien alles im grünen Bereich. Global Wise Guy (1) schnappte sich den Taktstock, außen kam Attraversiamo (6) angebraust. Ulf Ohlsson wollte den Trainingskameraden vorbeilassen und nahm Global Welcome (5) in zweiter Spur eine Idee auf. Genau das passte dem Lugauer-Eleven gar nicht, der nach 250 Metern mit einer Galoppade reagierte, die ihn ans Ende des großen Pulks zurückwarf.
Plötzlich hing der Himmel für Attraversiamo, der über Monate bis zu seiner überraschend glatten Vorlauf-Niederlage gegen Ferrari Sisu als Nummer zwei der Generation gegolten hatte, wieder voller Geigen. Nach 600 Metern entriss er Global Wise Guy das Kommando, 300 Meter weiter, als Erik Adielsson das Tempo enorm eingebremst hatte, reagierte Marc Elias und machte sich mit seinem „Ferrari“ aus dem fünften Paar außen auf den Vormarsch in vordere Sphären. In der zweiten Kurve parkt er an der Flanke des Leaders und wartete auf den Herrn Papa, der mit Campo Bahia auch bald angebraust kam und für die Schlussrunde an Attraversiamos Seite zog. Hinter Ferrari Sisu lagen Global Welcome, Smokin Joe, Alone sowie der eingangs der letzten Überseite ausfallende Pinto Bob, innen folgten Global Wise Guy, Roofie, der im Schlussbogen springende Kennedy und Flight Dynamics dem Leader.
400 Meter vorm Ziel begann Campo Bahia die Waffen zu strecken - 40 Meter Bodenverlust zu Beginn und ein geharnischter Zwischenspurt waren selbst dem Modellathleten zu viel. Dafür sprang Ferrari Sisu umso energsicher in die Bresche. Sah es zunächst ganz danach aus, als habe Adielsson mit seinem Kiss-Francais-Sohn alle locker im Griff, so schwächelte der Hengst auf den letzten 100 Metern, als der „Ferrari“ den Turbo zündete. Näher und näher raufte sich der Djali-Boko-Sohn mit dem berühmten finnischen Fighting Spirit „Sisu“ und verfehlte die Sensation lediglich um einen „Hals“.
4½ Längen zurück konnten genau so unverhofft wie Besitzer Jerry Bengtsson über den Ehrenplatz die 6.500 Anteilseigner der Travkompaniet über Bronze ihres Alone strahlen. Der Fuchshengst war noch ausgangs der Schlusskurve in vierter Spur Letzter, kam dann in unnachahmlicher Manier wie im Vorlauf ganz weit draußen angeflogen und überrannte das aus Global Wise Guy, Roofie, Global Welcome und Smokin Joe bestehende Rudel um eine halbe Länge. „Der Maharajah-Sohn hat sich in den letzten Monaten fantastisch entwickelt. Da hat Pasi Aikio einen grandiosen Job gemacht und ihn auf den Punkt topfit gehabt“, war selbst Örjan Kihlström baff über die Vorstellung des Fuchses mit der breiten Blesse.
Der große Bahnhof gebührte selbstverständlich Attraversiamo, der dank der „Premiechansen“ gleich um vier Millionen Kronen reicher wurde und nach diesem zwölften Erfolg aus 18 Starts mit 8.213.500 Kronen blendend dasteht. Im Vorjahr hatte er das E3-Finale über die Mittelstrecke, heuer den Prix Readly Express als herausstechende Aufgaben gewonnen, dazu kommen Ehrenplätze im Uppfödningslöpning 2017 und Konung Gustaf V:s Pokal zu Campo Bahia - der Derby-Triumph trifft folglich keinen Verkehrten. Erik Adielsson darf sich nach Joke Face (2010 für Lutfi Kolgjini) und Conlight Ås (2015, für Svante Båth) das dritte gelbe Jackett als äußere Insignie des Derby-Sieges in den Schrank hängen (tragen wird er es vermutlich nicht). Auch für den schwergewichtigen Båth, Mitbesitzer Attraversiamos, war’s der dritte Drby-Sieg: 2014 hatte Örjan Kihlström mit Poochai für ihn die fette Beute abgeräumt.
Marc Elias: „Hätte ich nicht so früh um Campo Bahia herum gemusst oder wäre das Ziel zehn Meter weiter gewesen, hätten wir Attraversiamo wohl erwischt. Aber auch so gilt: Ferrari Sisu hat sich überragend verkauft!“
Erik Adielsson: „Natürlich kamen uns die Patzer der beiden Favoriten sehr entgegen, aber einfach war es dennoch nicht. Attraversiamo ist zweifellos nicht (mehr) in der ganz großen Form. Das hat sich schon im Vorlauf gezeigt. Wenn du trotzdem ein Derby gewinnst, ist‘s umso schöner. Dieser Sieg ist insofern ein ganz besonderer, weil ich den Hengst bis auf zwei Ausnahmen von Anfang an gefahren habe und er mir sehr ans Herz gewachsen ist.“
92. Svenskt Travderby (Gruppe I nat., Vierjährige)
2640m Autostart, 4.000.000 SEK
1. Attraversiamo 12,6 Erik Adielsson 58
4j.br. Hengst von Kiss Francais a.d. Rhythm Kronos von Viking Kronos
Be / Tr: Svante Båth (Caracolas AB); Zü: Martina Lindahl Christensson
Pflegerin: Linda Weman
2. Ferrari Sisu* 3. Alone 4. Global Wise Guy* 5. Roofie* 6. Global Welcome* 7. Smokin Joe 8. Flight Dynamics 9. Campo Bahia* 10. Pinto Bob Kennedy Inti Boko* |
12,7 Marc Elias 13,0 Örjan Kihlström 13,0 Jorma Kontio 13,1 Johan Untersteiner 13,1 Ulf Ohlsson 13,1 Dominik Locqueneux 13,4 Carl Johan Jepson 13,9g Conrad Lugauer 15,4g Robert Bergh dis.r. Adrian Kolgjini agh. Björn Goop |
256 142 584 414 230 1028 1603 18 347 244 54 |
*Vorlaufsieger
Sieg: 58; Richter: Kampf Hals - 4½ - ½ - ½ - Kopf - k.Kopf - 3½ Längen; 12 liefen
Zw-Zeiten: 10,4/500m - 14,0/1000m - 13,8/1500m - 12,9/2000m - 11,8/letzte 500m
Wert: 2.000.000 - 1.000.000 - 500.000 - 240.000 - 160.000 - 100.000 SEK
Ausführliches Video:
Aus dem Schatten ans Licht
Einen Vorgeschmack auf das, was im Derby passieren sollte, gab die Derbystoet. Staro Miami war bereits beim Anrollen des Startautos nicht zum Traben zu bewegen, den resoluten Griff nach dem Taktstock quittierten erst Adi Gallia, Sekunden später auch Activated mit nicht mehr auszubügelnden Fehlern, die beiden Vorlaufsiegerinnen den roten Karton bescherten. Schon waren die Karten bestens für Conrads Rödluva gemischt, die gegen Activated sowohl im Drottning Silvias Pokal als im StoChampionatet klar den Kürzeren gezogen hatte. Örjan Kihlström kreuzte mit „Rotkäppchen“ nach 600 Metern an der Seite Aleppo Pines auf, die er selbst als schnellste Vorlaufsiegerin ins Finale chauffiert hatte und die nun Kenneth Haugstad anvertraut war. Innen reihten sich Miss Sober, Valetta und Call Me Brodda ein, außen taten es Fanny Chenal, Hankypanky Rubyred, Racing Brodda und Zeta Kronos gleich.
Bewegung in dieses Paarlaufen im 1:13er Tempo kam 700 Meter vorm Ziel, als Hankypanky Rubyred Spur drei eröffnete und dort mit ihren Anhängseln Racing Brodda und Zeta Kronos durch die letzte Kurve auch bleiben musste. Meisterhaft überspielte Kihlström dort einen Schwächemoment seiner Stute und schien im Einlauf doch sehr sicher an Aleppo Pine abzuprallen. Mit der sah Kenneth Haugstad wie der Sieger aus, als ihm die Maharajah-Tochter 180 Meter vorm Ziel unvermittelt aus dem Rhythmus geriet. Nur kurz hing der Himmel für die unverdrossene Conrads Rödluva voller Geigen, bis Racing Brodda richtig auf Touren kam und sie mit 1½ Längen locker abfertigte.
Der stets in der engsten Jahrgangsspitze mitturnenden Prodigious-Tochter bescherte der siebente Sieg „lifetime“ dank der Premiechansen zwei Millionen Kronen, womit die von Mattias Djuse für die Easy KB trainierte Dunkelbraune nun 5.018.250 Kronen reich ist. Mit 1:12,1 erledigte sie die bestens bezahlte 2140-Meter-Arbeit eine halbe Sekunde über dem Rennrekord, den Cash Crowe seit 2017 hält. Der streng verdeckte Run innen entlang war für Miss Sober Bronze wert vor Zeta Kronos, die in Racing Brodde keine bessere Lokomotive hätte finden können.
„Was für eine grandiose Kämpferin“, sprudelte es aus Rikard Skoglund hervor, der sich als Catchdriver immer mehr einen Namen macht, „sie stand in den Großprüfungen stets ein wenig im Schatten der Activated und Conrads Rödluva, hat mal gegen die eine, dann die andere verloren. Immer hat sie dabei harte Arbeit geleistet und endlich jene Anerkennung bekommen, die ihr zweifellos gebührt. Mein bislang bedeutendster Sieg, für den ich mich bei Mattias und den Besitzer bedanke, die sie mir vertrauensvoll an die Hand gegeben haben“, gestand der 30jährige, der seine sportliche Heimat in Bergsåker hat.
29. Derbystoet (Gruppe I nat., vierj. Stuten)
2140m Autostart, 2.000.000 SEK
1. Racing Brodda* 12,1 Rikard Skoglund 69
4j.dklbr. Stute von Prodigious a.d. Ronda Brick von Super Arnie
Be: Easy KB; Zü: Brodda Stuteri AB; Tr: Mattias Djuse
Pfleger: Marcus Lilius
2. Conrads Rödluva* 3. Miss Sober 4. Zeta Kronos 5. Valetta 6. Fanny Chenal 7. Hankypanky Rubyred* 8. Call Me Brodda 9. Staro Miami* Aleppo Pine* Adi Gallia Activated* |
12,1 Örjan Kihlström 12,3 Robert Bergh 12,4 Björn Goop 12,5 Ulf Ohlsson 12,6 Dominik Locqueneux 12,6 Jorma Kontio 12,7 Kim Eriksson 14,4g Mika Forss dis.r. Kenneth Haugstad dis.r. Erik Adielsson dis.r. Carl Johan Jepson |
23 740 298 1357 1307 196 1477 91 94 502 40 |
*Vorlaufsiegerinnen
Sieg: 69; Richter: leicht 1½ - 1½ - 1 - ½ - 1 - Hals - Hals; 12 liefen
Zw-Zeiten: 09,9/500m - 13,1/1000m - 12,9/1500m- 09,6/letzte 500m
Wert: 1.000.000 - 500.000 - 250.000 - 120.000 - 80.000 - 50.000 SEK
Mit einer Schrecksekunde begann die V75-Serie: 12:10-Favorit Heart of Steel, erstmals Johan Untersteiner für seinen drei Tage gesperrten Vater Peter anvertraut, sprang mit dem Startschuss, noch ein weiteres Mal auf den ersten 140 Metern und wäre hierzulande wohl am Sünderturm gelandet. Nicht so in Nordeuropa, wo man bei Bodenverlust sehr viel mehr Milde walten lässt. Am Ende des Siebener-Feldes untergekommen, machte sich der Holländer in zweiter Spur allmählich auf den steinigen Weg nach vorn und bewies tatsächlich ein Herz aus Stahl, als er den vom Fleck weg führenden Mellby Drake um eine halbe Länge niederrang.
V75-1 (-): V75-2 (Diam-Sto): V75-3 (Derby-Sto): V75-4 (-): V75-5 (Amateur): V75-6 (Derby): V75-7 (Stayern):
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Heart of Steel / Johan Untersteiner Callmesally / Örjan Kihlström Racing Brodda / Rikard Skoglund Papidoux / Björn Goop Porthos Race / Mats Holmstedt Attraversiamo / Erik Adielsson Vincent As / Carl Johan Jepson
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12 72 69 134 318 58 61
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Umsatz V75: 33.071.555 SEK
1. Rang: 11,45 Systeme à 751.137 SEK
2. Rang: 4.681 SEK
3. Rang: 265 SEK
Umsatz Top-7 (Amateur): 726.932 SEK