Amigo Volo als dritte Kraft des Wettmarkts

(nn) Lexington / Kentucky, Sonntag, 11. Oktober 2020. Ebenso wenig wie für die Wetter, die in den drei Groß-Ereignissen für die trabende Fraktion auf die Favoriten gesetzt hatten, gab’s etwas zu lachen für all jene Driver, die nicht Dexter Dunn oder Yannick Gingras hießen. Gimpanzee, Ramona Hill und Back of the Neck vermochten die wegen der bisherigen Vorstellungen in dieser Saison zu Recht hochgesteckten Erwartungen nicht zu erfüllen und brachten in trauter Eintracht nicht mal Geld mit nach Hause.
Neun hochpreisig dotierte Aufgaben harrten ihrer Lösung auf der insgesamt zwölf Programmpunkte umfassenden Karte, und die teilten Dunn und Gingras fast allein unter sich auf. 4:3 hieß es am Ende zugunsten des „wonder from down under“, das 2019 in seiner ersten kompletten Nordamerika-Saison auf Anhieb Platz drei der Fahrerwertung nach „Einfuhren“ belegt hat und heuer auf bestem Wege ist, dieses einzigartige Resultat zu übertrumpfen. Nach seinem Kentucky-Goldrush führt der Neuseeländer die Fahrerwertung mit 7,8 Millionen USD recht deutlich vor den üblichen Verdächtigen Yannick Gingras und Tim Tetrick (6,79 bzw. 6,73 Mio. USD) an.
Sein Meisterstück lieferte er im 128. Kentucky Futurity ab, das wie erstmals im Vorjahr in nur einem Lauf entschieden wurde, nachdem es bis 2018 das zeitweise letzte Stichfahren für dreijährige Traber gewesen war. „Åke Svanstedt gegen den Rest der Welt“, lautete vorab die Devise, denn das Quartier des Schweden stellte sieben der zwölf Kombattanten.
Doch am besten, weil zuletzt lachte Trainer Nifty Norman. Dessen Amigo Volo, bereits zweijährig ein echter Aktivposten und nach Einkommen die Nummer eins seiner Generation, durfte die Meile von der „1“ aufnehmen - und Dunn nutzte das weidlich. „In dem großen Feld wollte ich das Rennen von der Spitze bestimmen und auf jeden Fall vermeiden, irgendwo im Mittelfeld eingeklemmt zu werden. Amigo liebt es, frei laufen zu können. Aber dann kam im ersten Bogen Beads von der „10“ mit irrem Speed angefegt, und auf Gedeih und Verderb gegenhalten wollte ich dem auch nicht.“
So durfte Brian Sears, der das Futurity im Vorjahr mit Greenshoe an seine Fahne geheftet hatte und quasi als zweibeiniger Titelverteidiger antrat, vorbei, und nach einem Kilometer gab’s das nächste Fragezeichen: Dort kam Favorit Back of the Neck von vierter Stelle hinter EL Ideal angestiefelt. „Herausnehmen oder abwarten - die Chance war fifty-fifty. Ich entschied mich, in Deckung zu bleiben, zumal hinter Back of the Neck eine ziemliche Lücke klaffte. Wieder hatte ich Glück, denn 150 Meter weiter war Svanstedts schärfste Waffe in der Luft und ich hatte alle Freiheiten der Welt. Das sind jene Sekundenbruchteile, die über Sieg oder Niederlage bestimmen. Hast du richtig gepokert, bist du für alle der Genius, liegst du daneben, bist du der Depp“, stellte Dunn im Nachklapp klar, wie dicht „Sieg oder Blut im Schuh“ beieinander liegen.
Der Rest war fast ein Kinderspiel für den so ruckelig in diese Saison gestarteten Father-Patrick-Sohn, den Dunn 350 Meter vorm Ziel problemlos nach außen beorderte - und ab ging die wilde Fahrt. Beads, der sich mit der anfänglichen Parforcejagd gewaltig übernommen hatte, war ratzfatz überlaufen und warf zu Beginn der Zielgeraden das Handtuch im Galopp. Da war Amigo Volo bereits drei Längen voraus und kam durch die „Svanstedt-Buam“ EL Ideal und den von achter Stelle enorm auf Touren kommenden Third Shift keinen Augenblick mehr in Gefahr.
Die Freude rund für Norman machte dessen zweiter Eleve Chestnut Hill, der eine knappe Länge vor den fast zugleich die Linie passierenden King Alphonso (Svanstedt) und Ready for Moni - den Hambo-Zweiten verschlug es mit der „11“ im Schlussbogen in Spur drei - aus Nancy Takters Establishment als Vierter anschlug.
Wie 2019 stehen im Bordbuch des am 3. Oktober 2018 für ganze 42.000 Dollar in Lexington versteigerten Amigo Volo sechs Siege aus zwölf Starts, und mindestens die Breeder’s Crown soll er noch wahrnehmen. Mit den heutigen 222.000 „Greenbacks“ wurde er zum Millionär: 1.206.369 USD stehen auf seinem Sparbuch. „Zu Beginn der Saison hat sich der Wallach doch schwer getan und lag nur wenig über dem Durchschnitt. Mit jedem Start wuchs er Richtung alte Klasse. Ich glaube, er ist einer, der den Wettbewerb ohne sonderlich große Pausen und in Watte gepackt zu werden mag“, war Dunns Schlusswort.
128. Kentucky Futurity - Finale - (Dreijährige)
1609m Autostart, 444.000 USD
1. Amigo Volo 09,0 Dexter Dunn 50
3j.dklbr. Wallach von Father Patrick a.d. Margarita Momma von Yankee Glide
Be: Pinske Stables & David J. Miller; Zü: Kentuckiana Farms & Jörgen Jahre, NO; Tr: Richard Norman
2. EL Ideal 09,2 Andy Miller 154
3. Third Shift 09,2 Joe Bongiorno 1196
4. Chestnut Hill 09,5 David Miller 301
5. King Alphonso 09,6 Tim Tetrick 322
6. Ready for Moni 09,6 Yannick Gingras 42
7. Coventry Hall 09,9 Andrew McCarthy 1958
8. Jula Trix Treasure 10,1 Brett Miller 1531
9. Patriarch Hanover 10,2 Matthew Kakaley 1714
10. Gangster Hanover 10,7 Åke Svanstedt 227
11. Beads 11,7g Brian Sears 219
12. Back of the Neck 14,6g Scott Zeron 18
Sieg: 50; Richter: leicht 2 - ¼ - 2¼ - ¾ - ¼ - 1¼ - 2 Längen; 12 liefen
Wert: 222.000 - 111.000 - 53.280 - 35.520 - 22.200 USD
Video: https://www.youtube.com/watch?v=uxWtFXQVxDs
Eine tolle Geschichte
Sie war so ein bisschen eine Unvollendete, Andy Millers Love a good Story, denn ihre Geschichten in den bedeutenden Prüfungen endeten eben gegen Gigantinnen wie Ramona Hill, Sorella oder auch Hypnotic Am selten mit einem vollen Erfolg. Fünf Siege aus neun Versuchen und 309.997 Dollar Gage für 2020, deren Großteil sie in den New York Sire Stakes eingesackt hat, ließen den 90.000-Dollar-Jährling (Lexington 2018) aber auch nicht gänzlich chancenlos erscheinen für einen Platz in vorderen Gefilden des zum 55. Mal ausgetragenen Kentucky Futurity Filly. Zumal die Chapter-Seven-Tochter vor einer Woche in der Bluegrass Serie mit einem krachenden Endspurt aus unmöglicher Position auf den Ehrenplatz gesprintet war.
„Das Geheimnis lautete, mit ihr in dem großen Pulk nicht wieder innen eingeklemmt zu sein, wenn die Musik zum letzten Tanz bat.“ Das bekam der 52-jährige, 130 Millionen Dollar schwere und seit Jahren zur amerikanischen Fahrerelite zählende Andy von der „7“ diesmal bestens hin und landete hinter Ramona Hill, Sister Sledge und Crucial im vierten Paar außen. Von der „9“ hatte Dexter Dunn Nancy Takters Panem mit Urgewalt auf die Kommandobrücke gescheucht, wo sie nach 400 Metern von Hypnotic Am abgelöst wurde, der wiederum 150 Meter weiter Sorella die Regie entriss.
Damit wehte plötzlich Hambletonian-Siegerin Ramona Hill der äußere Fahrtwind um die Nase, was Andy McCarthy bewog, sein Heil in der Flucht nach vorn zu suchen. Tony Alagnas Schmuckstück spielte bei diesem Manöver allerdings nicht mit und patzte kurz nach Erreichen der Schlussbiege, womit für Sorella der Himmel voller Geigen hing. Die Hambo-Oaks-Siegerin, ebenfalls mit einer famosen Saison gesegnet, in der sie nebst sieben Treffern üppige 485.424 Dollar eingestrichen hatte, zog aber längst nicht so fetzig wie gewohnt durch.
Aus ihrem Rücken raufte sich Hypnotic Am an die immer weiter nach außen driftende Sorella heran und - zum Glück, sonst hätte es nach Überprüfung womöglich eine Resultatumkehr gegeben - haarscharf vorbei, wie erst auf dem Zielfoto zweifelsfrei auszumachen war. Gewonnen war damit nur der Ehrenplatz für die in Schweden von der Courant AB gezüchtete Chaper-Seven-Tochter, denn den stärksten Elan offenbarte Love a good Story. Diesmal lag sie eben nicht so weit aus der Pareti und rauschte weit außen um eine knappe Länge an den beiden Kampfhennen vorbei, ohne dass sich Miller sonderlich rühren musste.
Platz vier ging an ihre kürzliche Bezwingerin Next Level Stuff, die im Einlauf nur geradeaus fahren musste, weil Sorella die ersten 2½ Spuren freigeräumt hatte. „Ramona Hills Break hat uns die Sache wesentlich erleichtert. Für uns lief’s genauso, wie ich es mir gewünscht habe. In solch einem Riesenfeld kann viel passieren, und viele hatten in der ersten Hälfte reichlich Pulver verschossen. Das kommt meiner Stute als reinem Speedpferd sehr entgegen“, erläuterte Miller und gab gleich die nächste Aufgabe preis: die am 30. bzw. 31. Oktober im Hoosier Park anstehende Breeder’s Crown.
55. Kentucky Futurity Filly (dreij. Stuten)
1609m Autostart, 255.000 USD
1. Love a good Story 09,2 Andy Miller 281
3j.dklbr. Stute von Chapter Seven a.d. Celebrity Lovin von Andover Hall
Be: Pinske Stables, Kentuckiana Racing Stable & Daniel Pluffe; Zü: Celebrity Farms; Tr: Julie Miller
2. Hypnotic Am 09,4 Brian Sears 118
3. Sorella 09,4 Yannick Gingras 31
4. Next Level Stuff 09,5 Tim Tetrick 235
5. Ms Savannah Belle 09,7 Joe Bongiorno 670
6. Ab’ sattitudexpress 09,9 Åke Svanstedt 144
7. Panem 09,9 Dexter Dunn 760
8. Sweet Shirley Mae 10,0 Scott Zeron 1427
9. Crucial 10,4 David Miller 661
10. Sans Defaut 10,4 Chris Page 2239
11. Sister Sledge 10,6 Matthew Kakaley 350
12. Ramona Hill 10,7g Andrew McCarthy 16
Sieg: 281; Richter: sicher ¾ - k.Kopf - 1¾ - 1½ - 1¼ - ¼ - ¾ Länge; 12 liefen
Wert: 127.500 - 63.750 - 30.600 - 20.400 - 12.750 USD
Atlanta nicht zu stoppen
Der Allerage Farms Trot um 148.500 Dollar richtete sich an die älteren trabenden Semester, bei denen die in der Form ihres Lebens laufende Atlanta zum 25. Mal in ihrer 49 Starts umfassenden Laufbahn als Erste anschlug. Mit dem ersten Schritt maßen sich die beiden Gemeinten bei offenem Visier und widerlegten die Mär gründlich, sie wären keine flinken Beginner. „Es lag nicht an der durch den Nieselregen schlüpfrigen Piste, dass ich Atlanta so rasant eintreten ließ. Auf dem Papier sah es nach einem Zwei-Pferde-Match aus, und ich wollte Gimpanzee nicht zu weit entkommen lassen, um im Finish eine Chance zu haben“, beschrieb Yannick Gingras seinen Offensivgeist.
Es klappte ganz hervorragend. Bis in den Scheitel der ersten Kurve hielt die Hambo-Siegerin von 2018 den ein Jahr jüngeren Gimpanzee (5) außen, ließ ihn dann vorbei und hatte bei dem enormen Tempo, das der Chapter-Seven-Sohn herunterspulte, alle Zeit der Welt zum Ausstieg, weil niemand an ihrer Seite die Bude zuzunageln vermochte. Crystal Fashion und Lindy the Great waren innen die Nächsten, erst dann machte Majestic Player in der Außenspur zarte Andeutungen, vielleicht mal ein wenig näher kommen zu wollen.
Mitte des Schlussbogens beorderte Gingras seine Championesse in Spur zwei, die sofort besser ging, Gimpanzee an der letzten Ecke um 1½ Längen abgehängt hatte und den einmal ergatterten Vorteil bis ins Ziel energisch festhielt. Nicht gegen Gimpanzee, dem die anfänglich verschossenen Körner am Ende sehr deutlich fehlten. Ganz leicht gab ihm Crystal Fashion, den Jordan Stratton hervorragend schnell zu machen verstand, das Nachsehen, und auf den letzten 20 Metern wurde es ganz bitter für ihn. Ganz außen Majestic Player, in der Mitte Lindy the Great und Soul Strong wischten um ein paar Haaresbreiten vorbei, so dass der Melander-Schützling erstmals in dieser Saison nicht nur nicht auf dem Treppchen landete, sondern sogar ohne Prämie blieb.
Atlanta wurde in persönlicher Saisonrekordzeit von 1:08,4 um 74.250 Dollar reicher - macht 613.814 Dollar Gage in diesem bislang für sie so erfolgreichen Jahr.
Allerage Farms Trot (int.)
1609m Autostart, 148.500 USD
1. Atlanta 08,4 Yannick Gingras 20
5j.br. Stute von Chapter Seven a.d. Hemi Blue Chip von Cantab Hall
Be: Crawford Farms, Bradley Grant & Howard Taylor; Zü: Order by Stable (Stefan Balaszi), SE; Tr: Ronald Burke
2. Crystal Fashion 08,4 Jordan Stratton 167
3. Majestic Player 08,5 Brett Miller 273
4. Lindy the Great 08,6 Andy Miller 107
5. Soul Strong 08,6 Åke Svanstedt 907
6. Gimpanzee 08,7 Brian Sears 19
7. Mission Accepted 09,0 Chris Page 947
8. The Veteran 09,2 Mark MacDonald 604
Sieg: 20; Richter: sicher ½ - 1 - 1 - Kopf - ¼ - 2½ - 2¼ Längen; 8 liefen
Wert: 74.250 - 37.125 - 17.820 - 11.880 - 7.425 USD
Eröffnet wurde die Serie der hochwertigen Prüfungen mit dem Glen Garnsey Memorial für die dreijährigen Pacer-Stuten (112.500 USD), das Tim Tetrick mit 22:10-Favoritin Lyons Sentinel (von Captaintreacherous) für Trainer Jim King jr 2½ Längen vor Nancy Takters Jk First Lady bunkerte.
Jimmy Takters Tochter schlug umgehend zurück. Natürlich brachte Tall Dark Stranger, das einzige Standrardbred, das 2020 mehr als eine Million Dollar gescheffelt hat, das Tattersalls Three Year Old Open um 239.500 USD auf seine Kappe - ausnahmsweise nicht im herzzerreißend knappen Finish, sondern mit zwei Längen Vorsprung (16:10). Es war der zehnte Sieg aus elf Versuchen des Bettor’s-Delight-Nachkömmlings, den Yannick Gingras wie unmittelbar darauf Peaky Sneaky in der zweiten Abteilung des Garnsey Memorials in Händen hatte.
Auch die Bettor’s-Delight-Tochter wird von Nancy Takter trainiert, die ihren dritten lukrativen Trainerpunkt Dexter Dunn zu verdanken hatte. Der machte im Allerage Fillies & Mares Open die Gegner mit Nancys Lieblingspferd Kissin in the Sand um 4½ Längen nass, wofür es die Hälfte der 72.000 USD gab.
Der Neuseeländer räumte zwei weitere Male den großen Pott ab - jeweils für Trainer Chris Ryder: In Division 2 der Tattersalls Three Year Old Open war Party Girl Hill (von Captaintreacherous) auch beim 13. Saisonauftritt nicht zu ballern, und mit Bettor’s Wish (von Bettor’s Delight) zupfte er im 150.000 Dollar wertvollen Allerage Open anschließend das nächste Ass aus dem Ärmel.