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Am Bahnrekord gekratzt

An seinem 35. Geburtstag triumphiert Michael Nimczyk mit Venture Capital (Foto: danskhv.dk/Burt Seeger)
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Dänemark

Kopenhagen-Charlottenlund, Sonntag, 16. Mai 2021. Im wie immer dem Veranstalter sehr zur Zierde gereichenden Rahmenprogramm mit einer Fülle deutscher und niederländischer Starter, die ihren guten Schnitt machten, stach das Saisondebüt eines Pferdes hervor. Das hat es wohl noch nie gegeben, dass ein amtierender Elitloppet-Sieger - wenn auch nur wegen der nachträglichen Disqualifikation Propulsions - nicht im „Cup“, sondern im sportlich mindestens eine Etage tiefer angesiedelten Charlottenlund Open sein Comeback gab.

„Vor dem Lotteria (der im Vorjahr wegen des Corona-Lockdowns am 25. Oktober statt wie sonst am ersten Mai-Sonntag ausgetragen worden war/Anm.d.Red.) hatte Cokstile einen kleinen Unfall. Nichts Weltbewegendes, aber wir haben das zu einer Verschnaufpause und dem Deckeinsatz genutzt“, wusste Trainer Mattia Orlando zu berichten, „wo er derzeit steht, ist schwer zu sagen, denn zu Hause im Training ist er ein fauler Hund, der nichts verrät. Irgendwann muss es ja mal wieder losgehen, und so haben wir die etwas leichtere Aufgabe für ihn gewählt. Um der Cokstile der großen Schlachten zu sein, braucht er aber sicherlich noch mindestens dieses Match, nach dem wir entscheiden werden, ob es tatsächlich in den Elitloppet geht.“

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Digne et Droit (3) rettet sich (Foto: danskhv.dk/Burt Seger)

Der Start für die 1.600-Meter-Strecke hat in Lunden insofern seine Eigenheiten, als es nur in Sechserreihen hinterm Auto losgeht, so dass Halva von Haithabu (7) seinen Turboantritt nicht nutzen konnte und hoffen musste, das richtige Hinterrad zu erwischen. War es zunächst Slide so Easy (2), der den aktuellen Skive-Sieger und Wolvega-Bahnrekordler Ids Boko (1) um die Spitze erwartungsgemäß locker ausstach, so konnte es Digne et Droit von der „3“ durch den ersten Bogen noch einen gehörigen Zacken schärfer und verdrängte den mit zwölf Jahren etwas älteren Herrn aus dem Kommando.

Damit bekam Cokstile (6) mal wieder den schwarzen Peter der Todeslage aufgedrückt, mit dem der Norweger oft genug bestens hat leben können. Hinter ihm reihten sich Generaal Bianco, Staro Leonardo und Tycoon Conway Hall auf, die innere rote Laterne bekam Halva von Haithabu angehängt. Für die finalen 500 Meter erhöhte sich die Schlagzahl, die ohnehin nur knapp über Robert Bis im Copenhagen Cup 2015 aufgestelltem Bahnrekord von blanken 1:10 lag. Cokstile drückte, Digne et Droit, aus Frankreich mit lediglich sechs Siegen bei 89 Starts angereist, parierte überraschend zäh.

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(Foto: danskhv.dk/Burt Seger)

Ids Boko konnte in diesen Fight nicht eingreifen, weil er hinter dem nachlassenden Slide so Easy in der Falle saß, die sich erst viel zu spät öffnete. Da machten die beiden Anführer das beste Ende in einem erbitterten Ringen um jeden Zentimeter längst unter sich aus. Sah der von Gabriele Gelormini energisch unterstützte Franzose Mitte der Zielgeraden 1½ Längen voraus bereits wie der sichere Sieger aus, so knöpfte ihm Cokstile mit der zweiten Luft und dem Mut eines Löwen Meter um Meter ab.

Das Zielfoto wies einen minimalen Vorteil für den The-Best-Madrik-Sohn aus, der wie Cokstile in 1:10,0 gestoppt wurde. Zwei Längen dahinter war es Ids Boko endlich gelungen, sich um Slide so Easy herum zu winden und Platz drei gegen die „dichtebi“ endenden Tycoon Conway Hall aus Jürgen Hankes „dänischer“ Zucht und Halva von Haithabu festzumachen.

Charlottenlund Open (int.)

1600m Autostart, 155.000 DKR

1.      Digne et Droit                10,0     Gabriele Gelormini           42

         8j.br. Hengst von The Best Madrik a.d. Plenty Pocket von Ganymède

         Be: José Fernandes Sanchez, FR; Zü: Joël & Jérémy van Eeckhaute; Tr: Pierre-Alain Rynwalt-Boulard

2.      Cokstile                          10,0     Vincenzo Gallo                  19

3.      Ids Boko                         10,3     Robin Bakker                     49

4.      Tycoon Conway Hall   10,4     Flemming Jensen          310

5.      Halva von Haithabu     10,4     Jaap van Rijn                   645

6.      Slide so Easy                10,4     Stefan Persson               148

7.      Generaal Bianco          10,9     Johan Untersteiner         138

         Staro Leonardo             dis.r.    Joakim Lövgren              238

Sieg: 42; Richter: Kampf k.Kopf - 2 - ¾ - k.Kopf - ¾ Länge; 8 liefen (NS Bandit Brick / Husten, Panoramic / Infektion)

Zw-Zeiten: 09,0/500m - 10,5/1000m

Wert: 75.000 - 32.500 - 16.000 - 10.000 - 9.000 - 7.500 - 5.000 DKR

 

Bengurion Chef im Ring

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(Foto: danskhv.dk/Burt Seger)

Wie im Vorjahr ging die 4-års-Eliten um 205.000 dänische Kronen an Alessandro Gocciadoro, der aus dem zweiten Paar außen interessiert zusah, wie zwei Holländer sich das Leben schwer machten und seinem Favoriten das Match förmlich in die Schuhe fuhren. Von der „8“ raste Gold Cap BR in Front, bekam Ende der ersten Überseite Druck von King Schermer, dem es bei blanken 1:10 für die ersten 500 Meter augenscheinlich noch immer nicht schnell genug war. Kaum tastete sich Bengurion Jet in der Außenspur behutsam vor, beorderte van Rijn den Prodigious-Sohn wieder nach außen - besser konnte es für „Alex“ kaum laufen.

Als Gold Cap BR eingangs der Schlusskurve heftige Notsignale sandte, schritt Italiens Champion zur Tat. Nur kurz vermochte sich King Schermer zu wehren gegen die furiose Attacke des frischen Gruppe-II-Siegers aus Neapel, der wie vor zwei Wochen auf Nimmerwiedersehen davonzog. Nach 1:11,4 trennten den Maharajah-Sohn schließlich sechs Längen vom King, der seinerseits vier Längen Vorsprung auf seinen spät auf Touren kommenden Landsmann Kilimanjaro hatte.

4-års-Eliten (int., Vierjährige)

2000m Autostart, 205.000 DKR

1.      Bengurion Jet                11,4     Alessandro Gocciadoro   13

         4j.br. Hengst von Maharajah a.d. Love Me Tender von Supergill

         Be: Scud. Le Siepi Horse Racing Srl; Zü: Az.Agr. Toniatti Giacometti; Tr: Alessandro Gocciadoro

2.      King Schermer              12,0     Michel Rothengatter       206

3.      Kilimanjaro                    12,4     Robin Bakker                   165

4.      Coventry Hall                12,4     Joakim Lövgren              108

5.      Stonefire US                  12,5     Bo Westergaard              620

6.      King Slayer                    13,0     Jeppe Juel                     1228

7.      Gold Cap BR                 14,5     Jaap van Rijn                   253

8.      Baccani                          16,3g  Peter Ingves                     674

9.      Black Mission                16,3g  Thomas Uhrberg            326

         First Blood                      agh.     Birger Jörgensen            595

         Philosopher                   dis.r.    Johan Untersteiner         500

         Fossa                              dis.r.    Steen Juul                          92

Sieg: 13; Richter: überlegen 6 - 4 - Kopf - 1 - 5 Längen; 12 liefen

Wert: 100.000 - 50.000 - 25.000 - 13.000 - 10.000 - 7.000 DKR

 

Kein Wagnis-Kapital…

…war ein Wetteinsatz auf Venture Capital, der in der Klass II trotz neun Siegen an der Strippe zu erstaunlichen 109:10 loslegen durfte und sich auch von einem Fehlstart, den Michael Nimczyk selbst verursacht hatte, weil er eine halbe (!) Länge vom Startauto entfernt war (2.000 DKR/ca. 270 Euro Strafe wegen Versuchs eines fliegenden Starts), nicht aus der Façon bringen ließ, obwohl sein Chauffeur den „Abpfiff“ erst nach 400 Metern mitbekam und den Hengst aufnahm.

Auch beim zweiten Versuch, diesmal dicht am Flügel, legte der Fuchs an der „1“ los wie die Feuerwehr, wehrte die ersten Griffe nach der Spitze von Staro Obrigado, dann Joker of Steel puppenleicht ab und bekam nach einer Runde Besuch von Edens Boy, der ihn auf Herz und Nieren zu prüfen begann. Unerbittlich drückte Jaap van Rijn mit dem 23:10-Favoriten, genauso knallhart hielt Nimczyk dagegen, was den Rest bei einer Pace im 1:11er Bereich vor unlösbare Probleme stellte: Er hechelte mit Staro Obrigado als Anführer rund 15 Meter hinterher.

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Venture Capital weit vor Body n Soul (außen) - Foto: danskhv.dk/Burt Seger

Auf der Zielgeraden bekam der Herausforderer mit jedem Schritt schwerere Beine, während Venture Capital mit seiner Gala noch lange nicht am Ende war. Als hätte es die harschen Attacken nie gegeben, legte der Broad-Bahn-Sohn ein deftiges Pfund auf die Waagschale und verabschiedete sich im Hurra-Stil auf neun Längen. Rekord um 1,4 Sekunden auf 1:11,8 über 2.000 Meter verbessert, 100.000 DKR (13.500 Euro) und das Ticket fürs Klass-II-Finale 30. Mai in Solvalla eingesackt - ein prächtigeres Geschenk zum 35. Geburtstag konnte sich ein von einem Ohr zum anderen strahlender Goldhelm kaum wünschen.

Die schwarz-rot-goldene Freude machte Mike Lenders perfekt, der Body n Soul (76:10/1:12,7) aus dem Versteck am ermatteten Edens Boy vorbei auf den mit 50.000 DKR belohnten Ehrenplatz zirkelte. Den sehenswerten deutschen Doppelschlag vermochte der Ausfall der übrigen deutschen Traber nur marginal zu trüben: Julnick Shark (171) sprang kurz nach dem Start zur roten Karte, für Joker of Steel war nach 1.300 Metern Schluss mit Trab; der bei 144:10 notierte Virgill-Boko-Sohn wurde chancenlos angehalten.

Brillante Fuhre von Freddie Persson

Kein ostafrikanischer Vulkan, sondern ein in Schweden geborener Hurrikan hatte nach 2.950 Metern im die V75 eröffnenden Stayerlöb um 210.000 DKR die Nase vorn - und das recht sicher mit einer halben Länge. Josef Franzl verpasste dem auf Lasbek geborenen, ins schwedische Register eingetragenen Ol  Dono Lengai, der mit zehn Siegen und drei Ehrenplätzen bei 14 Starts eine exzellente Visitenkarte mitbrachte, nach einer kurzen Schrecksekunde beim engen Eindrehen zum „Ab“, als er mit einem rasch ausgebügelten Sidestep reagierte und offensichtlich noch mal drehen wollte, ein Traumrennen im Rücken von Red Mile Brodde.

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(Foto: danskhv.dk/Burt Seger)

Mit dem hielt Jörgen Sjunnesson das Tempo stets so hoch, dass von den „Hinterbänklern“ des zweiten und dritten Bandes nie Gefahr drohte, die weit nach hinten versetzt zwei Runden lang außen von Marc Elias‘ Gangnam Style K angeführt wurden. Als für die Schlussrunde Townshend Broline etwas näher rückte, wechselte Franzl in die Todeslage und hatte sofort Hurricane Silas am Hacken. An der letzten Ecke war Red Mile Brodde (IV.) rasch erlegt.

Lange sah alles nach dem elften Punkt für den Lasbeker Hünen aus - bis sein Schatten die entscheidende Schippe draufpackte. Rasch war der Widerstand Ol Dono Lengais gebrochen, dem für 50.000 DKR kein Zacken aus der Krone brach. 100.000 Kronen gingen an den sechsjährigen Maharajah-Sohn für den siebenten Volltreffer aus 40 Versuchen, dem Fredrik Persson alles bis auf I-Tüpfelchen perfekt eingeteilt hatte.

Alles andere als günstig lief’s für den deutschen Goldhelms mit Namanga Bo (4), die in der Hoppe-Eliten in dritter Spur hängen blieb und ans Ende beordert wurde. Bei anspruchsvollem Tempo, für das Alessandro Gocciadoro mit Virgina Grif verantwortlich zeichnete, tauchte die Maharajah-Tochter nie mehr aus der hinteren Versenkung auf und ging als 1:12,6-Achte leer aus. Doch auch für die Tempomacherin sollte es ein bitterer Nachmittag werden, denn als es ans Eingemachte ging, war die Varenne-Tochter völlig leer und landete nur auf Rang sieben.

Umso besser kam aus ihrem Windschatten Call me Brodda auf Touren und vermasselte Ultra Bright in 1:11,9 zu 1:12,0 die Titelverteidigung ganz leicht um eine Länge, weil die Zola-Boko-Tochter im Schlussbogen zu weite Wege gehen musste. Call me Broddas siebenter Streich war am Toto 6,2fache Odds und für die schwedischen Besitzer 75.000 DKR wert.

Im Vergleich zu 2020, als in der erneut über die schwedische ATG abgerechneten Königswette 25,1 Millionen umgesetzt wurden, rasselten heuer 5 Millionen weniger durch die Kassen.

 

V75-1 (Stayer):       Hurricane Silas / Fredrik Persson               173

V75-2 (Elit-Sto):     Call me Brodda / Stefan Persson                  62

V75-3 (Open):         Digne et Droit / Gabriele Gelormini               42

V75-4 (4jähr.):        Bengurion Jet / Alessandro Gocciadoro      13

V75-5 (Klass II):     Venture Capital / Michael Nimczyk             109

V75-6 (Cop-Cup):  Cyber Lane / Johan Untersteiner                  16

V75-7 (Brons):       Pere Ubu / Johan Untersteiner                      57

 

Umsatz V75: 20.159.676 SEK

1. Rang: 277 Systeme à 18.916 SEK

2. Rang: 217 SEK

3. Rang: 24 SEK

 

Umsatz Top-7 (Klass II): 430.601 SEK

 

Usain Lobell auf bestem Derby-Weg

Nachdem in der Auftaktprüfung Michael Nimzcyk mit Eagle in the Sky im zweiten Paar außen hinter zwei Todmüden festgesessen hatte, als aus dem Hintertreffen die Post abging, und er weit zurück für den Bornmann-Schützling mit Platz fünf und 2.500 Kronen zufrieden sein musste, knallte es aus deutscher Sicht unmittelbar darauf gewaltig. Gut möglich, dass man in der 3-års Eliten den deutschen Derby-Sieger 2021 gesehen hat, der wie fast schon selbstverständlich aus Paul Hagoorts Quartier stammt.

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(Foto: danskhv.dk/Burt Seger)

Bereits beim Musketer-Dagen in Skive hatte Usain Lobell zum Saisoneinstand die versammelte dänische Dreijährigen-Elite in überzeugendem Stil vernascht und setzte nun noch einen drauf. Von der „6“ schmetterte der Bold-Eagle-Sohn in Front wie nix und ließ nach 1:12,6 für 500 Meter den direkt über ihm postierten, bei fünf Versuchen noch nie bezwungenen Cobra Killer Gar aufmarschieren. „Er lag so prächtig in der Hand, dass ich keinen Grund sah, Alessandro Gocciadoros Pferd vorbeizulassen“, sollte Robin Bakker im Nachklapp sagen - und tat gut daran.

Als es sechs Längen vor dem von Seventh Heaven ins Ziel geführten konsternierten Rest zum finalen Showdown kam, hielt der Sohn der Lobell Countess dem von Readly Express gezeugten Italiener in starken 1:13,3/2000m eisern stand. „Usain ist ein Zwerg, Cobra Killer Gar ein Hüne, ich achtete nur auf die Sulkyräder und wusste, dass mein Pferd im Ziel die Nase vorn hatte“, kommentierte Bakker. Nach dem famosen „Hals“-Sieg wanderten 75.000 DKR aufs Konto von Züchter und Besitzer Jasper Roos, der nun die Daumen drücken muss, dass sein Crack bis zum 22. August in der Spur bleibt: An jenem Tag sind die Vorläufe zum deutschen Traber-Derby geplant.

Die ebenfalls mit 155.000 DKR dotierte und nach Streichung von Golden Guard nur mit sieben Gespannen bestückte 5-års Eliten wurde eine überaus leichte Beute von Europabummler Guzz Mearas, der sich über Winter mit mäßigem Erfolg in Vincennes versucht hatte. Johan Untersteiner wehrte den Versuch Osterc‘, ihm die Führung streitig zu machen, mit einem Lächeln ab und durfte anschließend eine extrem ruhige Kugel schieben, weil Flemming Jensen mit dem bei 22:10 knapp zum Favoriten gekürten Emoji sich darauf beschränkte, für den Muscle-Mass-Sohn den Begleiter zu spielen.

Der Schwarzbraune kam nie in die Bredouille und strich 75.000 Kronen für seinen neunten Erfolg - ein Klacks verglichen mit den 2.756.395 DKR, mit denen er angereist war - im schlanken 1:14,0-Gang mit einer Länge Vorsprung vor Dänemarks Hoffnung ein. Dritter wurde Osterc vor Always EK, seinem äußeren, von Gocciadoro gesteuerten „Passmann“.