Alter Schwede - wieder nicht zu stoppen
(nn) Cesena, Samstag, 8. September 2019. Auf dem 800-Meter-Kurs des Ippodromo Savio in der 100.000-Einwohner-Stadt Cesena nahe der Adriaküste fand am Samstagabend das als Stichfahren konzipierte, erstmals 1927 ausgetragene Campionato Europeo statt, das zum Beispiel Eileen Eden und Johannes Frömming, aber auch Campo Ass mit Heinz Wewering bzw. Jos Verbeeck dreimal in Folge (1968 bis 1971 bzw. 1993 bis 1995) gewonnen haben.
Von derart internationalem Flair war man in Italien im Allgemeinen und einem der letzten kraftraubenden Stichfahren, in dem es über maximal drei Stechen geht, in Cesena im Besonderen seit langem weit entfernt. Einziger echter Gast, der die Reise über die Alpen gewagt hatte, war Pierre Vercruysse mit dem in Lauf 1 zum 13:10-Favoriten erkorenen Drôle de Jet, der allerdings gründlich Schiffbruch erlitt. Der Schwede Arazi Boko geht seit knapp zwei Jahren, der Norweger Cokstile seit Anfang August für italienische Besitzer an den Start.
Keine Chance hatten in Heat 1 die fünf Aspiranten der zweiten Startreihe - Pantera del Pino war gestrichen worden -, von denen sich der zwölfjährige Arazi Boko aus dem dritten Paar außen als Fünfter am besten hielt. Das Kommando riss Uragano Trebi‘ vor Vernissage Grif, Ua Huka, Specialess und Tina Turner an sich, während Cokstile vor Drôle de Jet, Arazi Boko, Tango Negro, Peace of Mind und dem in dritter Spur verhafteten und nach dem ebenso Kraft kostenden wie vergeblichen Versuch, irgendwo ein gescheites Plätzchen zu finden, ganz nach hinten beorderten Santiago de Leon die äußere Camarilla befehligte.
Nach einer Runde gedachte Pierre Vercruysse dem Spitzen-Duo ein wenig auf den Zahn zu fühlen. Vorbei kam Drôle de Jet nicht und konnte von Glück sagen, dass ihn Gocciadoro wieder vor sich einparken ließ, so dass die 400 Meter währende Aktion Körner, jedoch keine Position gekostet hatte. Die fehlten dem Franzosen zum Schluss gründlich - mehr als Rang sieben war nicht mehr drin. Trotz permanenter Todesspur und zweier gemeinsam mit Uragano Trebi‘ unterwegs abgewehrter Attacken hatte Cokstile das Fitzelchen mehr Power im Tank, den Nad-Al-Sheba-Sohn niederzuringen. Aus idealer Position lief Vernissage Grif auf dem Open Stretch dicht auf. Zwei Längen dahinter hielt Ua Huka den Trainingskameraden Arazi Boko, dessen Ausflug in Spur drei im Schlussbogen nichts einbrachte, sicher in Schach.
Der 2. Heat, wurde zur glasklaren Angelegenheit Arazi Bokos, der durch die Streichung Pantera del Pinos von Startplatz „4“ losschnellen durfte. Zügiger als er kam allein Stallkameradin Peace of Mind in die Puschen, doch überließ Andrea Guzzinati selbstverständlich dem 12:10-Favoriten das Feld bzw. die Spitze. Damit war der erste Schachzug des Gocciadoro-Trios aufgegangen. Der zweite schlug indes fehl. Offensichtlich hatte Rene‘ Legati mit Ua Huka Order, die äußere Spitzenposition zu besetzen, wogegen Specialess so mächtig widerstand, dass Legati den Harakiri-Angriff nicht nur abbrach, sondern die Muscles-Yankee-Tochter wenig später aus dem Rennen nahm.
Das alles berührte den „Chef in Gelb“ nur marginal. Der stellte seinen zwölf Jahre alten Haudegen im Schlussbogen ein, zweimal mächtig zusammen. Prompt nahm der alte Schwede die Beine in die Hand und entschwand der fightenden Truppe um sieben Längen, womit das Race Off perfekt war. Um jeden Zentimeter ging’s für Platz zwei zwischen Uragano Trebi‘ innen und Vernissage Grif, den die Varenne-Tochter um eine Nasenspitze zu ihren Gunsten buchte. Das war insofern nicht ganz unwichtig, als sich beide mit je einem zweiten und dritten Rang die dritte und vierte Zusatzprämie teilten und jeweils 10.800 Extra-Euro gutgeschrieben bekamen.
Race Off wie 2018 für „il gran vecchio“
Dass Cokstile, in Heat 2 mit der „8“ gestraft, keine sonderlichen Klimmzüge machte und nur auf Ankommen bedacht war, um Kräfte für das zu mitternächtlicher Stunde anstehende Race Off zu sparen, nützte dem Sechsjährigen im aus dem deutschen RTL-Fernsehen bekannten Duell „Alt gegen Jung“ wenig. Dabei versuchte Antonio Di Nardo auf den ersten, 1:06,7 schnellen 500 Metern alles, um Cokstile an dem seinen 139. Start bestreitenden Arazi Boko vorbei zu zwingen - vergeblich. Di Nardo brach den Angriff ab, ließ den sein gerade mal 39. Rennen absolvierenden Norweger 300 Meter im Windschatten tief Luft holen und startete für die Schlussrunde die nächste knüppelharte Nummer. Wieder parierte der „große Alte“ (ein Titel, den einst die Radsport-Legende Gino Bartali getragen hat), der von Gocciadoro vor zwei Jahren zum dritten Frühling erweckt worden ist und seitdem unter seiner Regie vier Matches der höchsten Kategorie I für sich entschieden hat, mit 1½ Längen und zog wie im Vorjahr mit 60.000 Euro Zusatzprämie von dannen. Mit 929.438 Euro könnte der unverwüstliche Varenne-Wallach, der einige derbe Hiebe verpasst bekam, die runde Million noch schaffen.
85. Campionato Europeo (Gruppe I int., UET-Masters-Serie)
Heats: 1660m Autostart, 11.000 Euro
Wert: 4.600 - 2.200 - 1.200 - 600 - 400 sowie 2.000 Euro Züchterprämie
Heat 1
1. Cokstile 12,0 Antonio Di Nardo 56
6j. br. Hengst von Quite Easy a.d. Joystile von Coktail Jet
Be: Scud. Santese; Zü: Per Erik Hagen, NO; Tr: Gennaro Casillo
2. Uragano Trebi’ 3. Vernissage Grif 4. Ua Huka 5. Arazi Boko 6. Specialess 7. Drôle de Jet 8. Tina Turner 9. Tango Negro 10. Peace of Mind 11. Santiago de Leon |
12,1 Roberto Vecchione 12,2 Gennaro Riccio 12,4 Rene’ Legati 12,5 Alessandro Gocciadoro 12,6 Andrea Vitagliano 12,7 Pierre Vercruysse 12,8 Andrea Farolfi 13,3 Wilhelm Paal 13,4 Andrea Guzzinati 13,6 Antonio Greppi |
44 395 257 93* 57 13 777 889 93* 977 |
*Stallwette
Sieg: 56; Richter: Kampf ½ - Hals - 2 - 1 - 1 Länge; 11 liefen (NS Pantera del Pino)
Heat 2
1. Arazi Boko 12,0 Alessandro Gocciadoro 12*
12j.schwbr. Wallach von Varenne a.d. Laura Kemp von Express Ride
Be: Leonardo Cecchi; Zü: Annemanna AB, SE; Tr: Team Gocciadoro
2. Vernissage Grif 3. Uragano Trebi’ 4. Peace of Mind 5. Santiago de Leon 6. Drôle de Jet 7. Tango Negro 8. Cokstile 9. Tina Turner 10. Specialess Ua Huka |
12,8 Gennaro Riccio 12,8 Roberto Vecchione 13,0 Andrea Guzzinati 13,2 Antonio Greppi 13,2 Pierre Vercruysse 13,4 Wilhelm Paal 13,7 Antonio Di Nardo 14,0 Andrea Farolfi 14,7 Andrea Vitagliano agh. Rene’ Legati |
16 155 12* 379 80 94 77 152 287 611 |
Sieg: 12 (*Stallwette); Richter: überlegen 7 - k.Kopf - 1 - k.Kopf - 2 Längen; 11 liefen (NS Pantera del Pino)
Race Off
1660m Autostart
1. Arazi Boko 2. Cokstile |
11,1 Alessandro Gocciadoro 11,3 Antonio Di Nardo |
13 21 |
Sieg: 13; Richter: sicher 1½ Längen; 2 liefen
Endstand
1. Arazi Boko (V - I - I) 60.000 Euro
12j.schwbr. Wallach von Varenne a.d. Laura Kemp von Express Ride
Be: Leonardo Cecchi; Zü: Annemanna AB, SE; Tr: Team Gocciadoro
2. Cokstile 3. Vernissage Grif 3. Uragano Trebi‘ |
(I - VIII - II) (III - II) (II - III) |
26.400 Euro 10.800 Euro 10.800 Euro |
plus 24.000 Euro Züchterprämie