Alte Kanone mit scharfem Antritt

Kopenhagen-Charlottenlund, Sonntag, 14. Mai 2023. Aus dem wie immer sehr reichhaltigen Rahmenprogramm, das eine Fülle niederländischer und deutscher Truppen angelockt hatte, stach das Charlottenlund Open heraus, das zur überraschend leichten Beute eines fürwahr alten internationalen Haudegens wurde.
Elf Jahre und bereits 116 Starts auf dem braunen Buckel schreckten den in den Niederlanden geborenen, seit fünf Jahren für norwegische Interessen aktiven Floris Baldwin nicht, von Startplatz „5“ wie von der Tarantel gestochen loszufetzen. Keine Chance für Four Guys Dream (1) noch Synergy (2), dem Schützling von Bo Westergaard den feurigen Run an die Spitze zu verbauen, wo er vergeblich auf Angriffe wartete.
Heart of Steel, längst nicht mehr so kernig drauf wie vor drei Jahren, als ihn Peter Untersteiner als potentiellen Elitloppet-Kandidaten ausgerufen hatte, hatte als äußerer Anführer keine Ambitionen, dem ein schneidiges Tempo vorlegenden Floris Baldwin noch ein bisschen mehr abzufordern. Im Rücken des Merwestaal-Trabers zeigten auch Bandit Brick, Keytothehill, Dream Builder und Schlusslicht Everest Védaquais verständlicherweise lange keinerlei Gelüste, einen Ausflug an die ganz frische Luft zu wagen.
Westergaard dürfte selbst ein wenig überrascht gewesen sein und schaute sich mehrmals erwartungsvoll um, wann denn die hinteren Chargen ihre Zurückhaltung aufgeben würden. Heart of Steel und der in der Schlusskurve in Spur drei beorderte Bandit Brick konnten nicht, der in vierter Linie herumturnende Everest Védaquais war zu weit von der vorderen Musik entfernt - der in Aalborg lizensierte, zwischen Dänemark und Norwegen pendelnde Westergaard konnte sich sogar den Luxus einer Abfahrt leisten und so Four Guys Dream aus dem Gefängnis entlassen. Der nutzte das Angebot und sprintete zum Ehrenplatz vor Synergy, der genauso übersichtlich für den niedrigsten Podestplatz anschlug.
Mit 1:10,3 blieben der fliegende Holländer, für den dies der 27. Sieg war, und sein Chauffeur nur um 0,3 Sekunden über dem Rennrekord, der seit 2021 auf Digne et Droits Schultern ruht.
Charlottenlund Open (int.)
1600m Autostart, 150.000 DKR
1. Floris Baldwin 10,3 Bo Westergaard 88
11j.br. Wallach von Passing Renka a.d. Tanja de Bruin von Dante Buitenzorg
Be: Öyvind Skoie, NO; Zü: A. Ebbinge, NL; Tr: Bo Westergaard
2. Four Guys Dream 10,4 Stefan Persson 46
3. Synergy 10,6 Alessandro Gocciadoro 36
4. Heart of Steel 10,8 Jörgen Sjunnesson 113
5. Bandit Brick 10,9 Erik Adielsson 52
6. Everest Védaquais 10,9 Robin Bakker 330
6. Keytothehill 10,9 Björn Goop 56
8. First Blood 10,9 Birger Jörgensen 285
9. Coventry Hall 11,1 Magnus Djuse 271
Dream Builder dis.r. Preben Sövik 612
Sieg: 88; Richter: leicht ¾ - 1½ - 1¼ - Kopf - Kopf - totes Rennen; 10 liefen
Zw-Zeiten: 08,7/500m - 10,6/1000m
Wert: 75.000 - 32.500 - 16.000 - 10.000 - 9.000 - 3.750 - 3.750 DKR
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=8
Ein Superhero knackt Schampus
Wie im Vorjahr ging die 4-års-Eliten um 205.000 dänische Kronen, in der Schampus nicht ganz unerwartet gegen sehr viel erfahrenere Mitstreiter beim sechsten Auftritt das erste Mal das Gefühl einer Niederlage auskosten musste, an ein in Amerika geborenes Ross, das Bo Westergaard für den dänischen Stall von Preben Munch Kjærgaard vorbereitet - mit dem kleinen Unterschied, dass nicht wie 2022 bei Seven Nation Army als Vollstrecker Nicklas Korfitsen im Sulky saß, sondern der Trainer höchstpersönlich.
Der brachte B A Superhero von der „7” hinter Schampus (5), der mit gewaltigem Antritt gegen Julia Sisu (4) ruckzuck das Kommando an sich riss, und vor Don’t Say Gar (2) sowie Pour Mea Double (1) unter. Als bei verschleppter Fahrt im zweiten Bogen Smart Hill As, Bellisimo Face und Heavenly Stone anrückten, befand es Gocciadoro an der Zeit, vor ihnen nach außen zu wechseln. 700 Meter vorm Ziel war es mit Schampus‘ gemütlicher Spazierfahrt vorbei, da Gocciadoro die Daumenschrauben ansetzte.
Sofort zerfiel der Pulk, aus dem sich Pearl Vrijthout bereits am Start im Galopp verdrückt hatte, in zwei Abteilungen: An den beiden Kampfhähnen eisern dran blieben Julia Sisu und der in den Rücken des Italieners lancierte B A Superhero, dem Pour mea Double halbwegs auf den Fersen zu bleiben vermochte. Der Rest, aus dem sich Smart Hill As und Hugo Tröjborg Fehler im Schlussbogen leisteten, war rasch abgeschüttelt.
Beim Versuch, das Blatt endgültig zu seinen Gunst zu wenden, sprang Don’t Say Gar dem heute glücklosen Gocciadoro aus der Hand und landete am Turm. Umso kerniger sprang B A Superhero in die Bresche, der den Lasbeker kraftvoll um eine Länge abkanzelte. Für Josef Franzls Derby-Hoffnung stand der Zielpfosten dennoch an der goldrichtigen Stelle, denn Stall Habos Julia Sisu hielt er gerade so um einen „Kopf“ in Schach. 2½ Längen dahinter hatte Karin Walter-Mommerts Amerikaner Pour mea Double fürs vierte Geld nichts mehr zu halten.
Enttäuscht war Franzl über Schampus‘ erste Niederlage nicht, der nach seinem furiosen Sieg am 30. April im jütländischen Skive als klarer Favorit angetreten war: „Das war gerade mal sein sechster Start, womit er mit Abstand der unerfahrenste Teilnehmer war. Der Propulsion-Sohn muss noch viel lernen - vor allem, dass er zum Schluss kämpfen muss. Wir haben noch einige Möglichkeiten, dafür etwas an seinem Equipment zu verändern.“
Uncle Lasse 4-års-Eliten (int., Vierjährige)
2000m Autostart, 205.000 DKR
1. B A Superhero 12,2 Bo Westergaard 131
4j.br. Hengst von Chapter Seven a.d. Win Missy B von Conway Hall
Be: Masiol ApS (Preben Munch Kjærgaard), DK; Zü: Robert Key, US; Tr: Bo Westergaard
2. Schampus 12,4 Josef Franzl 15
3. Julia Sisu 12,4 Michael Nimczyk 95
4. Pour mea Double 12,6 Markus Waldmüller 317
5. Heavenly Stone 13,6 Knud Mönster 893
6. Bellissimo Face 14,7 Adrian Kolgjini 841
7. Smart Hill As 15,4g Karel Gerrits 519
8. Hugo Tröjborg 15,9g Nicklas Korfitsen 1173
Don’t Say Gar dis.r. Alessandro Gocciadoro 43
Pearl Vrijthout dis.r. Robin Bakker 363
Sieg: 131; Richter: leicht 1½ - Kopf - 2 - 8 Längen; 10 liefen (NS Hilton / Fieber)
Zw-Zeit: 12,3/500m
Wert: 100.000 - 50.000 - 25.000 - 13.000 - 10.000 - 7.000 DKR
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=9
Sir Express‘ monströser Ehrenplatz
Im Grunde schon bei der Auslosung der Startplätze für die Klass II, deren Sieger am 27. Mai zum Finale nach Solvalla fahren darf, waren die Würfel gegen Stall Express‘ Sir Express gefallen, mit dem Michael Nimczyk von der „10“ losmusste. Im mit „Winnern“ nur so gespickten 2.000-Meter-Rennen landete Deutschlands Goldhelm im fünften Paar außen und wartete mit seiner Attacke bis eingangs der Schlusskurve.
Dort trieb es den heuer bei drei Auftritten unbezwingbaren Indigious-Sohn bis in die fünfte Spur, wo er zügig Boden wettmachte und nur den durch die Todesspur marschierenden Generalen nicht mehr erwischte, mit dem Flemming Jensen sicher um eine halbe Länge voraus blieb. Belohnt wurde der in 1:13,2 hart erarbeitete Ehrenplatz mit 38.000 DKR.
Für Lauria Inferior S schien sich die Partie trotz der „11“ wesentlich besser zu entwickeln, konnte doch Catchdriver Stefan Persson mit Patrick Maleitzkes deutscher Derby-Hoffnung innen bis an die dritte Stelle vorstoßen. Zu früh frohlockt, denn in der Entscheidung saß die Muscle-Hill-Tochter rettungslos fest und musste sich mit Rang sechs und 7.000 DKR bescheiden.
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=7
Ein wenig mit Zitronen gehandelt hatte Michael Nimczyk in der Bronsdivisionen, in der er sich mit Staccato HL (4) den Weg von der wie der Wind nach vorn gesausten Tour Eiffel (3) weisen ließ - und auf der letzten Überseite den rechtzeitigen Ausstieg verpasste. Den wählte stattdessen sein Hintermann Twigs Honor, in dessen Windschatten Yuvarajkurz verschnaufen konnte.
An der letzten Ecke war Tour Eiffel gestellt, hinter der Nimczyk als gefesselter Riese saß und erst um sie herum konnte, als Yuvaraj und Twigs Honor längst um Sieg und Ehrenplatz kämpften - mit dem um Haupteslänge besseren Ausgang für den von Gustav Johansson punktgenau eingesetzten Maharajah-Sohn. Streng innen kam Staccato HL bis auf einen „Hals“ an den Zweiten heran. „Da war weit mehr, wenn nicht sogar der Sieg drin, wenn ich 700 Meter vorm Ziel selbst nach außen gehe. Im Nachhinein ist man klüger“, gab Nimczyk selbstkritisch zu. So gab’s in 1:12,1/2000m nur 22.000 statt durchaus möglicher 76.000 DKR für den Stall Germania.
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=10
In der Hoppe-Eliten überzeugte Riet Hazelaar, die nach ihrem Triumph im deutschen Stuten-Derby nicht mehr am Ablauf gewesen war, mit einem bärenstarken Comeback. Mit der Rotschimmelstute versuchte Dion Tesselaar sogar, von Startplatz „7“ in Front zu düsen, womit er allerdings bei Nova Mahiron, die Thomas Uhrberg als seine beste Chance des Tages bezeichnet hatte, auf Granit biss.
Zum Glück für die Deutschholländerin, in deren Sog sich Michael Nimczyk mit Kyriad Newport (5) ideal einrichten konnte, preschte auf der ersten Überseite Eenymeenyminymoe (12) von letzter Position an allen vorbei an die Flanke der Leaderin. Letztlich wurde dieser Husarenritt der 21-fachen Siegerin deutlich zu viel - 500 Meter vor Ultimo war sie wieder auf dem Rückzug und zwang Tesselaar zum Handeln, während Kyriad Newport sich in Galopp rollte und die rote Karte sah.
Trotz des anspruchsvollen Verlaufs blieb Riet Hazelaar bis ins Ziel eine extrem hartnäckige Angreiferin, die nur um einen „Hals“ den Kürzeren zog und für die erstklassige 1:12,2-Vorstellung 32.500 DKR einstrich. 75.000 DKR gingen an die von Maharajah gezeugte Schwedin für deren zehnten Volltreffer.
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=12
V75-1 (Stayer): Gangnam Style K. / Birger Jörgensen 699
V75-2 (Klass II): Generalen / Flemming Jensen 45
V75-3 (Open): Floris Baldwin / Bo Westergaard 88
V75-4 (4jähr.): B A Superhero / Bo Westergaard 131
V75-5 (Brons): Yuvaraj / Gustav Johansson 52
V75-6 (Cop-Cup): Önas Prince / Per Nordström 14
V75-7 (Elit-Sto): Nova Mahiron / Thomas Uhrberg 40
Umsatz V75: 19.758.727 SEK
1. Rang: 5,96 Systeme à 861.365 SEK
2. Rang: 1.994 SEK
3. Rang: 110 SEK
Umsatz Top-7 (Brons): 305.800 SEK
Vor der Königswette gelang Karin Walter-Mommerts Brady der 15. Erfolg seiner 38 Starts umfassenden Laufbahn. Von Stefan Persson nach einer Runde aus dem zweiten Paar außen an die Flanke des das Tempo bestimmenden Karel G Greenwood beordert, bekam der von Jean-Pierre Dubois gezüchtete Love-You-Sohn seinen Landsmann rasch in den Griff und war gegen Keystone Cash um einen „Hals“ auf der Hut. Der Totalisator honorierte die 1:13,3/2000m-Leistung mit schmalem 1,7-fachem Sieg-Einsatz, wofür 25.000 DKR überwiesen wurden. Der mit der „9“ als innerer Dritter verschwundene Quandor holte als 766:10-Longshot Rang vier und 3.750 DKR, Karel G Greenwood rettete Platz sechs und 1.500 DKR.
Video: https://replays.webstream.dk/player?date=2023-05-14&countrycode=DK&trackno=1&raceno=2
Die skandinavischen Montés sind derzeit für Henk Grift als Vorbereiter und Jonathan Carré als Vollstrecker eine wahre Goldgrube. Nach verhaltenem Start zog der seit einigen Jahren in Schweden ansässige Carré nach 700 der geforderten 2.000 Meter resolut in Front und wurde seiner exponierten 12:10-Stellung mit dem Franzosen Corps et Ame sehr gerecht. Vier Längen voraus war der elfjährige Jag-de-Bellouet-Nachkomme nach blanken 1:14 um 35.000 DKR reicher und hat sich damit fürs Finale des Summer Meeting Monté in Oslo am 11. Juni qualifiziert.