64.400 Euro dickes Trostpflaster

Rom-Capanelle, Donnerstag, 29. Juni 2023. Seit 1977 ist in Italien der 29. Juni, der kirchliche Tag für „Peter und Paul“, kein Feiertag mehr. In der ewigen Stadt gedenkt man der Jünger Petrus und Paulus dennoch mit dem nach dem Derby Italiano del Trotto bedeutendsten Traber-Tag auf dem Ippodromo Capanelle.
Zweimal ging‘s in der Kategorie I um jeweils 154.000 Euro, einmal um 66.000 Euro zur Sache, und das jeweils international. Wobei sich Begeisterung der ausländsichen Ställe in extrem engen Grenzen hielt: Der vierjährige Géricault stand als einziger Fremdling allein auf weiter Flur.
Eigentlich hatte Vivid Wise As am letzten Super-Sonntag in Vincennes‘ 200.000 Euro wertvollem Prix René Ballière auf Raubzug gehen sollen, doch die verspätet eingegangene Ausfuhrbescheinigung hatte dies Ansinnen zunichte gemacht. Dann eben der Gran Premio Gaetano Turilli, dachte sich Alessandro Gocciadoro, der selbst nach der Streichung Zaccaria Bars mit vier Aspiranten die Mehrzahl im Feld stellte, und ließ Vivids Standardfahrer Matthieu Abrivard einfliegen.
Wie bei den letzten Malen hatte der 2,8-Millionen-Protz nicht eben Glück bei der Auslosung der Startplätze und bekam mit der „7“ die äußerste Rampe in der ersten Reihe aufgedrückt, die nur marginal angenehmer wurde, weil er durch Zaccaria Bars Ausfall um eine Position herunter rutschen durfte.
Ein extrem rasanter Beginner war der Yankee-Glide-Hengst noch nie - gut, wenn man mit Vernissage Grif (5) einen Trainingskumpel dabei hat, der es besser konnte und ihm nach 200 Metern selbstverständlich den Durchmarsch an die Spitze genehmigte. Es folgten im Gänsemarsch Chance EK (4), Birba Caf (3), Bleff Dipa (2), Caius Titus Bond (8) und nach einigem Hin und Her Allegra Gifont (6).
Der erste Schachzug der Gocciadoro-Truppe war folglich bestens aufgegangen: Die beiden Gemeinten Eins-Zwei, Hauptkonkurrent Bleff Dipa nach hinten verbannt und zur Aktivität „über außen“ gezwungen, wenn er sich nicht völlig einlullen lassen wollte. Als es ganz langsam wurde, fasste sich Roberto Vecchione ein Herz, brach in der zweiten Kurve die Perlenkette auf und bekam fast umgehend in Vernissage Grif einen Block vor die Nase gesetzt.
Vor der Tribüne zerplatzte der schöne taktische Plan des italienischen Campione jedoch, als Vernissage Grif fünf Galoppsprünge ohne Boden- noch Positionsverlust einlegte und umgehend die rote Karte sah, was vielleicht Vecchione nicht unbedingt ins Kalkül passte. So war Bleff Dipa einen harten Brocken zwar los, doch dafür pfiff ihm der äußere Fahrtwind für die komplette Schlussrunde um die Nase.
Das scherte Holger Ehlerts derzeitiges Aushängeschild wenig. Mit Löwenmut stellte sich der Mister-J.P.-Sohn von LeTrot-Präsident Jean-Pierre Barjon der herkulischen Aufgabe und Vivid Wise As auf eine beinharte Probe. Kopf an Kopf rauften die beiden Granden, von denen Vivid Wise As wegen des simpleren Verlaufs stets ein Schippchen mehr im Angebot hatte und sich auf den letzten Metern auf „Hals“-Vorsprung etwas befreien konnte zum 34. Sieg aus 84 Versuchen, mit dem sein Konto bei 2.880.200 Euro steht.
Vom Rest, der am Ende nur schmückendes Beiwerk zum Fight der Gladiatoren war, hatte vier Längen zurück die Orlando-Vici-Tochter Birba Caf das Glück der Tüchtigen und schnappte sich Chance EK um eine Nüsternbreite. Von den verbliebenen Gocciadoro-Eleven holte sich Allegra Gifont deutlich vor Caius Titus Bond die kleinste Prämie. Unterm Strich dürfte sich Italiens Trainer-Champion trotz des Sieges von Vivid Wise As sicherlich ein bisschen mehr Beute versprochen haben.
Gran Premio Gaetano Turilli (Gruppe I int., frei für Alle)
2100m Autostart, 154.000 Euro
1. Vivid Wise As 12,7 Matthieu Abrivard 16
9j.br. Hengst von Yankee Glide a.d. Temple Blue Chip von Cantab Hall
Be: Scud. Bivans; Zü: Allev. della Serenissima & Scud. Wise; Tr: Alessandro Gocciadoro
2. Bleff Dipa 12,8 Roberto Vecchione 44
3. Birba Caf 13,2 Enrico Bellei 410
4. Chance EK 13,2 Pietro Gubellini 118
5. Allegra Gifont 13,3 Crescenzo Maione 597
6. Caio Titus Bond 13,6 Santo Mollo 173
Vernissage Grif dis.r. Alessandro Gocciadoro 25
Sieg: 16; Richter: Kampf Hals - 4 - k.Kopf - 1 - 3½ Längen; 7 liefen (NS Carlomagno d’Esi, Zaccaria Bar)
Zw-Zeit: 07,8/500m
Wert: 64.400 - 30.800 - 16.800 - 8.400 - 5.600 und 28.000 Euro Züchterprämie
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6330360873112
Mauro Baroncini - Herrscher bei den Vierjährigen
Due Italias kleine Wiederauferstehung
Erstklassig in Schuss hat Mauro Baroncini seine Generation „D“. Im Gran Premio Antonio Carena für die Signorinas, die den Gruppe-Reigen eröffneten und denen nach 1.640 Metern 66.000 Euro winkten, kreuzte eine gute alte Bekannte im Winner Circle auf, nach der es noch eingangs der Zielgeraden überhaupt nicht aussah.
Due Italia, die im Vorjahr die Stutenabteilungen der drei klassischen Derby-Vorbereitungsprüfungen in Modena, Turin und Mailand auf ihre Kappe gebracht hatte, in den Oaks del Trotto als heiße Favoritin Sechste geworden und seither nur noch gut platziert war, erinnerte sich alter Stärken und riss ein Rennen aus dem Feuer, das die drei Gocciadoro-Schützlinge Dolcezza Sergio, Daughter As und Dali Prav unter sich auszumachen schienen.
Wieselflink hatte sich Gabriele Gelormini mit der Tochter des Deutschen Chapeau von der „5“ gegen Dali Prav (1) das Kommando gesichert, während der „Chef“ mächtig wirbeln musste, um der mit der „14“ gestraften Daughter As eine halbwegs ordentliche Ausgangsposition zu verschaffen. 600 Meter dritte Spur kurbelte die Siegerin des Orsi-Mangelli Filly, bis sie endlich an Dr Lara Font und Doni Maker vorbei auf den Platz neben den beiden Trainingsgefährtinnen konnte.
Due Italia (9) lag zu diesem Zeitpunkt ausbruchsicher verpackt im inneren Hintertreffen des kompakten Feldes. Zur Halbzeit konnte Andrea Farolfi wenigstens in Spur zwei, doch war der Weg nach vorn extrem weit. Als Ende gegenüber Dr Lara Font die Karten im Galopp warf und Doni Maker mit ins Verderben riss, gab Farolfi Gas. Ein erster kerniger Zwischenspurt brachte Due Italia an Position sechs, doch war der Rückstand zur Gocciadoro-Bande selbst eingangs der Zielgeraden mit rund sechs Längen riesig.
Der Umsturz erfolgte auf den finalen 150 Metern, auf denen sie in vierter Spur förmlich Flügel zu bekommen schien und das um den Sieg raufende Trio des „Campione“ um eine Länge gar noch sicher in die Tasche steckte. Mit dem sechsten Sieg aus 27 Versuchen kletterte ihr Guthaben auf 162.742 Euro.
Gran Premio Antonio Carena (Gruppe II int., vierj. Stuten)
1640m Autostart, 66.000 Euro
1. Due Italia 11,8 Andrea Farolfi 69
4j.br. Stute von Adrian Chip a.d. Unique Grif von Varenne
Be: Scud. W. Giovane Italia Srl; Zü: Paolo Santulli; Tr: Mauro Baroncini
2. Dali Prav 12,0 Renè Legati 91
3. Daughter As 12,0 Alessandro Gocciadoro 19
4. Dolcezza Sergio 12,2 Gabriele Gelormini 42
5. Dada del Ronco 12,4 Mario Minopoli jr 971
6. Damaris Grif 12,6 Marco Stefani 247
7. Daytona di Cecco 13,0 Pietro Gubellini 75
8. Danish As 13,2 Vincenzo Luongo 331
9. Daytona Roc 13,5 Filippo Rocca 388
10. Donnavittoria Par 13,8 Gaspare Lo Verde 906
11. Diana Jet 14,9 Francesco Tufano 1359
Dana EK dis.r. Massimiliano Castaldo 647
Doni Maker dis.r. Antonio Simioli 93
Dr Lara Font dis.r. Antonio di Nardo 438
Sieg: 69; Richter: sicher 1 - Hals - 1¼ - 2 - 1 - 2½ Längen; 14 liefen
Wert: 27.600 - 13.200 - 7.200 - 3.600 - 2.400 sowie 12.000 Euro Züchterprämie
Video: http://webtv.awsteleippica.com/videos/6330306742112
Für Desiderio schlägt’s „13“
Fiel Due Italias Sieg sicher aus, so ging ihrem Boxennachbarn Desiderio d’Esi, der als bislang bedeutendste Nummern die Gruppe-II-Aufgaben in Florenz (19. Februar) und Turin (16. April) gelöst hatte, der 13. Treffer im Gran Premio Tino Triossi nach ähnlichem Muster geradezu leicht von der Hand.
Santo Mollo hatte mit dem Robert-Bi-Sprössling von der „2“ die sehr viel bessere Ausgangsposition, konnte sie aber nicht nutzen und verschwand hinter Dilva Jet, die sich gemeinsam mit Delicious Gar gegen das starke Geschlecht wagte, Diluca Mo und Danger Bi im vierten Paar außen. Reisegefährte Dimitri Ferm (3) machte sich umgehend vor Diamond Truppo (1) und dem ins deutsche Gestütbuch eingetragenen Géricault (8) für die Regie stark.
Erneut hatte der bis auf den frühen Ausfall Delicious Gars kompakte Pulk lange Bestand, sieht man davon ab, dass Dylan Dog Font und Daniel Font nach 1.200 Metern in dritter Spur ihre Segel strichen. Für die Schlussrunde gab Gocciadoro die äußere Lokomotive und begann nach 1:12,8 für den ersten Kilometer, Dimitri Ferm sukzessive unter Druck zu setzen. An der letzten Ecke hatte der Nad-Al-Sheba-Soh genug und trat den Rückzug bis auf Platz sieben an.
Damit hatte Danger Bi aber noch lange nicht gewonnenes Spiel. Wuchtig stiefelte Desiderio d’Esi vorbei, ohne dass Santo Mollo auch nur einen Handschlag machen musste - im Gegenteil: Seelenruhig schaute er zu, wie Danger Bi (von Bird Parker) nach kräftigem Hauen und Stechen den Ehrenplatz hauchdünn gegen Diamond Truppo festhielt.
Zwei Längen waren es dann zu Diamond Francis, weitere 3½ zu Géricault, der sich für Platz fünf und 5.600 Euro Danubio und Dilva Jet um jeweils einen „Hals“ vom Leib hielt. Verborgen geblieben war den Stewards jedoch nicht, dass der Muscle-Hill-Sohn im vorletzten Bogen mehrere Pylonen unterfahren hatte, ohne daraus einen Vorteil zu ziehen; sie nahmen den noch fürs deutsche Derby genannten Braunen komplett aus der Wertung, der bei einer Gewinnsumme von 133.195 Euro stehen blieb.
Dank des üppigen Zuwachses deutlich mehr hat Desiderio d’Esi mit 187.776 Euro auf der hohen Kante.
Gran Premio Tino Triossi (Gruppe I int., Vierjährige)
2100m Autostart, 154.000 Euro
1. Desiderio d’Esi 12,0 Santo Mollo 49
4j.dklbr. Hengst von Robert Bi a.d. Tessa d’Esi von Nad Al Sheba
Be: Francesco Graziano Biasia; Zü: Bianchi Albina Avenali; Tr: Mauro Baroncini
2. Danger Bi 12,1 Alessandro Gocciadoro 26
3. Diamond Truppo 12,2 Roberto Vecchione 108
4. Diamond Francis 12,4 Vincenzo-P. dell’Annunziata 303
5. Danubio 12,8 Federico Esposito 463
6. Dilva Jet 12,8 Ferdinando Pisacane 110
7. Dimitri Ferm 13,0 Andrea Farolfi 44
8. Diluca Mo 13,3 Enrico Bellei 56
9. Daniele Jet 14,0 Gaetano di Nardo 801
10. Derrick FKS 14,0 Mario Minopoli jr 1101
11. Dylan Dog Font 14,3 Marco Stefani 220
12. Delicious Gar dis.r. Crescenzo Maione 255
13. Denzel Washington dis.r. Giampaolo Minnucci 263
Géricault 5.dRL Gabriele Gelormini 187
Sieg: 49; Richter: leicht 1 - Kopf - 2 - (3½) - Hals - Hals - 2 Längen; 14 liefen
Zw-Zeit: 12,8/1000m
Wert: 64.400 - 30.800 - 16.800 - 8.400 - 5.600 und 28.000 Euro Züchterprämie