Der Himmel hat einen neuen Stern

Eigentlich wollte ich zum neuen Jahr einen fröhlichen Text über den 30. Geburtstag einer bei vielen Traber-Freunden immer noch in bester Erinnerung gebliebenen Pferdedame posten. Dann dachte ich, dass ich dieses lieber zu ihrem „realen Geburtstag“ am 9. April machen sollte, doch dann kam alles ganz anders......
Nachdem sich zwar schon im Herbst einige kleinere Alterswehwehchen angekündigt hatten, war Firabella eigentlich gut drauf und genoß mit ihrem Freund, einem Pony, ihr Leben. Nichts deutete darauf hin, dass sie sich verabschieden wollte. Doch als wir sie am Dienstag zum Füttern in den frühen Morgenstunden liegend vorfanden und ihr trotz aller Unterstützung nicht mehr auf die Beine helfen konnten, entschlossen wir uns schweren Herzens sie gehen zu lassen.
Wie viele gute Pferde hat Firabella ihre eigene Geschichte
Geboren 1993 im Gestüt Forstwald in Weilerswist hatte sie „mehrere Leben“. Mit einem Rekord von 1:11,4 (1.609 Meter), gelaufen in Recklinghausen, ist sie immer noch die schnellste Traberstute aller Zeiten auf deutschem Boden. Als Rennpferd war sie eine große Stute, ausgestattet mit einem, für die damalige Zeit, „Traumgeläuf“, hoher Geschwindigkeit und einer gewissen Attitüde, wie sie Klassestuten oft zu eigen ist. Manchmal spielten ihr allerdings leider ihre Nerven einen Streich, wie z.B. im Derby, in dem sie leider nicht zum Traben zu bewegen war.
Geboren in einem Jahrgang mit Cracks wie General November, Fazimo, Famous Lad, Gigaro, Howards End, um nur einige zu nennen, trat sie häufig gegen die Hengste an. In ihrer Laufbahn bestritt Firabella 26 Rennen, von denen sie neun gewann und neun Mal platziert ins Ziel kam, wobei sie 284.399 DM (145.411 €) zusammentrabte.
Zu ihren größten Erfolgen zählten zweifelsfrei die Siege im Preis des Winterfavoriten und im Stuten-Gold-Cup 1995. Dreijährig schon für den Stall November startend, errang sie die zweiten Plätze im Adbell-Toddington zu Ata Montana und im Bayern-Pokal 1996 hinter General November. Meistens nahm Champion Heinz Wewering Platz in ihrem Sulky.
Mit sechs Jahren in ihr „nächstes Leben“ als Mutterstute startend, schenkte sie zwölf Fohlen das Leben. Zunächst noch im Besitz des Stall November, wechselte sie 2005 bei dessen Auflösung für eine hohe Summe in den Besitz der Allevamento Kronos nach Italien. Als ihr neuer Besitzer Antonio Carraretto sie damals selber in Ottmarsbocholt abgeholt hat, habe ich eigentlich mehr scherzhaft zu ihm gesagt: „Antonio, wenn Du Firabella mal nicht mehr möchtest, dann melde Dich bitte...“
Die Jahre vergingen, man hatte Kontakt . Firabella wurde etlichen, damals modernen Hengsten zugeführt und reiste zum Zweck der Bedeckung durch Yankee Gilde sogar zwei Jahre in die USA.
Einer der besten Mutterlinien entstammend galten ihr natürlich auch gewisse Hoffnungen in der Zucht. So war die Cheetah-Tochter rechte Schwester zu Derby-Sieger Oscar Schindler SL, aus der ungeprüften Irabell, die ihrerseits Schwester zu Derby-Sieger Holley Antony 1:14,5 / 362.851 € und zur Klasse-Stute Dizzy Crab 1:13,6 / 504.250 € war.
Der direkten weiteren Mutterlinie gehörten Pferde wie Keystone Pioneer 1:12,6 / $1.071.972, Kit Lobell 1:11,3 / $1.078.996, Keystone Patriot, Keystone Patrol, Keller Lobell, Dame Lavec und aktuell Raja Mirchi 1:10,7 / 8.726.632 sek, Green Manalishi 1:08,7 / $1.157.395, Lavec Kronos 1:09,9 / 5.783.514 sek und Guzz Mearas 1:09,6 / 4.444.720 sek an.
Der ganz große Wurf dort in der Zucht sollte Firabella verwehrt bleiben. Ihre Nachkommen waren über Deutschland, Italien, Schweden, Finland und Norwegen verteilt. Unter ihnen Primrose Kronos 1:12,0, Officer Kronos 1:12,7, Sparkling Kronos 1:12,9, Rape Kronos 1:14,4 sowie Nikita November 1:13,8, die Mutter von Lou Kronos 1:11,1 927.830 sek, Zambesia Danny 1:11,8, Tiffany Danny 1:12,6 / 677.446 sek und Mr. Kronos 1:13,4 / 286.000 sek ist.
Mythical Kronos, eine ungeprüfte Tochter brachte bisher Van Kronos 1:13,0 / 1.626.611 sek, Swing Kronos 1:12,1 / 580.600 sek, sowieTracy Kronos 1:13,3 / 431.362 sek.
Ende 2012 kam dann die Anfrage von Antonio Carraretto, ob ich Firabella immer noch haben wollte. Und so kehrte sie mit 20 Jahren nach Deutschland zurück. Da ihre Nachkommen durch die Bank mit einer hohen Grundgeschwindigkeit, aber nicht so sehr mit Rennhärte ausgestattet waren, entschlossen wir uns damals, dass es noch ein Produkt von Reado geben sollte. Sozusagen ein Schlusswort für die beiden. Das Ergebnis ist Noubliez jamais 1:13,0 mit bisher etwas über 40.000 € Gewinnsumme.
Ihr drittes und letztes „Leben“ hatte Firabella dann nach dem Absetzen von „Noubi“, wie Noubliez jamais bei uns liebevoll genannt wird. Inzwischen sehr sanftmütig vom Benehmen her, verbrachte sie die letzten acht Jahre auf dem Hof meiner ehemaligen Nachbarin in Ottmarsbocholt, wo sie sich gerne stundenlang von deren Enkelkindern putzen und verwöhnen ließ.
Sie genoß dort ihr freies Leben mit eigener Koppel und Offenstall in vollen Zügen bis zum letzten Tag, umgeben von Menschen, die sie liebten.
Firabella, wir werden dich vermissen, aber Noubi wird uns immer an dich erinnern
Anja Sokollis
Active Horse Service